Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer
Autoren:
Vom Netzwerk:
direkt bei den
Schleierfällen, wo er Steine über den Fluss flitzen ließ. Er war gut darin, trotz der Wellen. Byasso hatte die Ärmel des weißen Hemds akkurat hochgekrempelt, sein kurzes dunkles Haar war wie stets sauber gescheitelt. Seine Eltern waren der Meinung, dass er als Sohn des Bürgermeisters jederzeit einen guten Eindruck machen musste, denn er repräsentierte die Familie sogar beim Steineflitzen. Dennoch hatte Byasso die Schuhe ausgezogen und stand barfuß am Ufer.
    Als sie ihn ansprachen, nickte er ihnen zu und vergaß ganz, Ben zu beschimpfen. Der war darüber nicht traurig, er hatte seine kleine Auseinandersetzung heute ja schon gehabt.
    »Ich hab gehört, du traust dich nicht in die alte Mine«, sagte Yanko.
    »Wer behauptet das?«, fragte Byasso empört.
    »Ich weiß es nicht mehr, es waren ein paar Jungs. Ich hab es hier und da aufgeschnappt und wollte wissen, ob das stimmt.«
    »Natürlich stimmt es nicht!« Byassos Kopf war knallrot geworden.
    »Dann beweis es.«
    »Und wie? Die Mine ist verschlossen, falls du das noch nicht mitbekommen hast.«
    »Das weiß ich«, sagte Yanko. »Aber ich weiß auch, dass dein Vater den Schlüssel hat, und du könntest uns Zugang verschaffen.«
    »Mein Vater hatte den Schlüssel mal. Jetzt hat ihn der neue Besitzer der Mine.«
    »Der neue Besitzer?« Ben und Yanko starrten Byasso an.
    »Sag mal, wo seid ihr gewesen? Bei den Trollen? Der Neue ist heute Morgen mit viel Tamtam und fünf voll beladenen Kutschen angekommen.« Byasso zuckte mit den Schultern.
»Mein Vater wusste natürlich schon länger Bescheid, aber er durfte nichts sagen.«
    Die Mine hatte einen neuen Besitzer. Hieß das, sie war noch gar nicht erschöpft? Oder hatte der Vorbesitzer den Mann ausgetrickst und ihm ein wertloses Stück Land angedreht? Ben und Yanko löcherten Byasso und fluchten darüber, dass sie die Ankunft des Mannes verpasst hatten. Wenn sich einmal etwas in Trollfurt ereignete, dann waren sie angeln.
    »Ich weiß auch nicht mehr als ihr. Mein Vater sagt mir ja nichts. Aber der Mann hat einen Sohn in unserem Alter. Fragt doch am besten ihn nach dem Schlüssel. Wenn ihr noch mal in die Mine wollt, bevor sie wieder in Betrieb genommen wird, solltet ihr euch aber beeilen. Wollen wir rübergehen, und ich stell euch vor?«
    »Hm«, brummte Ben. Er hatte das dumme Gefühl, den Jungen gerade eben kennengelernt zu haben, und verspürte nicht das geringste Bedürfnis, ihn gleich wieder zu treffen. »Geht mal lieber allein. Ich glaube nicht, dass er mich sehen will.«
    Yanko stutzte kurz, dann nickte er. »Ich befürchte, da hast du recht.«
    Byasso sah die beiden verständnislos an.
    »Wir sehen uns dann später«, sagte Yanko und zog mit Byasso ab.
    Ben blieb am Fluss zurück, um selbst ein paar flache Steine über das Wasser flitzen zu lassen.

VON GÖTTERN UND DRACHEN
    A ls Ben am nächsten Morgen erwachte, schien ihm die Sonne direkt ins Gesicht. Brummend kletterte er von seinem Strohsack, schlüpfte in die geflickte Hose und setzte sich an den kleinen Holztisch in der Wohnküche. Über die Jahre hatte er alle Wände mit schwarzer, blauer und grüner Kohle bemalt, überall rannten, kämpften und posierten große und kleine Drachen. Die Wand am Tisch wurde ganz von einem großen, schwarzen Drachen eingenommen, den er aus der Erinnerung gezeichnet hatte; jede einzelne Schuppe hatte er sorgfältig schraffiert, und die großen Augen hatte er sicher hundert Mal weggewischt und neu gemacht. Jetzt sah es fast so gut aus wie das Drachenbild über dem Eingang des Hellwahtempels, fand Ben.
    Bevor er sich ans Frühstück machte, begutachtete er misstrauisch seine Warze. Sie schien sich nicht verändert zu haben. Zur Sicherheit rieb er sie noch mal mit Speichel ein. Dann aß er die Fischreste von gestern, die Yanko ihm abends noch gebracht hatte, und trank einen großen Krug Wasser. Den letzten Kanten Brot, den er vorgestern stibitzt hatte, hob er sich für Mittag auf. Um ein Abendessen würde er sich noch kümmern müssen.
    Geschirr und Besteck ließ er stehen, nur das Messer steckte er ein, als er kurz darauf das Haus verließ. Mit seiner Mutter hatte er zwei Straßen weiter gewohnt, aber nachdem sie gestorben war, hatte er seine Habe gepackt und in dieses verlassene Haus gebracht. Hier wohnten keine bösen Erinnerungen.

    Vor der Tür machte er rasch das Zeichen der ewigen Sonne und lief dann die Straße hinunter.
    Es war Sonntag, und die älteren Jungen und Mädchen der besseren Familien wurden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher