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Der Coup von Marseille

Der Coup von Marseille

Titel: Der Coup von Marseille
Autoren: Peter Mayle
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Stadtplanungsausschusses, der in letzter Instanz über die Vergabe des Auftrags entscheidet, und als Vorsitzender reicht sein Einfluss natürlich über sein persönliches Stimmrecht hinaus.« Reboul war damit beschäftigt, die Käsesorten auf seinem Teller zu sortieren, während er versuchte, seine Gedanken zu sammeln. »Patrimonio hasst mich. Er würde alles tun, um zu verhindern, dass ich die Ausschreibung gewinne. Und wenn ich sage, alles, dann meine ich alles.«
    Die beiden Amerikaner zuckten merklich zusammen: Das Ganze klang recht bedrohlich und gefährlicher als Sams erste Mission in Frankreich. Elena fing sich als Erste und stellte die naheliegende Frage. »Verzeihen Sie meine Neugierde, aber was haben Sie angestellt? Warum hasst Sie dieser Patrimonio so sehr?«
    »Ach.« Reboul schüttelte den Kopf und seufzte. »Es gab da mal eine Frau.« Er blickte Elena an, als sollte das unter intelligenten Erwachsenen als Erklärung ausreichen. »Und was für eine Frau!« Die ferne Erinnerung zauberte die Andeutung eines Lächelns auf sein Gesicht. »Das ist lange her, gewiss. Doch Patrimonio ist Korse.« Wieder ein Blick, der jede weitere Erläuterung überflüssig machen sollte. »Er ist stolz wie alle Korsen. Und er hat ein außerordentlich gutes Gedächtnis wie alle Korsen.«
    »Damit wir uns richtig verstehen«, warf Sam ein. »Sie wissen, dass dieser Kerl, der Sie – nun ja, auf den Tod – nicht ausstehen kann, den Vorsitz über diesen Ausschuss führt. Und dennoch glauben Sie, dass Sie eine Chance haben?«
    »Ich bin noch nicht fertig, Sam. Patrimonio hat keine Ahnung, dass ich beteiligt bin. Mein Name erscheint nirgendwo in den Ausschreibungsunterlagen, und ich habe darauf geachtet, keine französische Firma einzubeziehen, was sich leicht überprüfen ließe. Mein Angebot wurde von Langer & Troost, einer sehr alten und diskreten Schweizer Privatbank, und Van Buren & Partners eingereicht, einer amerikanischen Architekturfirma, die sich im Besitz von Tommy van Buren befindet, einem meiner langjährigen engen Freunde; wir kennen uns aus unserer gemeinsamen Studienzeit in Harvard. Die spielentscheidende Präsentation vor dem Ausschuss wird der Leiter der Sparte Internationales Marketing der Firma Van Buren übernehmen. Und hier, mein lieber Sam, treten Sie in Erscheinung, so hoffe ich zumindest.«
    »Als Architekt, der keinen blassen Schimmer vom Bauwesen hat? Und zudem noch Amerikaner, also Ausländer ist?« Sam schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, Francis. Ich denke, dafür fehlt mir die eine oder andere Qualifikation.«
    Reboul tat solche Lappalien mit einer ungeduldigen Handbewegung ab. »In dieser Phase sind fundierte Architekturkenntnisse noch nicht erforderlich. Das kommt später. Im Moment geht es nur darum, eine Idee zu verkaufen: einen Ort zum Leben statt zum Besichtigen. Wohnraum, der für Marseille einzigartig ist, umweltfreundlich, eine harmonische Ergänzung zum Meer …«
    Sam hob die Hand. »Okay. Das klingt nach einer netten, unkomplizierten Präsentation. Aber warum ich? Warum keinen Mitarbeiter von Van Buren damit betrauen?«
    Reboul lehnte sich zurück und breitete lächelnd die Arme aus. »Ich brauche jemanden mit ganz besonderen Eigenschaften – einen Verkäufer der Spitzenklasse, überzeugend, einfühlsam und verschwiegen. Und genau diese Anforderungen erfüllen Sie, wie Sie während Ihrer früheren beruflichen Lauf bahn als ›Verleger‹ bewiesen haben. Erinnern Sie sich?« Er beugte sich zu Sam hinüber. »Es ist Ihnen gelungen, sogar mich zu täuschen. Den Ausschuss können Sie mit Sicherheit leichter hinters Licht führen.«
    Sam leerte sein Glas und überließ es Reboul nachzuschenken. »Obwohl ich Ausländer bin?«
    »Aber Sam, es gibt verschiedene Arten von Ausländern.« Reboul hielt einen Finger in die Höhe. »Die Marseiller verabscheuen die Pariser, schon seit Jahrhunderten. Das liegt uns im Blut.« Er hob den zweiten Finger. »Die Engländer nehmen wir notgedrungen hin. Da Frankreich nur durch den Ärmelkanal von ihnen getrennt ist, sind sie uns ein wenig zu nahe, und deshalb bleibt es nicht aus, dass wir bisweilen auf ihnen herumtrampeln.« Der dritte Finger folgte. »Die Amerikaner mögen wir, nicht nur wegen ihrer vielen Tugenden, sondern weil Amerika so weit entfernt ist. Deshalb könnte ich mir vorstellen, dass mein Projekt mit einem kleinen Vorsprung an den Start geht.«
    Elena hatte den verbalen Austausch aufmerksam verfolgt, ihr Kopf ging wie bei einem Tennismatch
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