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Der Coup von Marseille

Der Coup von Marseille

Titel: Der Coup von Marseille
Autoren: Peter Mayle
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dreißig Jahre mit Klienten wie Danny Roth verbringen wollte, die ihr wie ein Mühlstein um den Hals hingen. Und wie würde sich Sam in ein Leben einfügen, das von Besprechungen, Verkaufskonferenzen, einem gerüttelt Maß an Ge schäftsreisen und endlosen Mittagessen mit Kunden bestimmt wurde? An drerseits, was würde es für ihre Karriere bedeuten, wenn sie den Posten ausschlug?
    Mit einem abrupten mentalen Spurwechsel gelang es ihr, sich auf die Freuden der bevorstehenden Wochen zu konzentrieren – Mittelmeerstrände, ganze Tage ohne Terminkalender und lange, entspannte Abendessen unter dem Sternenhimmel. So schlief sie ein und träumte.
    Sam weckte sie, indem er ihr mit den Fingerspitzen über die Stirn strich. »Du hast gelächelt«, sagte er.
    »Oh, ich war gerade so richtig schön im Urlaub.«
    »Tut mir leid, dass ich störe. Aber Francis lässt anfragen, ob wir vielleicht Lust hätten, eine Kleinigkeit zu essen. Er lädt uns zu einem pique-nique ein.«
    Infolge der leidigen Kofferpackerei – für Elena immer eine langwierige, hoch komplizierte Angelegenheit, die strategisches Denken, aber auch eine gewisse Offenheit für raschen Sinneswandel verlangte – war ihr das Mittagessen entgangen, wie ihr nun erst bewusst wurde. »Ich denke, ich könnte einen Bissen vertragen«, erklärte sie. »Genauer gesagt, ich bin kurz vor dem Verhungern.«
    Mathilde hatte den Esstisch mit weißem Leinen, Stoffservietten und Kristallgläsern gedeckt. Eine weiße Orchidee hing ermattet und doch anmutig über den Rand der Vase, die ebenfalls aus feinstem Kristall bestand. Fehlte nur noch Reboul mit Küchenchefmütze, um das Bild eines restaurant de luxe zu vervollständigen. Doch er trug die für ihn typische Arbeitskleidung: kein Jackett, keine Krawatte, die beiden obersten Knöpfe des Seidenhemds geöffnet. Elenas Blick fiel auf eine Stickerei, die sie zunächst für ein Monogramm auf der Hemdtasche gehalten hatte, sich aber bei genauerem Hinsehen als eine Linie winziger chinesischer Schriftzeichen entpuppte. Reboul spürte ihr Interesse und nahm ihre Frage vorweg.
    »Die Hemden werden in Hongkong für mich hergestellt«, sagte er. »Monsieur Wang, der sie nach Maß fertigt, erlaubt sich gerne einen kleinen Scherz, deshalb wählt er dieses Emblem statt meiner Initialen.« Er tippte gegen seine Brust. »Angeblich handelt es sich um einen Ausspruch des Konfuzius, der ein langes Leben und Glück bescheren soll.«
    »Und wie lautet er?«
    »Hände weg von meiner linken Brusttasche.« Reboul zuckte die Schultern und grinste. »Typisch chinesischer Sinn für Humor. Nun, was für eine Art Picknick haben Sie für uns vorgesehen, Mathilde?«
    »Es gibt Räucherlachs. Natürlich foie gras . Und den letzten Spargel der Saison.« Mathilde verstummte, um ihre Fingerspitzen zu küssen. »Eine kleine Auswahl erstklassiger Käsesorten. Und als Tüpfelchen auf dem i Ihre Lieblingsspeise, Monsieur Francis: Salade tiède aux fèves et lardons .« Lächelnd wartete sie auf Rebouls Reaktion.
    »Oh! Oh! Himmlisch. Elena, Sam – kennen Sie dieses göttliche Gericht? Ein lauwarmer Salat aus jungen Saubohnen und gewürfeltem Speck? Nein? Den müssen Sie unbedingt probieren, bevor wir zum Angriff auf die Gänsestopfleber oder den geräucherten Lachs übergehen. Oder uns beides zu Gemüte führen. Das Mittagessen ist ja schon eine Ewigkeit her.« Er drehte sich um und spähte in den großen Eiskübel, den Mathilde auf der Bar abgestellt hatte. »Wir können beim Champagner bleiben oder zu einem Puligny-Montrachet Jahrgang ’86 übergehen, und zur foie gras kann ich einen Sauternes Jahrgang ’84 empfehlen. Bitte verzeihen Sie mir«, fuhr er fort, an Elena gewandt, »aber auf meinen Flugreisen bringe ich es nie übers Herz, Rotwein mit an Bord zu nehmen. Die Höhenunterschiede, die Turbulenzen – das nehmen selbst die besten Bordeaux und Burgunder übel. Ich hoffe, Sie haben Verständnis.«
    Elena nickte verständnisinnig, obwohl sie leicht verunsichert war, denn in ihrem Weinseminar waren die Trinkgepflogenheiten in Privatjets bedauerlicherweise mit keiner Silbe erwähnt worden. »Natürlich«, antwortete sie mit einem bestrickenden Lächeln. »Aber vielleicht können Sie mir ein wenig mehr über Ihren himmlischen Salat erzählen. Ich habe noch nie davon gehört.«
    »Kein Wunder, das Rezept stammt von meiner Mutter, richtige Hausmannskost. Zuerst brauchen Sie eine Kasserolle, die Sie mit kaltem Wasser füllen, und eine Bratpfanne. Dann würfeln Sie
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