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Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer
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berichteten, der Wind jammere furchterregend in den flatternden Schwingen, die als Segel dienten, so als würde in seinem Wehen Samoths Fluch ein ums andere Mal wiederholt. Den Beraubten kroch dieses Jammern in die zitternde Seele und bescherte ihnen über Jahre hinweg Alpträume. Wie Algenbarth und seine dreizehn Mannen mit diesem Jammern umgingen, wusste niemand. Manche sagten, sie hätten einfach nicht geschlafen und wären so ihren Träumen entwichen, andere meinten, sie wären taub oder stopften sich Wachs in die Ohren, um nichts zu hören. Und wer sich keine Gedanken machen wollte, zuckte einfach mit den Schultern und brummte: »Sie sind eben wahnsinnig.« Mehr musste man schließlich nicht wissen, um den Piraten einen Strick um den Hals zu wünschen.

DIE DRACHENLAUTE

    Nur wenige Musikinstrumente erlangten je die Berühmtheit von Dirdaques Drachenlaute. Sie wurde vor beinahe tausend Jahren von dem berühmten Barden und Instrumentenbauer aus den Knochen und Stimmbändern der sieben Drachen gefertigt, die in den Ersten Tirdischen Erbfolgekriegen gefallen waren.
    Ein volles Jahr arbeitete Dirdaque von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang am knöchernen Corpus der Laute, dann spannte er in sieben aufeinander folgenden Neumondnächten die Stimmbänder und stimmte sie bei Sonnenfinsternis. Fortan ritt Dirdaque, der seine gesamte Familie im Krieg verloren hatte, durch die Lande und spielte auf der Laute tieftraurige Lieder von Tod, blutrünstigen Schlachten und Leid.
    Jeder, der diese Lieder vernahm, wurde von einer unsäglichen Abscheu auf Kriege ergriffen. Soldaten warfen ihre Waffen fort, Hauptleute verbrannten ihre Uniformen, Söldner aus allen Armeen taten sich zusammen, um ein fahrendes Handelsimperium aufzubauen, das jede Stadt im Großtirdischen Reich mit Blumen und weißen Tauben versorgte. Kein Zuhörer vermochte seine Tränen zurückzuhalten, und viele verzweifelten sogar ob des gehörten Elends.
    »Tod den Kriegsfreunden!«, brüllte schließlich ein Zuhörer mit verweintem, pausbäckigem Gesicht und erschlug einen Soldaten an seiner Seite. Nicht wenige folgten seinem Beispiel, bis Dirdaque die Drachenlaute angewidert in den Dherrn schleuderte und hoffte, sie würde ins Meer gespült. Von jenem Tag an ward er nicht mehr gesehen.

    Die Laute jedoch tauchte über die Jahrhunderte immer wieder auf, irgendwer musste sie aus dem Fluss oder Meer gefischt haben. Bis sie auf dem berühmten Bardenfest zum hundertjährigen Bestehen von Aphrasehr zum letzten Mal erklang.
    Die erst siebzehnjährige Lautenspielerin Kheeya galt als Wunderkind der Musik. Ihr ebenmäßiges Gesicht mit der sommersprossigen Stupsnase wurde von blonden Locken umspielt, das süße unschuldige Lächeln war der dutzendfachen Herzensbrecherei schuldig. Ihre langen schlanken Finger flogen flink und zugleich zart über die Saiten. An jenem Abend trug sie schimmernde dunkle Tücher und hatte Strähnen ihres Haars schwarz gefärbt. Sie sang auf der zinnenbewehrten Stadtmauer vom Schlimmsten, das ihr bislang zugestoßen war, mit klarer, glockenheller Stimme sang sie Lieder voll leidvollen Liebeskummers. Und dazu spielte sie auf Dirdaques Drachenlaute, die ihr ein reicher Verehrer, der Sohn eines wohlhabenden Tauben- und Blumenhändlers, zum Geschenk gemacht hatte.
    Tieftraurige Klänge schwebten durch die nächtliche Stadt, und als dann noch eine winzige, klare Träne von Kheeyas Wange auf die klagenden Saiten tropfte und an ihnen zerschellte, da mischte sich ein kaum wahrnehmbares Zittern in die Musik, und zahlreiche Herzen, die staunend gelauscht hatten, zerbrachen.
    Noch bevor das Lied zu Ende war, kam es zu einem verheerenden Massenselbstmord. Einhundertneunzehn einsame Frauen, Männer und Kinder stürzten sich über die Zinnen hinab, unter ihnen auch Kheeya selbst, die in ihrer eigenen Kunst gefangen war und von ihr in den Tod getrieben wurde. Sie landete mit gebrochenem Rücken auf der Laute, die daraufhin zerbarst.

    Die Bruchstücke wurden fortan im örtlichen Aphratempel aufbewahrt, doch das berühmte Instrument zu reparieren, war bei Todesstrafe verboten.
DER GESTIEFELTE DRACHE

    Im Furchenwald soll sich ein gestiefelter Drache mit aufrechtem Gang und grünem Umhang herumtreiben. Der aufrechte Gang wurde ihm von seinem vormaligen Drachenreiter beigebracht, dem Betrüger und Heiratsschwindler Selfysto. Dieser fiel daraufhin in Ungnade, und als die Drachenritter mit gezogenen Schwertern in seinem Landhaus standen, konnte er dem Drachen noch
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