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Der Coup von Marseille

Der Coup von Marseille

Titel: Der Coup von Marseille
Autoren: Peter Mayle
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schwer fassbarer Begriff, finden Sie nicht auch? Wenn er sich leichter definieren ließe, wären die meisten Anwälte auf de r W elt arbeitslos, was vielleicht keine schlechte Sache wäre. Aber, mein lieber Sam, gestatten Sie mir, Ihr Gewissen zu beruhigen: Ich würde Ihnen nie im Leben etwas vorschlagen, was ungesetzlicher wäre als ein harmloses kleines Täuschungsmanöver – und nach Ihrem bühnenreifen Auftritt als Buchverleger bei unserem letzten Zusammentreffen sollte das für einen Mann mit Ihren Talenten ein Kinderspiel sein. Nichts weiter als eine soupe de fèves, wie wir in Marseille sagen.« Rebouls Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als sich eine Frau den Weg durch den Garten bahnte und auf ihren Tisch zusteuerte. »Bezaubernd«, sagte er, glättete seine Haare und erhob sich. »Wir bekommen Besuch.«
    Sam drehte sich um und sah Elena Morales in ihrer sogenannten Kundenkluft – schwarzes Kostüm, schwarze High Heels und schwarzes schmales Aktenköfferchen, wobei die strenge Aufmachung durch einen Hauch schwarzer Spitze, die dezent aus dem Dekolleté ihrer Kostümjacke hervorlugte, eine spielerische Note erhielt. Sie ragte hoch über Sams Stuhl auf, tippte ungeduldig auf ihre Uhr und musterte ihn tadelnd wie eine Studienrätin. »Ist das deine Vorstellung von der legeren Freizeitkleidung, mit der man freitags zur Arbeit erscheinen darf? Oder hast du die geschäftliche Besprechung vorsichtshalber gleich ganz vergessen?«
    »Ach du meine Güte«, erschrak Sam. »Stimmt, da war doch noch was! Die Besprechung. Gib mir fünf Minuten zum Umziehen, okay?« Plötzlich wurde ihm bewusst, dass der Franzose erwartungsvoll hinter ihm Aufstellung genommen hatte. »Darf ich bekannt machen? Elena, das ist Mr Reboul.« Elena reichte dem Franzosen lächelnd die Hand. »Aus Marseille«, fügte er hinzu.
    Reboul ergriff Elenas Hand, als wäre sie zerbrechlich und ein Kunstobjekt von unermesslichem Wert, beugte sich mit gekonntem Schwung darüber und küsste sie. »Enchanté, Mademoiselle, enchanté.« Er verpasste der Hand einen zweiten Kuss. Sam widerstand dem Drang, Reboul darauf hinzuweisen, dass man nicht mit vollem Mund spricht.
    »Wenn ihr beide mich jetzt entschuldigen würdet«, sagte er. »Ich kehre zurück, sobald ich meine kugelsichere Weste angelegt habe.«
    Reboul rückte einen Stuhl für Elena zurecht. »Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen. Verzeihen Sie mir, dass sich Sam meinetwegen verspätet hat, aber die Überraschung ist mir offensichtlich gelungen. Wir sind uns das letzte Mal in Marseille über den Weg gelaufen, und er hat gewiss nicht damit gerechnet, mich jemals wiederzusehen.«
    »Dessen bin ich mir sicher. Ich weiß, was in Marseille geschehen ist – Sam hat mir alles erzählt«, entgegnete Elena. »Tatsächlich war er in meinem Auftrag dort. Ich bin für Knox tätig, den Versicherungskonzern.«
    »Aha, Sie sind also Kollegen!«
    »Hin und wieder. Aber wir sind auch … befreundet. Sie verstehen?«
    Reboul zwinkerte abermals mit den Augen. »So ein Glückspilz. Vielleicht können Sie mir helfen, ihn zu überreden, einen kleinen Auftrag für mich zu übernehmen. Oder besser noch – vielleicht hätten Sie Lust, ihn zu begleiten.« Er tätschelte ihre Hand. »Es wäre mir eine große Freude.« Elena war sich bewusst, dass er gerade versuchte, sie mit seinem Charme einzuwickeln. Sie war sich auch bewusst, dass sie dieses Spiel genoss. »Und wo wäre dieser kleine Auftrag zu erledigen?«
    »In Marseille. Eine faszinierende Stadt. Wenn Sie möchten, erzähle ich Ihnen gerne mehr darüber.«
    Als Sam zum Tisch zurückkehrte, wirkte er auf den ersten Blick geschäftsfähig, denn er hatte den Bademantel gegen Anzug und Krawatte ausgetauscht. Allerdings waren Reboul und Elena in ein angeregtes Gespräch vertieft, und es war nun an ihm, hoch über Elena aufzuragen, ungeduldig auf seine Uhr zu tippen und eine selbstzufriedene Miene aufzusetzen.
    Elena musterte ihn von oben bis unten und schmunzelte. »Sehr elegant. Nur schade, dass du die Socken vergessen hast, aber seien wir nicht kleinlich. Wir müssen los. Wo steht das Auto?« Und an Reboul gewandt, fügte sie hinzu: »Wir sehen uns dann heute Abend. Um halb acht im Restaurant?«
    Der Gast aus Marseille neigte den Kopf. »Ich kann es kaum erwarten.«
    Sam schwieg, bis er sich in den Verkehr auf dem Sunset Boulevard einfädeln konnte und auf den Wilshire Boulevard abgebogen war. Erst dann ergriff er das Wort. »Was ist mit heute Abend?«
    »Francis hat uns
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