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Der Dämon aus dem grünen See

Der Dämon aus dem grünen See

Titel: Der Dämon aus dem grünen See
Autoren: S. Landauer
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geformten Schlieren, als hätte das Tier, das sich dagegengeworfen hatte, geblutet.
    Cassie verkniff sich die Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag, und ging in die Küche. Erst mal frühstücken, dann konnten sie der Sache immer noch auf den Grund gehen. Doch in der Küche sah das Fenster nicht viel besser aus. Nur waren hier die Abdrücke nicht so formlos: Wenn man nur flüchtig hinschaute, sahen sie aus wie ein Gesicht.
    Das erklärte jedenfalls die seltsame Erscheinung. In den feuchten Abdrücken hatte sich das Licht gespiegelt, und ihre Fantasie, die nach der langen Fahrt verrückt spielte, hatte daraus ein Gesicht gemacht.
    Mit weißblonden Haaren und eisblauen Augen …
    „Na also, hier ist er ja.“ Erleichtert angelte Cassie den Schlüsselbund aus der untersten Küchenschublade. „Komm, lass uns auspacken gehen.“
    Eine halbe Stunde später saßen sie auf der Veranda mit Blick auf den See. Sie ließen sich den Toast schmecken, den sie im Gasbackofen geröstet hatten, wie Cassie es von früher kannte, und fingen an, ihren Urlaub zu genießen.
    „Nach dem Blick kann man süchtig werden“, bemerkte Linda kauend. „Ich glaube, ich habe noch nie so sauberes Wasser gesehen.“
    Das smaragdgrüne Funkeln, das dem Emerald Lake seinen Namen gab, kam vor allem von dem felsigen Untergrund. Am Ufer direkt vor der Hütte gab es – wie an einigen anderen Stellen – einen kleinen Sandstrand, doch ansonsten war der See auf dieser Seite des Ufers von hüft- bis mannshohen, glatt geschliffenen Felsen gesäumt, auf denen man herrlich klettern oder sich sonnen konnte. Das gegenüberliegende Ufer bestand aus einer fast senkrechten Felswand, über der die Höhenzüge der Sierra Nevada zu sehen waren. Auf der rechten Seite stieg sie langsam an, und man konnte ihren Rand durch den Wald erreichen. Allerdings musste man dafür eine ziemlich anstrengende Wanderung in Kauf nehmen. Pete hatte sie einmal hingeführt und erzählt, dass es dort schon Unfälle gegeben hatte: Der 15-Meter-Sprung in den See von der einzig zugänglichen Stelle des Felsgrats aus war offenbar eine beliebte Mutprobe für die Jugendlichen in Tahoe.
    Auf der linken Uferseite erhob sich eine weitere Felswand schroff und unvermittelt aus dem Wald. Wo die beiden Steilwände aufeinandertrafen, bildete der See eine Art Fjord, den man jedoch vom Ufer aus weder erreichen noch einsehen konnte. Dort kam man – wenn überhaupt – nur übers Wasser hin. Pete hatte sie ausdrücklich gewarnt, jemals so weit zu schwimmen, weil es dort gefährliche Unterströmungen gab. Aber das war wohl vor allem an Marc gerichtet gewesen. Cassie war eine eher durchschnittliche Schwimmerin und schon froh, wenn sie zu dem flachen Felsen kam, der etwa zwei Schwimmbadbahnen entfernt aus dem See ragte. Wenn die Sonne schien, war er immer angenehm warm, und sie hatte sich bei den Familienurlauben oft dorthin geflüchtet, wenn sie ihre Ruhe haben wollte – mit einer Zeitschrift und ihrem MP3-Player.
    „Ist das ein natürlicher Felsen oder ein verkleideter Badesteg?“, fragte Linda, als hätte sie ihre Gedanken gelesen.
    „Nee, der ist echt“, erwiderte Cassie. „Marc und ich sind mal runtergetaucht. Der sieht aus wie ein Pilz, und nur der Hut schaut raus. Man kann sich da prima sonnen.“
    „Klingt gut“, meinte Linda und trank ihren Kaffee aus. „Wollen wir?“
    Nachdem sie ihre Sachen aus dem Auto geholt hatten, hatten sie sich gleich die Bikinis angezogen. Sie trugen nur Trägertops und Shorts darüber. Linda war schon dabei, beides wieder auszuziehen.
    „Los, wer zuerst im Wasser ist!“
    „Warte, ich wollte noch …“, setzte Cassie an, doch Linda war schon auf dem Weg zum See, und sie musste sich beeilen, um sie einzuholen. Später war immer noch Zeit, danach zu schauen, was in der Nacht an die Fenster geklatscht war – und die unheimlichen Schlieren wegzuwischen.
    Jetzt wollte sie erst mal ihre Ferien genießen.
    Es war schon Nachmittag, als Cassie wieder ans Fensterputzen dachte. Sie hatten einen herrlichen Tag mit Lesen, Sonnenbaden, Schwimmen und Quatschen verbracht und sich nicht eine Minute gelangweilt. Nur ein einziges Mal hatte sie kurz daran gedacht, wie es jetzt wohl mit Tom in der Karibik gewesen wäre. Doch dann hatte Linda irgendwas Witziges gesagt, und sie hatten beide lachen müssen, bis sie Seitenstechen bekamen. Schon war sie mit ihren Hüttenferien wieder versöhnt gewesen.
    „Hast du auch so einen Hunger?“, fragte Linda.
    „Und wie! Wie wär’s
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