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Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)

Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)

Titel: Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)
Autoren: Peter Merten
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voraus konnte er eine kleine Baumgruppe erkennen, die sich vortrefflich als Lagerplatz für die sich ankündigende Nacht eignete. Wenn er kräftiger noch als zuvor ausschritt, sollte er den Erlenhain vor Anbruch der Nacht erreichen und er beschloss, weiterzumarschieren und dort die Nacht zu verbringen.
    Bald darauf versperrte ihm ein niedrige Buschreihe die Sicht. Da er nicht groß genug war, darüber hinwegzusehen, um zu schauen, was ihn dahinter erwartete, hatte er nur die Möglichkeit hindurchzugehen oder außen herum zu laufen. Ein solcher Umweg um die Büsche herum aber kam nicht in Frage, wollte er rechtzeitig die schützenden Bäume erreichen. Er zuckte die Schultern, teilte die dünnen Buschzweige und stapfte weiter. Plötzlich trat er ins Leere und stürzte abwärts. Loses Geröll und kleine Steine lösten sich und polterten mit ihm den flachen Berghang hinab. Hockster überschlug sich gleich mehrere Male. Er fluchte, während er stürzte, schimpfte über seine geringe Körpergröße, seine viel zu kurzen Beine und über die Boshaftigkeit der Natur, die ihm diesen Körper gegeben und jeden noch so unscheinbaren Strauch hatte höher wachsen lassen, als er es war. In einer Wolke aus Staub, Sand und nachrutschenden Steinen kam er endlich zur Ruhe.
    Er sah sich um. Der kurze Abhang, den er gerade herabgestürzt war, hatte nur eine geringe Höhe. Benommen schüttelte er den Kopf. Vor ihm erhob sich ein ähnlich flacher Hang. Hockster betrachtete das Gelände und fand seine Vermutung bestätigt. Der schmale Bodeneinschnitt, in dem er saß, glich einer tiefen Rinne. Er grinste, als er erkannte, dass er in ein ausgetrocknetes Flussbett gestürzt war. Er richtete sich auf und stöhnte vor Schmerz, der ihm das Grinsen aus dem Gesicht wischte.
    Plötzlich durchzuckte ihn ein erschreckender Gedanke. Hastig sah er sich nach seinem Wanderbeutel um und entdeckte ihn schließlich wenige Schritte entfernt. Er nahm ihn vorsichtig auf, öffnete die Kordel und tastete behutsam darin herum. Mit einem erleichterten Seufzen zog er die Flasche Apfelsirup hervor. Sein kostbarster Besitz. Wie durch ein Wunder war das Flaschenglas bei seinem Sturz nicht zerbrochen. Der Verlust des Apfelsirups hätte ihn wirklich in arge Schwierigkeiten gebracht. Hockster Beltrim war süchtig! Jede warme Mahlzeit würzte er mit dem süßen Saft. Ohne Ausnahme. Er liebte Apfelsirup, brauchte Apfelsirup, gierte nach der schweren Süße des Fruchtzuckers, dem klebrigen Geschmack auf Gaumen und Zähnen, der ihm einzig das Gefühl von Heimat vermitteln konnte. Achtsam legte er die Flasche zurück, verstaute sie sicher zwischen seiner Ersatzkleidung, schnürte die Kordel sorgfältig zu und gerade, als er sich erheben wollte, hörte er das typische Klirren aufeinandertreffender Klingen. Da fand ein Kampf irgendwo vor ihm statt. Jetzt war höchste Vorsicht geboten und Hockster wusste, dass er schleunigst verschwinden musste, bevor er in irgendetwas hineingezogen werden würde, was seiner Gesundheit abträglich war. Er suchte seinen Hut und setzte ihn auf, warf sich sein Bündel über die Schulter, überzeugte sich davon, dass der armlange Knüppel noch an seinem Gürtel hing und ging vorsichtig in die Richtung, aus der ihm der Kampfeslärm entgegen klang. Erkennen konnte er nichts, da vor ihm einige runde Felsen aufragten, die ihm die Sicht versperrten. Besser so als anders, dachte Hockster und schlich sich langsam näher. Hinter den Felsen angekommen, legte er Beutel und Filzhut ab, ließ sich auf die Knie nieder, kroch an den hoch aufragenden Steinen entlang bis er ihr Ende erreicht hatte. Vorsichtig streckte er den Kopf aus seiner Deckung und beobachtete die eigentümliche Szenerie.
    Er erkannte drei Männer in schäbiger Kleidung, großgewachsene Kerle, die auf einen Wehrlosen einprügelten. Scheinbar war das Opfer nicht immer wehrlos gewesen, denn die ihn umringenden Männer hatten tiefe Schnittwunden an Armen, Brust und Bauch. In unmittelbarer Nähe lagen vier weitere Männer, wahrscheinlich tot oder so schwer verletzt, dass sie das Bewusstsein verloren hatten. Aus der Brust des einen ragte das Ende eines Pfeilschaftes. Der Pfeil war so tief eingedrungen, dass gerade noch die Gleitfedern zu erkennen waren. Ob die reglosen Gestalten am Boden nun zu den drei Räubern gehört hatten, oder ob sie Gefährten des Soldaten waren, der sich mit letzter Kraft verteidigte, konnte Hockster nicht sagen. Auf jeden Fall rührte sich keiner von ihnen.
    Hockster
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