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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern
Autoren: Joseph Wambaugh
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das fette Groupie angeekelt.
    »Wißt ihr, warum Hunde sich immer die Eier lecken?« sagte der Schreckliche Tscheche tiefsinnig. »Ist doch klar – weil sie drankommen.«
    »Fuß, Ludwig! Bitte!« schrie Hans in all seiner Hoffnungslosigkeit. »Bitte, spritz nicht auf Leerys Tisch!«
    Dann waren, von jetzt auf gleich, alle Dämonen auf einmal los. Als Leery das ganze Ausmaß der Sauerei erkannte, brannten bei ihm alle Sicherungen durch, und er versetzte Ludwig mit dem Billardstock einen gewaltigen Stoß in den Arsch. Der Rottweiler erhob sich mit einem Gebrüll, das an das Getöse beim Start einer Raumfähre erinnerte.
    Leery ließ den Billardstock fallen und sprang so behende, wie man es einem Siebzigjährigen nie zugetraut hätte, über die Theke. Jane Wayne trat eine Tür ein und fiel krachend in die Herrentoilette. Der Schreckliche Tscheche brüllte vor Entsetzen und streckte dem Rottweiler zitternd und mit beiden Händen seinen 45er Colt entgegen. Ludwig saß, hoch aufgerichtet, auf dem Billardtisch, jaulte ohrenbetäubend und rammte seinen gewaltigen Kopf immer wieder wie verrückt gegen die Hängelampe, wodurch sein gewaltiger, furchteinflößender Schatten noch in die letzten Winkel der inzwischen bloß noch mit lauter angstschlotternden Menschen gefüllten Kneipe geworfen wurde.
    Das schreckliche Gebrüll hörte dann ebenso schnell auf, wie es angefangen hatte. Ludwig knurrte schließlich nur noch ganz leise und blinzelte mit seinen gefährlichen gelben Augen, die noch ganz schlaftrunken und vom Qualm und vom Saufen außerdem blutunterlaufen waren, um sich. Dann ließ er sich wieder hinplumpsen. Innerhalb weniger Sekunden schnarchte er aufs neue.
    Und der Schreckliche Tscheche steckte die Kanone zitternd wieder weg. Und die Cops taumelten, rannten und krochen aus diesem Haus des Jammers.
    Dem Detective ging ein total verrückter Gedanke durch den Kopf, als er seinen noch immer abgeschlossenen BMW erreichte, glücklich darüber, daß ihm anscheinend doch kein herumstreunender Zigeuner den Blaupunkt rausgerissen hatte. Er erinnerte sich an das, was mal ein Professor in einem Seminar an der University of California, Los Angeles, wo er seinerzeit eingeschrieben gewesen war, gesagt hatte: Polizeiarbeit sei nie und nimmer eine Wissenschaft. Sie sei jetzt und in aller Zukunft eine Kunst, hatte der Mann behauptet. Als der Detective jetzt sah, wie sie zu ihren Autos taumelten, schwankten und torkelten, fiel ihm diese Bemerkung wieder ein. Diese Typen? Das sollten Künstler sein?
    Dann sah der Detective den Rausgeschossenen Sittencop. Der stieg, im Gegensatz zu den anderen, nicht in einen Wagen. Er schlenderte, nein, er schwebte den Sunset Boulevard hinunter. Ganz gemächlich schien er den Bürgersteig entlang in die Dunkelheit zu entschweben, und seine Augen sahen wieder aus wie Einschußlöcher.
    Mario Villalobos spürte, wie seine eigenen Augen erneut zu schmerzen anfingen. Er hatte seinen Schlaf verzweifelt bitter nötig. Er schloß seinen BMW auf und stieg ein. Aber er fragte sich: Was, zum Kuckuck, hatte der Rausgeschossene Sittencop bloß in diesem Spiegel gesehen!
    Das letzte, was der Detective aus dem Haus des Jammers hörte, war Leerys herzzerreißender Aufschrei: »Achtung, Ludwig! Achtung!«

 

    2. KAPITEL
    Der gehenkte Säufer
    Der Schreckliche Tscheche war am nächsten Tag echt sauer. Er hatte schauerliche Kopfschmerzen. Seine Schädelbasis tat ihm weh, beide Schläfen taten ihm weh, und oben auf dem Kopf, wo sein dichtes schwarzes Haar von einem weißen Narbenstrang gescheitelt wurde (die Folge eines Granatsplitters, mit den besten Grüßen vom Vietcong aus Khe Sanh), tat's ihm am meisten weh. Sogar seine Augenbrauen schienen ihm weh zu tun. Es gab allerdings auch kaum was Geeigneteres als die Innenstadt, die unaufhörlich donnernd, furzend und rülpsend die Umwelt verschmutzte und eine einzige Wolke von Rauch und Gift ausstieß, um einen sowieso schon ausgesprochen brutalen Kater noch zu verschlimmern. Der Schreckliche Tscheche schien regelrecht zu taumeln, als er, zusammen mit dem alten schwarzen Cop Cecil Higgins, auf der vom Smog geschwängerten Alvarado Street seine Runde machte, und man sah ihm an, daß er offenbar echte Mordgelüste hatte. Die versuchte er dann noch in derselben Stunde zu realisieren. Und am nächsten Tag schließlich gelang ihm das tatsächlich. Bevor er jedoch die Mordversuche startete und damit am Ende Erfolg hatte, erlebte der Schreckliche Tscheche einen einigermaßen
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