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Der Deal

Der Deal

Titel: Der Deal
Autoren: John T. Lescroart
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Vater gewesen. Achtunddreißig und ein paar Monate, und er wußte nicht, wer er wirklich war.
    Er leerte das Glas. Ja, dachte er, es wäre gar nicht so schlecht gewesen, wenn das Flugzeug abgestürzt wäre. Nicht gut, nicht erstrebenswert, aber wirklich nicht die schlimmste Tragödie der Welt.
    Die hatte er bereits hinter sich.

    Ein grauer Schleier verhüllte die zwanzig Häuserblocks ganz im Westen von San Francisco und breitete sich von der Mitte der Golden Gate Bridge bis hinunter nach Daly City aus. Der Nebel erstreckte sich auf ein Gebiet, das nicht größer als vielleicht sieben Quadratkilometer war, aber in diesem Gebiet waren Böen mit Windstärken von fünfzig Stundenkilometern nicht selten, und die Temperatur lag sechs Grad unter der Temperatur des übrigen Teils der Stadt. Nirgendwo konnte man weiter sehen als einen halben Häuserblock, und heftige Windstöße eiskalten Nieselregens wehten wie feindselige Geister über die schaurige Szenerie.
    Fast genau in der Mitte dieses Nebels befand sich ein gedrungenes, einstöckiges Holzhaus, ungefähr fünfzig Meter vom Bürgersteig abgesetzt. Als Hardy es kaufte, hatte er gedacht, daß es exakt so aussah wie das Haus, das ein Matrose gebaut hätte für eine Tochter, die er nie sehen würde, da er ständig unterwegs war in tropischen und sonnigen Gefilden. Es war ein Haus, das sich an warme Sommer zu erinnern schien, mit einer kleinen, weißen, umzäunten Veranda im Fachwerkstil über drei gemauerten Stufen und einem weißen Erkerfenster zur Bucht hinaus.
    Das Haus wirkte durch die halbhohen Apartmenthäuser zu seiner Linken und Rechten fast zwergenhaft, deplaziert und verwundbar. Vor den Fenstern neben der Veranda beugte sich ein kleiner Wacholderbusch, als suche er Schutz vor der Kälte, zu Boden. Der übrige Bereich vor dem Haus, wo einst ein Garten hätte sein können, war verödet. Der Rasen selbst war grün und etwas zu hoch gewachsen.
    Hardy saß in seinem Büro im hinteren Teil des Hauses. Die Rollos waren heruntergezogen, und im Kamin brannte ein Feuer. Es war der erste Montag im Juni.
    Hardy nahm einen Dartpfeil und warf ihn auf das Board an der Wand gegenüber. Er langte nach seiner Pfeife, hielt inne und lehnte sich zurück. Der Wind peitschte gegen das Fenster, ließ es erzittern.
    Hardy stieß sich von seinem Schreibtisch ab und ging seine Dartpfeile holen. Am Kamin blieb er kurz stehen, um die bläulich brennenden Kohlen zu schüren. Er trug eine schmutzige alte Kordhose, einen blauen Pullover und dicke graue Socken. Er stellte ein paar seiner Flaschenschiffe auf dem Sims zurecht und wischte den Staub von einer seiner Fossilien.
    Es schoß ihm durch den Kopf, daß die durchschnittliche Temperatur im gesamten Universum, einschließlich aller Sonnen, Sterne, Planeten, Monde, Kometen, Schwarzen Löcher, Quasare, Asteroide und Lebewesen, weniger als ein Grad über dem absoluten Nullpunkt lag. Er glaubte es. Vor drei Wochen war er aus Cabo zurückgekehrt.
    Er hörte die Klappe seines Briefkastenschlitzes zuschlagen, die Spätzustellung am Montag. Wie immer war seine Post ein Witz. Er hätte sich fast schon über eine Rechnung gefreut, nur um etwas an ihn persönlich Adressiertes zu bekommen. Es kamen aber lediglich eine Einladung, Mitglied in einem Reiseclub zu werden, ein Sonderangebot für die Reinigung von Teppichen (nur 6,95 Dollar pro Zimmer, Mindestauftragswert drei Zimmer – vielleicht kein schlechtes Angebot, wenn er Teppiche gehabt hätte), eine Probetube irgendeiner neuen Zahnpasta, eine Zeitung mit kostenlosen Anzeigen, zwei Briefe an den Vorbesitzer seines Hauses, der fast sechs Jahre zuvor ausgezogen war, und eine Postkarte, auf der nach einem vermißten Kind gefragt wurde.
    Er öffnete eine Dose Haschee und füllte den Inhalt mit einem Löffel in eine schwere, gußeiserne Bratpfanne. Als die Masse sich gut am Pfannenboden abgesetzt hatte, schob er einen Pfannenheber darunter und wendete sie fast am Stück. Nachdem er drei Löcher hineingedrückt hatte, schlug er ein Ei in jedes Loch, deckte die Pfanne ab und ging zum Aquarium in seinem Schlafzimmer, um die tropischen Fische zu füttern.
    Er ging in die Küche zurück und schlug den Sportteil einer Zeitung auf. Die Giants hatten genug home runs geschafft, um wirklich und endlich zu Hause zu sein. Gute Nachricht, um die Gespenster in Schach zu halten.
    Er aß langsam und gedankenverloren das Haschee und die Eier aus der Pfanne. Als die Bratpfanne leer war, stellte er sie zurück auf den Herd
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