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Der Coup von Marseille

Der Coup von Marseille

Titel: Der Coup von Marseille
Autoren: Peter Mayle
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ein großes Stück fetten Speck und lassen ihn bei mittlerer Hitze in der Pfanne aus. In der Zwischenzeit setzen Sie die Saubohnen in dem Topf mit dem kalten Wasser auf und schalten den Herd auf die höchste Stufe. Sobald das Wasser kocht, gießen Sie es ab; die Bohnen sind fertig. Dann müssen Sie das Ganze in eine Schüssel umfüllen, den gewür felten Speck drüberstreuen und, ganz besonders wichtig, das heiße Speckfett drübergießen bis zum letzten Tropfen. Et voilà . Jetzt alles nur noch gründlich durchmischen und sofort essen, bevor der Salat auskühlt. Ein fabelhaftes Gericht. Sie werden sehen.«
    Es war wirklich fabelhaft, genau wie alles andere, und während Elena beobachtete, wie Reboul sich an Salat, einem Teller Spargel und zwei dicken Scheiben Gänsepastete gütlich tat, fragte sie sich, wie er es schaffte, nicht aus dem Leim zu gehen. Eine ähnliche Frage hatte sie sich schon bei ihrem letzten Besuch in Paris gestellt, wo ihr der Mangel an fettleibigen Menschen aufgefallen war. Die Restaurants waren zum Bersten voll, die Franzosen aßen und tranken wie die Weltmeister, und dennoch schienen die meisten kein Gramm zuzunehmen. Es war rätselhaft und auch unfair.
    »Warum, Sam?«
    »Warum was?«
    »Warum werden Franzosen nicht dick?«
    Sam hatte Sophie, seiner Komplizin beim Weinraub, bereits die gleiche Frage gestellt. Und deren Antwort hatte die uneingeschränkte, mit der Geburt in Frankreich einhergehende Überzeugung widergespiegelt, dass die Franzosen die Logik und den gesunden Menschenverstand für sich gepachtet hät ten und jahrhundertelange Bemühungen um niveauvolle Ess gewohnheiten vorweisen könnten. Es fiel Sam nicht schwer, sich an den genauen Wortlaut von Sophies Antwort zu erinnern: »Wir essen weniger als ihr, langsamer als ihr und nicht zwischen den Mahlzeiten. Ganz einfach.«
    Während Elena noch damit beschäftigt war, diese Worte der Weisheit zu verdauen, griff Reboul ein und schüttelte den Kopf. »Das war einmal, auch bei uns in Frankreich findet ein Wandel statt. Unsere Gewohnheiten ändern sich, unsere Ernährungsweise ändert sich, die Figur ändert sich – zu viel Fast Food, zu viele zuckerhaltige Getränke.« Er tätschelte seinen Bauch. »Vielleicht sollte ich auf den Sauternes verzichten. Aber jetzt noch nicht.«
    Inzwischen war es draußen Nacht geworden, und Mathilde hatte ihre Sessel in ein Klappbett verwandelt und das Licht in der Kabine gedämpft. Nach dem hektischen Tag waren Elena und Sam rechtschaffen müde und überließen Reboul seinem Schicksal, einem letzten Glas Sauternes und den dringlichen Telefonaten, die es nachzuholen galt.
    Elena gähnte und reckte und streckte sich mit einem dankbaren Seufzer. Sie schaltete ihr Leselicht aus. Nach zwei Jahren ohne Urlaub hatte sie sich das Recht verdient, wohligen Gedanken an den morgigen Tag nachzuhängen. Da würde sie schon in Südfrankreich sein, weit weg von komplizierten Versicherungsfällen, und ihre einzige Aufgabe bestünde darin, sich zu entspannen.
    »Sam?«
    »Ja?«
    »Danke, dass du den Auftrag angenommen hast. Ich finde, so etwas solltest du öfter machen.«
    Sam lächelte in der Dunkelheit. »Gute Nacht, Elena.«
    »Gute Nacht, Sam.«
    Mathilde, wie aus dem Ei gepellt mit ihrer Saint-Laurent-Uniform in den Farben der französischen Flagge – rotes Sei denhalstuch, weiße Bluse und blaues Kostüm –, weckte sie mit dem verlockenden Angebot, Orangensaft, Croissants und Kaffee zu servieren. In einer halben Stunde würden sie landen. Die Sonne war bereits aufgegangen, und dem gut gelaunten Bericht des Piloten zufolge versprach der Wetterbericht einen herrlichen Tag mit Temperaturen über zwanzig Grad.
    Sie hatten ihr Frühstück gerade beendet, als Reboul er schien, putzmunter und frisch rasiert, um ihnen bei einer Tasse Kaffee Gesellschaft zu leisten. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie gut geschlafen hatten, rückte er ein wenig näher an Sam heran. »Sobald wir in Marseille sind, dürfen wir unter gar keinen Umständen zusammen gesehen werden«, flüsterte er. »Das Risiko wäre zu groß. Nach der Landung werde ich deshalb noch eine halbe Stunde in der Maschine bleiben, um Ihnen einen Vorsprung zu geben. Sie werden abgeholt; Olivier, der Chauffeur, wartet bereits mit dem Wagen auf Sie. Er bringt Sie zu dem Haus, in dem Sie für die Dauer Ihres Aufenthalts untergebracht sind. Dort wird Claudine Sie in Empfang nehmen und sich um Ihre Bedürfnisse kümmern. Sie hat ein Handy mit einer
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