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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya
Autoren: Sarah Benedict
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dass sie auf dem Land bleiben und eines Tages hier sterben kann, will sie es noch nicht verlassen.
    Ilis Idee war phänomenal gewesen. Am Morgen von Moanas Bestattung, als ihr noch die Enteignung durch die Regierung drohte, war sie zu ihrem Notar nach Apia gefahren und hatte Haus, Plantage und Wald mit sofortiger Wirkung einer großen Naturschutzorganisation geschenkt, weil sie wusste, dass die Regierung es nicht wagen würde, gegen eine weltweit einflussreiche Umweltlobby vorzugehen. Einzige Bedingung Ilis: lebenslanges Wohnrecht für sie im Papaya-Palast – und für Evelyn. Darüber hinaus sollte Evelyn von der Organisation als Beraterin für das neue »Naturschutzgebiet Savaii« eingestellt werden, und die Plantage musste für die Finanzierung der Stelle fortbestehen. Die Organisation wie auch Evelyn hatten begeistert zugestimmt, und die heutige fiafia zu Ilis Ehren war zugleich die feierliche Einweihung des Naturparks, zu der neben samoanischen Regierungsmitgliedern auch die Führungsriege der Organisation und das Dorf Palauli eingeladen waren.
    Evelyns Lächeln, während sie allein über den Rasen schritt, schmolz langsam dahin. Wenn etwas den heutigen Tag trübte, dann war es nicht das Wetter oder die viele Arbeit wegen der Party, sondern der Gedanke an Carsten. Er
war fort. Nachdem die Rettung des Papayalandes perfekt war und Evelyn ihre Entscheidung, in Samoa zu bleiben, durch die Annahme der Stelle als Beraterin bekräftigt hatte, war Carsten abgereist. Sein Abschied war dünn ausgefallen, und mit keinem Wort war er auf ihre Affäre mit Ray Kettner eingegangen. Seither, seit vier Wochen, hatte sie nichts von ihm gehört. Sie wusste nicht, ob er wieder in der Welt herumreiste und Kredite rettete oder sich Urlaub genommen hatte und allein in Frankfurt saß. Ob er bereits dabei war, die Scheidung einzureichen. Ob er sich jeden Tag sinnlos betrank so wie sie früher. Sie hätte ihn anrufen und fragen können, doch das wollte sie nicht. Was zu sagen war, hatte sie gesagt. Er war am Zug. Er musste eine Entscheidung treffen. Ihre stand fest.
    Der alte Ben brachte Evelyn eine Schale Kokosmilch, die mit Limettensaft abgeschmeckt war. »Zur Erfrischung«, sagte er. »Seit heute Morgen sind Sie nicht mehr zur Ruhe gekommen. Jetzt bleiben Sie mal einen Moment stehen und tun gar nichts. Die Gäste können sich auch selbst ihre Getränke nachfüllen. Wir sind hier schließlich nicht im Ritz.«
    Evelyn lächelte entschuldigend. »Ich benehme mich ziemlich unsamoanisch, nicht wahr?«
    »Nein«, erwiderte er. »Sie benehmen sich schon so wie Ili.«
    Sie lachten beide, und Evelyn bekam einen Eindruck davon, wie Ben gewesen war, bevor ihn die Existenzsorgen niedergedrückt hatten. Seine Schwermut war wie weggewischt.
    »Schauen Sie sich diese Frau an«, sagte Ben. »Zweiundneunzig, und sie ist noch immer der Mittelpunkt einer fiafia . Moana würde blass vor Eifersucht werden.«
    »Sie ist so beschäftigt, dass sie noch nicht einmal Zeit hatte, die Geschenke auszupacken.«

    »Ich habe ihr wie jedes Jahr ein paar Gläser importierte französische Mirabellenmarmelade geschenkt. Und Sie?«
    Evelyn hatte ihr schon am Morgen einen kleinen Briefumschlag überreicht, und sie gebeten, beim Öffnen vorsichtig zu sein. Ili hatte sich bedankt, ihn aber ungeöffnet in eine Tasche ihres Kleides gesteckt. Sie war Evelyn angespannt vorgekommen, aber vor so einem Fest war das vermutlich normal. Evelyn hatte nicht weiter darüber nachgedacht, wenngleich sie gerne dabei gewesen wäre, wenn Ili das Geschenk sehen würde.
    »Das ist ein Geheimnis«, erklärte sie Ben.
    Er nickte. »Da wir von Geschenken sprechen: Ich habe mich noch überhaupt nicht bei Ihnen bedankt. Sie haben sich dafür eingesetzt, dass mein Vertrag mit dem Amerikaner für ungültig erklärt wurde …«
    »… woraufhin Sie es Ili nachgemacht haben und alles der Naturschutzorganisation überschrieben …«
    »… was dazu führte, dass ich in meinem alten Laden das Informationszentrum betreiben soll – und dafür bezahlt werde. Deswegen danke ich Ihnen.«
    »Ich habe schon mal nachgerechnet: Die Plantage wird genug abwerfen, damit wir noch eine Hand voll Parkwächter einstellen können«, prophezeite Evelyn. »Nicht so viele, wie Ray Kettner zum Holzfällen geholt hätte, dafür aber sichere Stellen für eine gute Sache.«
    Ben räusperte sich. »Übrigens: Der Amerikaner wurde heute ausgeflogen. Offenbar war er wieder transportfähig, und die Regierung hat zugestimmt,
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