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Der dritte Mond

Der dritte Mond

Titel: Der dritte Mond
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Blitze in ihre Richtung, die Gurk und Charity nur um Haaresbreite verfehlten und den Beton hinter ihnen in glutflüssige, brodelnde Lava verwandelten. Dann raste das Rochenschiff über sie hinweg, kippte über die linke Tragfläche ab und begann ein kompliziertes Dreh- und Wendemanöver, um zu einem neuerlichen Angriff anzusetzen. Auf dem Scheitelpunkt seiner Bahn wurde das Schiff von einer Lanze aus weißem Licht getroffen und regelrecht aufgespießt. Die linke Tragfläche explodierte in einem grellen Blitz. Der Rest des Schiffes begann sich wie ein gigantischer Kreisel zu drehen, wobei er Flammen, brennenden Treibstoff und weißglühende Trümmerstücke in alle Richtungen schleuderte; dann schlug es in zwei- oder dreihundert Metern Entfernung auf. Charity erwachte endlich aus ihrer Erstarrung und rannte weiter. Sie mußte ein Gebäude erreichen, irgendein Gebäude. Natürlich war ihr Gedanke von vorhin unsinnig – dieser Angriff galt ganz bestimmt nicht ihr persönlich. Aber auch ein Laserstrahl oder eine Rakete, die nicht persönlich gemeint waren, würden sie umbringen – ebenso wie ein brennendes Trümmerstück oder ein abstürzender Jäger, und von allem gab es ringsum mehr als genug. Während Charity, Gurk noch immer wie ein strampelndes Kind auf den Armen haltend, auf die Ruine des Verwaltungsturmes zustürmte, mußte sie sich fast gewaltsam wieder in Erinnerung rufen, daß seit Beginn dieses neuerlichen Angriffs noch nicht einmal zwei Minuten vergangen waren – hundertzwanzig Sekunden, die ausgereicht hatten, die Basis binnen kürzester Zeit zum zweiten Mal in eine Hölle aus Flammen, Explosionen, schreienden Menschen und explodierenden Schiffen und Gebäuden zu verwandeln. Es war so plötzlich, so völlig ohne Vorwarnung geschehen! In einer Sekunde hatten sie alle noch dagestanden und Gurk angestarrt, der scheinbar von den Toten wieder auferstanden war, während Hartmann seine ebenfalls totgeglaubte Frau und seine Kinder in die Arme schloß – und im nächsten Augenblick hatte sich buchstäblich der Himmel aufgetan und Dutzende der bizarren Rochenschiffe ausgespien, die sofort und gnadenlos das Feuer eröffnet hatten. Wieder explodierte eines der Rochenschiffe am Himmel. Charity hatte vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden selbst gegen diese bizarr geformten Raumjäger gekämpft und wußte, daß sie den irdischen Maschinen hoffnungslos überlegen waren. Um so erstaunlicher erschien es ihr, daß sie jetzt wie die Tontauben abgeschossen wurden. Die Rochenschiffe schienen sich kaum auf Gefechte mit Hartmanns Vipern einzulassen, sondern vertrauten einzig auf ihre phantastische Manövrierfähigkeit, um ihren Gegnern lange genug zu entgehen und um – was zu tun? Charity verschob die Antwort auf diese Frage auf später, als eine weitere Lasersalve in ihrer unmittelbaren Nähe in den Boden hämmerte und sie zu einem verzweifelten  Sprung in die entgegengesetzte Richtung zwang. Um ein Haar wäre sie gestürzt. Die Hitze hatte die Grenzen des Vorstellbaren längst erreicht und stieg immer noch, und Gurks Körper schien Tonnen in ihren Armen zu wiegen. Charity war schon total erschöpft hier angekommen, jetzt aber war sie mit ihren Kräften völlig am Ende. Sie war nicht sicher, ob sie die fünfzig oder hundert Schritte bis zum Haus noch schaffen würde. Das Rochenschiff erlitt das gleiche Schicksal wie seine Vorgänger und verwandelte sich in einen lodernden Feuerball, und wieder regneten Trümmer auf Charity herab. Diesmal jedoch hatte sie weniger Glück: Irgend etwas traf ihren Rücken mit der Wucht eines Hammerschlags und schleuderte sie zu Boden. Gurk entglitt ihren Armen und schlitterte kreischend davon, und für einen Moment mußte Charity mit aller Gewalt gegen eine Ohnmacht ankämpfen, die sie in ihre dunkle Umarmung hinabzuziehen versuchte. Alles wurde unwirklich. Der Schmerz in ihrem Rücken verblaßte, und sämtliche Geräusche klangen mit einem Male sonderbar dumpf und wattig. Sie wollte sich hochstemmen, aber ihre Handgelenke schienen plötzlich aus weichem Gummi zu bestehen und waren nicht mehr in der Lage, das Gewicht ihres Körpers zu tragen. Sie fiel erneut, versuchte ein zweites Mal, sich hochzustemmen, und fühlte plötzlich eine schmale, aber erstaunlich kräftige Hand, die sie halb in die Höhe zog und sich dann an ihrer Hüfte zu schaffen machte. Ein halblautes Summen erklang, und sie verspürte ein rasches, flüchtiges Kribbeln, als sich ihr Körperschild
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