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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose
Autoren: Beatrix Mannel
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trinken.
    »Das wird dir guttun.« Ludwig hielt den Schirm für sorglich über Fanny und nickte ihr aufmunternd zu.
    Während Fanny den lauwarmen, fremdartig schmeckenden Tee hinunterschluckte, versuchte sie, sich zu sammeln, aber alles in ihr bebte. Hatte sie sich wirklich richtig entschieden? Ihr Blick wanderte zu John, der zu einem der zahlreichen Ochsenkarren lief, die oberhalb des Strandes darauf warteten, beladen zu werden.
    Als ob er ihre Augen in seinem Rücken gespürt hätte, drehte er sich kurz um und winkte ihnen zu. Ohne zu überlegen, winkte sie ihm zurück und fühlte sich bestärkt.
    »Er ist ein guter Verwalter«, sagte Ludwig, »wirklich erstaunlich gut für einen Mischlingsbastard. Ich kenne ihn schon eine Ewigkeit und ich vertraue ihm.« Ludwig lächelte ihr glücklich zu. »Ich bin so froh, dass du endlich hier bist.«
    Fanny wich seinem Blick aus, sah aufs aufgewühlte Meer hinaus und betastete wieder ihre Perlen. Plötzlich, inmitten des Lärms, den die Arbeiter beim Entladen der Boote verursachten, dem Klatschen der Wellen und dem Kreischen der Möwen, wurde sie ganz ruhig. Sie hätte nicht sagen können, ob es an dem feinen Sand zwischen ihren Fingern lag oder an dem ungewöhnlichen Duftgemisch von Staub und Salz, Ochsen und Honig. Doch es kam ihr auf einmal so vor, als wäre Charlotte ganz nah bei ihr und würde sie umarmen.
    Fannys Blick wanderte vom Horizont wieder zu Ludwig. Charlotte hatte recht. Er wusste so wenig über seine Verlobte wie sie über ihn. Es war kein Betrug, es war für sie beide ein Anfang. Sie suchte seinen Blick und lächelte ihm zu. »Ludwig«, sagte sie.
    »Charlotte, ich will nicht drängen, du sollst erst einmal zur Ruhe kommen, aber verrate mir bitte eines.« Er nahm ihre Hand und klopfte den Sand ab. »Warum trägst du den Verlobungsring nicht, den ich dir geschickt habe? Hat er irgendwie dein Missfallen erregt?«
    Weil er mit Charlotte auf dem Meeresgrund liegt. O Gott, und was jetzt?
    »Nein, nein, er war wirklich wunderschön …«, flüsterte Fanny tonlos.
    »Nach dem Skandal in Berlin hätte ich gedacht, es wäre dir wichtig, der Gesellschaft zu zeigen, dass du verlobt bist.« Schatten wanderten über seine blaugrauen Augen.
    »Das stimmt, Ludwig, und natürlich habe ich ihn auch getragen«, antwortete Fanny, während sie nach einer logisch klingenden Ausrede suchte. Wie hatten sie den Ring nur vergessen können?
    »War er vielleicht nicht nach dem Geschmack deiner Familie?« Seine Stimme bettelte geradezu um eine Erklärung.
    Fanny konnte sich nicht einmal erinnern, wie der Ring an Charlottes Hand ausgesehen hatte, denn er war so schlicht gewesen, dass er sich ihr nicht eingeprägt hatte, und genau deshalb hatten sie ihn auch bei ihrem Plan vergessen.
    »O doch, er war wunderschön. Ich habe ihn immer getragen, doch dann sind wir alle so krank geworden.«
    »Ich verstehe nicht?« Ludwig zog seine Augenbrauen fragend nach oben.
    »Anlässlich der Äquatortaufe hat die Woermannreederei ein großes Fest veranstaltet, bei dem es auch Geflügelsalat mit Mayonnaise gab.« Fanny merkte, wie ihr allein bei dem Gedanken daran flau wurde. »Doch die Mayonnaise und das Geflügel waren durch die Hitze verdorben. Und die Passagiere wurden krank. Einige Passagiere sind sogar daran gestorben, so auch die arme Franziska.«
    Ludwig schüttelte den Kopf. »Das ist unverantwortlich. Ich werde dafür sorgen, dass das Konsequenzen hat.«
    »Das ist nicht nötig, Ludwig, denn ich lebe ja noch.«
    Ludwig tätschelte ihre Hand. »Du bist eben zäh. Und das ist gut, denn hier brauchen wir gesunde und starke Frauen, die anpacken können. Für Salondämchen ist in diesem Land kein Platz, und ich bin sehr froh, dass du dir trotz deiner Herkunft nicht zu schade warst, dich so gut auf das Land hier vorzubereiten. Aber was hat das alles mit meinem Verlobungsring zu tun?«
    »Ich konnte lange nichts bei mir behalten. Und weil es den anderen so viel schlechter ging als mir, habe ich dabei geholfen, sie zu versorgen, und nicht bemerkt, wie dünn meine Finger dabei geworden sind. Und dann ist es passiert, er ist mir vom Finger gerutscht, bei der Trauerfeier zu Char… Franziskas Seebestattung …« Ich rede mich noch um Kopf und Kragen, dachte Fanny, was für ein Gefasel.
    »Oh, ich verstehe.« Ludwig sah erfreut aus. »Du hast dich selbstlos um die anderen gekümmert. Das gefällt mir, schließlich heiratest du mit mir einen Arzt. Um den Ring ist es allerdings schade, denn er hat meiner
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