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Der dritte Mond

Der dritte Mond

Titel: Der dritte Mond
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hätte, so hätte sie ihn jetzt gehabt. Die Angreifer waren zu sechst. Sie hätten die Gegner ohne Mühe ausschalten können, schienen aber schlagartig jedes Interesse an Charity und ihrem Begleiter verloren zu haben. Drei der riesigen, schwarzgekleideten Gestalten näherten sich Gurk im Laufschritt, während die drei anderen damit beschäftigt waren, den Zwerg mit präzise gezielten Schüssen an der Flucht zu hindern. In einem Punkt hatte Charity sich geirrt: Die Fremden waren nicht gekommen, um Gurk zu töten. Sie wollten ihn lebend. Charity zog ihre Waffe, visierte einen der Fremden an und schoß. Der Körperschild des Riesen absorbierte den Energiestoß mit Leichtigkeit, und der Fremde machte sich nicht einmal die Mühe, zurückzuschießen oder sonst auf irgendeine Weise zu reagieren. Charity zielte noch einmal, diesmal genauer. Sie spreizte die Beine, um festeren Stand zu haben – und zögerte. Ihr blieben vielleicht noch zwei Sekunden, ehe die Fremden Gurk erreichten, aber sie wußte einfach nicht, was sie tun sollte. Skudder und sie hatten die Achillesferse der Fremden schon an Bord der EXCALIBUR entdeckt, aber wenn sie jetzt einen dieser Männer erschoß, würden die anderen zuerst sie ausschalten und dann Gurk überwältigen. Und sie würden nicht einmal eine Sekunde dazu benötigen. Ein gewaltiges Krachen erscholl. Charity schaute erschrocken hoch und erblickte ein riesiges, hundert Tonnen schweres Ungetüm, das auf rasselnden Ketten durch die zerborstene Glasfront hereingewalzt kam: Es war einer der beiden Mark-IV-Panzer, die vor zehn Minuten draußen aufgefahren waren, um das Schiff mit Gurk und Hartmanns Familie in Empfang zu nehmen. Doch anders als vorhin war das Schott diesmal geschlossen, und die riesige Laserkanone drehte sich wie suchend hin und her. Charity schickte ein Stoßgebet zum Himmel, daß der Panzerkommandant nicht so verrückt sein würde, die Waffe hier drinnen abzufeuern. Er war so verrückt. Einer der Fremden beging den Fehler, auf den Mark IV zu schießen, und der Panzer erwiderte das Feuer mit seiner Kanone, deren Kaliber um etliches schwerer war als die der Bordgeschütze, mit denen die Vipern ausgestattet waren. Der Körperschild des Fremden fand nicht einmal mehr die Zeit, aufzuflammen. Die Gestalt löste sich auf, verschwand von einer Sekunde auf die andere, und der Energiestrahl brannte sich ungehindert seinen Weg durch das Gebäude, wobei er Zwischenwände, Treppen, Schächte, Aufzugwände und Mauern pulverisierte und alles in Brand setzte, was nicht aus Stein oder Metall war. Charity stand gute zehn Meter von der Schußbahn entfernt, aber sie taumelte trotzdem unter der immensen Hitze zurück. Gurk keuchte vor Schrecken und Schmerz. Die fünf überlebenden Angreifer verloren schlagartig das Interesse an ihrem Opfer und wandten sich gemeinsam dem neu aufgetauchten Gegner zu. Ein wahres Gewitter greller Laserblitze tanzte über die Flanke des Panzers, ohne den Vormarsch des Hundert-Tonnen-Kolosses auch nur verlangsamen zu können. Das Panzergeschütz feuerte ein zweites Mal. Diesmal verfehlte der Energieblitz sein Ziel, setzte aber einen weiteren Teil der riesigen Halle in Brand. Die Fremden feuerten zurück, ohne mehr als den Lack des Kampfpanzers beschädigen zu können, und begannen sich gleichzeitig in der Halle zu verteilen. Der Umstand, einer Kampfmaschine gegenüber zu stehen, deren psychologische Wirkung eigentlich verheerend sein sollte, schien sie nicht besonders zu irritieren. Charity erkannte die Chance, die sie vielleicht doch noch hatte. Die Halle brannte mittlerweile lichterloh, und die Luft füllte sich so schnell mit beißendem Qualm, daß das Atmen wahrscheinlich schon in wenigen Augenblicken unmöglich sein würde. Sie rannte ein paar Schritte zurück, zerrte Gurk grob auf die Füße und stürmte auf die nächstgelegene Treppe zu. Die kunststoffverkleidete Decke über ihren Köpfen fing schlagartig Feuer, als der Mark IV hinter ihnen einen weiteren Schuß aus seiner Kanone abgab, und plötzlich regnete es Flammen und glühende Tropfen geschmolzenen Kunststoffs. Zäher, beißender Rauch nahm Charity die Sicht. Sie stürmte mit angehaltenem Atem und fast blind hindurch, stolperte prompt über die unterste Stufe und fand im letzten Moment am Treppengeländer Halt. Plötzlich war es Gurk, der sie hinter sich her zerrte, statt umgekehrt. Unter ihnen tobte der ungleiche Kampf ungebremst weiter, und als Charity noch einmal in die Tiefe sah,
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