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Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer
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und in den Tod gestürzt sind, bleibt die Bevölkerungsgröße Venzaras trotz sagenhaften Kinderreichtums seit Jahrzehnten unverändert.
DER UNVERWUNDBARE PRINZ

    Vor tausend Jahren herrschte König Thechagam über das Großtirdische Reich. Seine Gemahlin, die Königin Nystra, gebar ihm zwölf Töchter und nur einen Sohn, den schmächtigen Prinzen Calasdin.
    Als Calasdin älter wurde und den Umgang mit Schwert und Schild erlernte, bekam die Königin Angst um sein Leben. Jede
Nacht träumte sie von seinem Tod, sah ihn im Kampf gegen einen Feind fallen oder von einem Verräter aus den eigenen Reihen von hinten aufgespießt. Sie träumte von Meuchelmördern und wilden Bestien, wurde beinahe irrsinnig darüber und klagte ihrem Gemahl ihr Leid. Doch König Techagam lachte nur und nannte sie ein schwaches Weib. Und so beschloss sie, selbst zu handeln, der König war schließlich keine Mutter, er konnte sie nicht verstehen.
    Drachenblut mache einen Mann unverwundbar, sagten die Zofen und Mägde und manch alte Geschichte, und so steckte Königin Nystra ihren Sohn eines Nachts, als ihr Gemahl fern war, in die goldene Badewanne mit den Drachenkopfverzierungen und befahl der Leibgarde, den zweiten königlichen Drachen zu töten und all sein Blut in die Wanne zu füllen. Schweigend und mit grimmigen Mienen taten sie, wie ihnen geheißen, nur Prinz Calasdin beklagte den Tod des majestätischen Wesens tränenreich.
    »Sei still!«, herrschte die Königin ihn an und wusch seinen Kopf und die Schultern eigenhändig; der übrige Körper des Jungen steckte vollständig im warmen Blut. »Dein Leben ist mir wichtiger als das aller Drachen der Welt.«
    Dann wusch sie sich das Blut von den Händen und befahl ihrem Sohn, bis zum Morgen in der Wanne zu bleiben.
    Am Morgen war nun das Blut getrocknet und steinhart, der Prinz konnte sich in der Wanne nicht mehr bewegen und saß dort fest wie eingemauert. Und tatsächlich war das Drachenblut von keiner Waffe zu durchdringen, auch kein Werkzeug verursachte einen Kratzer auf dem rotbraunen Block.
    Die wehklagende Königin wurde vom heimkehrenden König sofort verbannt, und als dieser schließlich starb, ging Prinz Calasdin als Wannenkönig in die Geschichte des Reiches ein.
Weil er von der Welt so wenig gesehen hatte und in Angst erzogen worden war, hatte er klare Vorstellungen davon, wie das Leben verlaufen sollte, und erließ zahlreiche Verbote. Er konnte jedoch keine eigenen Kinder zeugen, und so endete mit seinem Tod die Linie seiner Familie auf dem Thron. Und es begannen die Ersten Tirdischen Erbfolgekriege, in denen zahlreiche junge Männer fielen und ebenso viele trauernde Mütter Königin Nystra verfluchten.
DER FAHRENDE PIRAT

    Ist Samoths Fluch von einem Drachen genommen, werden dessen abgetrennte Flügel üblicherweise rituell verbrannt. Drei Flügel jedoch, der größte zwölf Schritt lang und schwarz wie ein sternenloser Nachthimmel im dunkelsten Winter, gelangten in die Hände des Räuberhauptmanns Algenbarth, der schon als Dreijähriger Pirat hatte werden wollen. Da er jedoch unter chronischer Seekrankheit und dem seltenen und beißenden Gelben Wellenhusten litt, konnte er nicht zur See fahren und musste so zwangsläufig Menschen an Land berauben. Jahrelang war er ein Wegelagerer unter vielen, bis er zum ersten Mal die Schattenschwinge durch die Ebene der Rollenden Winde lenkte.
    Die Schattenschwinge war ein dreizehn Schritt langer Wagen mit dreizehn Rädern, der einem Schiff nachempfunden war und am Bug einen stählernen Rammsporn trug. Drei Drachenflügel
hatte Algenbarth auf Deck wie Segel aufgerichtet, und auf ihnen flatterten drei Totenkopffahnen.
    Warnungen, dass er mit den Flügeln auch Samoths Fluch auf die Schattenschwinge gelassen hatte, entlockten ihm und seinen dreizehn Landpiraten nicht mehr als ein wildes Lachen: »Was ist schon ein Fluch mehr oder weniger? Soll uns die ganze Welt verfluchen und einst auf unseren Gräbern tanzen, doch solange wir leben, sollen sie vor uns zittern!«
    Und so raste er durch die Ebene der Rollenden Winde, beraubte reiche und auch arme Reisende und verschwand schneller, als jedes Pferd galoppieren konnte, ja sogar schneller als jeder flügellose Drache. Dabei wirbelte er Staub auf, der sich tintenschwarz färbte und jede Flucht deckte.
    Einige Überlebende dieser Überfälle wollten gesehen haben, wie der Wagen sogar vom Boden abhob und einfach durch die Luft segelte, aber das waren wohl eher verängstigte Phantastereien. Doch alle
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