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Der Deal

Der Deal

Titel: Der Deal
Autoren: John T. Lescroart
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Neueinstellungen die Grundlage gebildet hatten, jetzt widerrufen wurden. Wie üblich in der Bürokratie, ging man nach dem Prinzip »Wer zuletzt kommt, geht zuerst« vor. Die Beamten mit den wenigsten Dienstjahren würden zurückgestuft werden, für Raubüberfälle zuständige Inspektoren würden wieder als Sergeanten am Schreibtisch sitzen, Sergeanten am Schreibtisch würden wieder auf Streife gehen, die Männer vom Morddezernat würden wieder für die Sitte oder Raubüberfälle zuständig sein. Und all das nur, weil die Bürger dieser rauhen Stadt dachten, daß zu viele Polizisten aus der Gemeinde einen Polizeistaat machen würden.
    Glitskys Schreibtisch stand in einem kleinen, abgeteilten Raum aus schallgedämpften Holzfaserplatten. Er hatte ein Fenster mit Blick auf die Oakland Bay Bridge und seine eigene Kaffeemaschine – sechseinhalb Quadratmeter vom reinsten Luxus, die Nebenfrüchte seiner Dienstjahre.
    Er nahm einen kleinen Schluck kalten Kräutertee und dachte, daß er vielleicht nach Los Angeles umziehen, Frau und Kinder mitnehmen und irgendwo hingehen sollte, wo man an die Durchsetzung der Gesetze glaubte. Er hatte gehört, daß dort unten die Anzahl der Polizeibeamten um eintausend erhöht wurde. Eintausend! Er stellte sich die Zahl vor. Und niemand, der bei Verstand war, würde behaupten, daß Los Angeles von Polizisten überschwemmt wäre. Es war bekannt, daß die halbe Stadt von Banden kontrolliert wurde; eintausend zusätzliche Polizisten würden wahrscheinlich nicht das geringste ausrichten. Und hier in San Francisco brachte schon ein Fünftel davon die Leute auf Gedanken an Mussolini.
    Abe verstand es nicht.
    Er sollte wirklich nach Hause gehen, dachte er. Dem entkommen. Die Atmosphäre beim Morddezernat, außerhalb dieses Büros, war schlecht. Drei neue Männer, alle gerade befördert, wußten, daß sie die Leiter wieder herabsteigen würden. Und das geschah in jeder Abteilung, weshalb es momentan das reinste Vergnügen war, in diesem Gebäude zu arbeiten.
    Um die Dinge noch komplizierter zu machen, ging Glitskys Vorgesetzter, Lieutenant Joe Frazelli, in den Ruhestand. (Natürlich würden somit nur zwei von den drei neuen Männern, die auf die Liste der Degradierung gesetzt worden waren, wieder auf ihre alten Stellen zurückgehen müssen. Einer würde im Morddezernat bleiben. Wunderbare Voraussetzungen für die Zusammenarbeit unter den Neulingen.)
    Abe war zusammen mit Frank Batiste und Carl Griffin Anwärter auf Frazellis Posten, der zu neun Zehnteln aus Verwaltungsarbeit bestand und einen von der Straße holte, was aber keiner von den drei Männern wollte. Doch es gab noch andere Aspekte, wie Macht und – was nicht unwichtig war – Geld. Außerdem war es wieder eine Sprosse höher auf der Leiter zum Captain, vielleicht zum Chief, und wie die meisten Polizisten wollte auch Glitsky nach oben kommen.
    Aber es war nicht leicht, einerseits schwarz und andererseits Jude zu sein. Manchmal, wenn seine Paranoia hochkam, wunderte er sich, daß er es überhaupt so weit, also bis zum Inspektor des Morddezernats, gebracht hatte. An gewissen Tagen dachte er, es wären ihm überhaupt keine Grenzen gesteckt – er war ein guter Polizist, er kannte sich aus, er konnte andere führen.
    Aber wenn er ehrlich war, mußte er zugeben, daß es einige Probleme gab. Erstens wußte er, daß er Untersuchungen leiten konnte, aber Probleme bei der Zusammenarbeit mit den anderen hatte. Von den vierzehn Polizisten aus dem Morddezernat arbeiteten nur zwei allein, und er war einer von den beiden. Er sagte sich, daß es eben so passiert sei, aber insgeheim wußte er, daß er auf diese Weise das Problem umgangen hatte.
    Er war vor vier Jahren befördert worden, als sich ein des bewaffneten Raubüberfalls Verdächtiger – J. Robert Ronka, den Fall würde er nie vergessen – auch als Frauenmörder entpuppt hatte. Frazelli hatte es gefallen, wie er bei dem Fall vorgegangen war, und er hatte ihm einen weiteren heißen Fall gegeben, sobald er – Glitsky – zum Morddezernat versetzt worden war. Zu dem Zeitpunkt hatte es keine freien Partner gegeben, deshalb hatte Frazelli ihn gefragt, ob er etwas dagegen hätte, wieder allein zu arbeiten, bis jemand aus dem Urlaub käme, kündigte oder befördert wurde, so daß ein zweiter Beamter frei würde, mit dem er ein Team bilden könne. Dann werde er Glitsky diesen Mann als Partner geben.
    Danach allerdings hatte Abe ihn nie gedrängt, und es war nie passiert. Und jetzt, dachte er, würde
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