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Der Coup von Marseille

Der Coup von Marseille

Titel: Der Coup von Marseille
Autoren: Peter Mayle
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zum Essen eingeladen, damit er uns mit den Einzelheiten des Auftrags vertraut machen kann.«
    »Uns?«
    »Er hat mich nach Marseille eingeladen. Und ich könnte in Versuchung geraten. Ehrlich gestanden, mehr als das – ich würde wahnsinnig gerne hinfliegen. Ich habe noch jede Menge Urlaub, war noch nie in Südfrankreich und Marseille …«
    »… zeigt sich um diese Jahreszeit von seiner besten Seite, ich weiß.« Sam wechselte auf die linke Spur und überholte den feuerroten Hummer, der ihm wie ein Panzer im Schneckentempo den Weg versperrte. »Der Mann vergeudet keine Zeit, wie ich sehe.«
    »Er ist süß. Und ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle. Weißt du was? Mir hat noch nie jemand die Hand geküsst.«
    »Das würde auch gegen die amerikanischen Gesundheits- und Hygienebestimmungen verstoßen.« Sam schüttelte den Kopf. Aus leidvoller Erfahrung wusste er, dass Elena einen eisernen Willen besaß: Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war es sinnlos, sie umstimmen zu wollen. Und abgesehen davon musste er zugeben, dass ihre Gesellschaft den Auftrag wesentlich erfreulicher machen würde – falls er beschloss, ihn anzunehmen.
    Doch zuerst galt es, eine wichtige geschäftliche Besprechung, die mit Sicherheit unerfreulich verlaufen würde, unbeschadet über die Bühne zu bringen. Sie befanden sich auf dem Weg zu Danny Roth, um noch ein paar Dinge zu klären, die bei der Wiederbeschaffung des gestohlenen Weins und der Rückführung in die Vereinigten Staaten unerledigt geblieben waren. Dazu gehörte nicht zuletzt auch die Frage des beträchtlichen Finderlohns, der Sam zustand. Obwohl dieser jeweils zur Hälfte von Roth und Knox Insurance zu entrichten war, rechnete Sam mit Problemen: bestenfalls mit einer Hinhaltetaktik, aber wahrscheinlicher waren Wut und die offene Weigerung, den fälligen Obolus zu zahlen.
    Er parkte direkt vor dem Kubus aus getöntem Glas, in dem sich die Kommandozentrale von Roth and Partners befand (Partner waren seine Mutter und seine Buchhalterin), und stellte den Motor ab. »Klar zum Gefecht? Erwarte lieber nicht zu viele Handküsse.«
    Sie wurden im Empfangsbereich von Roths Vorstandssekretärin abgefangen, der hochgewachsenen, hochherrschaftlichen und völlig inkompetenten Cecilia Volpé, die ihren Verbleib in dieser Position ihrem einflussreichen Vater Myron verdankte; er gehörte zu der Handvoll mächtiger Männer, die Hollywood hinter verschlossenen Türen regierten.
    Cecilia wankte ihnen auf zwölf Zentimeter hohen Stiletto-Absätzen entgegen und strich sich die lohfarbene Mähne aus der Stirn, um Elenas Ausstattung besser beäugen zu können. »Schöne Schuhe«, murmelte sie. »Louboutin?« Dann schien sie sich an ihre Pflichten zu erinnern und fügte hinzu: »Mr Roth hat heute einen randvollen Terminkalender. Bleiben Sie lange?«
    Sam schüttelte lächelnd den Kopf. »Nur so lange, wie man braucht, um einen Scheck auszustellen.«
    Cecilia dachte einen Moment angestrengt über Sams Antwort nach, bevor sie entschied, dass man sie nicht ernst nehmen musste. Sie erwiderte das Lächeln und enthüllte dabei erlesen überkronte Zähne im Wert von mehreren tausend Dollar. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen!« Sie machte kehrt und trippelte den Gang entlang, wobei sich ihr Rock an zwei Gesäßbacken mit perfektem Muskeltonus klammerte, die ein Eigenleben zu führen schienen und bei jedem Schritt zuckten. Sam war gebannt. Aber nur für einen kurzen Moment, denn Elenas Ellenbogen bohrte sich in seine Rippen. »Verkneif dir jede Bemerkung. Konzentrier dich lieber auf die Arbeit.«
    Cecilia ließ die beiden auf der Schwelle zu Roths Büro allein zurück. Er saß am Schreibtisch, hatte ihnen den Rücken zugewandt, sein kahler Schädel glänzte im Sonnenlicht, das den Raum durchflutete. Er schwenkte auf seinem Drehstuhl herum, hielt den Telefonhörer ein Stück weit vom Ohr entfernt und musterte die Besucher mit zusammengekniffenen, unfreundlichen Augen. »Bleiben Sie lange?«
    »Ich hoffe nicht, Mr Roth.« Elena nahm unaufgefordert Platz und holte einige Unterlagen aus ihrem Aktenkoffer. »Ich weiß, dass Sie ein vielbeschäftigter Mann sind. Aber es gibt ein oder zwei Dinge, die wir klären müssen.«
    Roth deutete mit einer ruckhaften Kopfbewegung auf Sam. »Und was macht er hier?«
    »Ich?« erwiderte Sam. »Oh, ich wollte nur meinen Scheck abholen.«
    Roth blickte ihn entgeistert an. »Scheck? Scheck? Sind Sie sicher, dass Sie nicht auch noch einen Verdienstorden haben wollen?
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