Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose
Autoren: Beatrix Mannel
Vom Netzwerk:
Großmutter gehört. Nun, dann kaufen wir einen neuen. Für dich soll mir nichts zu teuer sein. Bist du bereit aufzubrechen?« Er streck te ihr seine Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. Sie war trotz der Hitze trocken und kühl und so groß, dass Fannys darin vollkommen verschwand. Als sie sich erhoben hatte, nahm er ihren Arm und führte sie über den Sandstrand weg vom Meer zu einem gestampften Pfad, auf dem zahllose Karren und Ochsen standen. Fanny hängte sich bei ihm ein, denn das Gehen fiel ihr schwer. Ihre Unterkleider waren noch feucht vom Salzwasser und scheuerten und brannten auf der Haut. Darüber hinaus versank sie bei jedem Schritt tief im heißen Sand. Seraphina hätte die Verwandlung des sündhaften Kleides in ein Büßergewand sicher als Strafe Gottes begrüßt. Fanny musste trotz ihres Elends lächeln. Wann endlich würde sie aufhören, darüber nachzudenken, was Seraphina gedacht, getan und gesagt hätte? Sie war nicht mehr im Kloster Reutberg.
    Fanny blieb stehen und atmete tief durch. Sie war der einzigen Spur, die sie hatte, gefolgt, um etwas über ihre Herkunft zu erfahren: die Spur der Glasperlen. Jetzt war sie endlich an dem Ort angekommen, wo die jahrelange Suche sie hingeführt hatte, in Afrika, dem Ziel ihrer Träume.

2
    H eyyyyaahh, Napoleon, Admiral Nelson, Schiller, Goethe, hey-a hey-a!« Der Ochsenwächter schlug mit der Peitsche auf die Ochsenpaare ein, die sich nicht in Bewegung setzten. Langsam ruckelnd und laut ächzend kam der schwer beladene Karren in Fahrt. Alles geriet leicht ins Wanken, und die Kochtöpfe, die an den Seiten der großen Wasserkisten angebracht waren, schepperten leise.
    Tatsächlich, dachte Fanny staunend, die Viecher hörten auf ihre Namen, genau wie Ludwig vorhin behauptet hatte. Sie saß in ihren dank der Hitze längst wieder trockenen Kleidern auf einer der vorderen Kisten, rutschte auf den Decken, die Ludwig fürsorglich unter sie gelegt hatte, hin und her und konnte sich an der Landschaft nicht sattsehen. Eine scheinbar unendliche Ebene lag vor ihr, nur gelegentlich durchbrochen von ungewöhnlichen Felsformationen und Steinhaufen. Es gab Büsche, manchmal Sträucher, ab und zu auch einen Baum. Alles war von feinem Staub überzogen, den der ständige Wind mit sich führte.
    Pad nannte man diesen Pfad, auf dem sie entlangzogen und der nur aus platt getrampelter Erde bestand und keinerlei Ähnlichkeit mit den befestigten Wegen ihrer Heimat hatte. Dennoch beschlich sie wie schon am Strand ein eigentümliches Gefühl von Vertrautheit, ja, es war fast, als ob sie schon einmal hier gewesen wäre. Als ob sie all das wiedererkennen würde, die rotgoldenen Steine, das staubige Buschgras zu ihren Füßen, die vereinzelten hohen Bäume mit ihren grauen, rissig wirkenden Stämmen und den breit verzweigten, feinen Blätterdächern, die in der Hitze von Weitem blaugrün schimmerten wie Pfützen.
    Das muss an meiner Übermüdung liegen, dachte Fanny. Schließlich hatte sie noch keine Minute gehabt, um sich auszuruhen.
    Nach ihrer abenteuerlichen Anlandung in Swakopmund hatte Ludwig darauf bestanden, sofort in Richtung Windhuk aufzubrechen. »Wir wollen doch so bald wie möglich heiraten, meine Liebe, oder?«, hatte er sie lächelnd gefragt. »Vielleicht schaffen wir es sogar noch bis zum 21. Januar, dem Geburtstag des Kaisers.«
    Fanny, die gerade erst den Tee getrunken und sich langsam von dem Sturz ins Wasser wieder erholt hatte, war bei dieser Frage mulmig geworden. Sie war so damit beschäf tigt gewesen, anzukommen und keinen Fehler zu begehen, dass sie die Hochzeit für einen Moment vollkommen vergessen hatte. Besonders beunruhigte sie die Vorstellung, Ludwig könnte im großen Stil heiraten wollen und womöglich die Honoratioren von Windhuk einladen. Allein beim Gedanken an Maria von Imkeller krampfte sich ihr Magen nervös zusammen.
    Während sie noch nach der richtigen Antwort suchte, wurde Fanny dann aber klar, dass Ludwig nur höflich sein wollte und die Hochzeit keineswegs der Grund für den überstürzten Aufbruch war.
    Vielmehr waren Ludwig und John einer Meinung darüber, dass es nur von Vorteil sein konnte, wenn sie einer der ersten Ochsenkarren auf dem Pad wären und nicht im aufgewirbelten Staub der anderen fahren müssten. Deshalb hatte John die Männer zur Eile angetrieben und Kiste um Kiste zu riesigen Türmen aufpacken lassen. Als dann noch ein Sack Kichererbsen vorne auf der Deichsel festgezurrt wurde, hätte Fanny darauf gewettet, dass sich ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher