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Der Coach

Titel: Der Coach
Autoren: John Grisham
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eingeschrieben.«
    »Wissen deine Eltern davon?«
    »Bist du verrückt? Mein Vater hätte doch gleich die NCAA benachrichtigt.«
    »Warum hast du’s angenommen?«
    »Sei nicht so naiv, Paul. Jedes College hat Geld geboten. Das gehörte dazu.«
    »Ich bin nicht naiv, ich hätte das nur nicht von dir gedacht.«
    »Wieso nicht? Ich hatte die Wahl, entweder mit leeren Händen aufs Tech’s zu gehen oder das Geld anzunehmen. Für einen achtzehnjährigen Idioten sind fünfzigtausend Dollar schließlich so was wie ein Lottogewinn.«
    »Trotzdem …«
    »Die Talentsucher haben uns alle Geld geboten, Paul. Ohne Ausnahme. Ich dachte, das gehört einfach dazu.«
    »Und wie hast du das Geld versteckt?«
    »Ich hab’s überall verteilt. Als ich dann am College war, hab ich ein neues Auto gekauft und bar bezahlt. Es war ziemlich schnell ausgegeben.«
    »Und deine Eltern sind nicht misstrauisch geworden?«
    »Doch, schon, aber ich war weit weg, und vieles haben sie gar nicht mitbekommen.«
    »Du hast also nichts davon gespart?«
    »Du brauchst kein Geld zu sparen, wenn du auf der Gehaltsliste stehst.«
    »Was denn für eine Gehaltsliste?«
    Neely setzte sich bequemer hin und lächelte nachsichtig.
    »Sei gefälligst nicht so herablassend, du Arschloch«, sagte Paul. »So seltsam es auch sein mag, die meisten von uns haben nicht in der oberen Liga gespielt.«
    »Erinnerst du dich noch an die Gator Bowl in meinem ersten College-Jahr?«
    »Klar. Das Spiel haben sich alle angeschaut.«
    »Ich kam in der zweiten Spielhälfte aufs Feld, warf drei Touchdowns, lief hundert Yards und entschied das Spiel mit einem Pass in der letzten Sekunde. Damit war ich der Star, der berühmteste College-Spieler im ganzen Land, das übliche Blabla. Tja, und als ich zum College zurückkam, lag ein kleines Paket in meinem Postfach. Fünftausend Dollar in bar. Ein Brief war auch dabei:
    ›Schönes Spiel. Weiter so.‹
    Keine Unterschrift. Aber eine klare Ansage: Wenn du weiter gewinnst, gibt es auch weiter Geld. Ich hatte also keinen Grund zum Sparen.«
    Silos Lieferwagen war eine Sonderanfertigung und in einem extravaganten Rotgoldton lackiert. Die Reifen glänzten silbrig, und die Scheiben waren pechschwarz.
    »Da ist er ja«, sagte Paul, als der Lieferwagen vor dem Tor zum Stehen kam.
    »Wo hat er den denn her?«, wollte Neely wissen.
    »Mit Sicherheit geklaut.«
    Silo selbst war ebenso extravagant ausstaffiert. Er trug eine Bomber-Lederjacke aus dem Zweiten Weltkrieg, schwarze Jeans und schwarze Stiefel. Er hatte nicht abgenommen, aber auch nicht an Gewicht zugelegt, und als er nun langsam das Feld umrundete, war er immer noch der Inbegriff eines Nosetackle. Er hatte den Gang der Messina Spartans – ein gewisses Stolzieren, fast eine Herausforderung für jeden, der ihn sah, ein unbedachtes Wort zu sagen. Silo hätte jederzeit wieder die Schutzpolster anlegen, den Ball zum Quarterback anspielen und die Gegner bluten lassen können.
    Doch er hielt den Blick auf einen Punkt in der Mitte des Spielfelds gerichtet. Vielleicht sah er sich selbst vor langer Zeit, vielleicht hörte er, wie Rake ihn anbrüllte. Was Silo auch hören oder sehen mochte, es ließ ihn für einen Augenblick an der Seitenlinie verharren. Dann kam er die Stufen herauf, die Hände tief in den Jackentaschen vergraben. Als er Neelys Reihe erreichte, war er außer Atem. Er umarmte seinen Quarterback und fragte ihn, wo er die letzten fünfzehn Jahre gesteckt habe. Man begrüßte sich, warf sich ein paar Beleidigungen an den Kopf. Es gab so viel nachzuholen, dass keiner recht wusste, wo er anfangen sollte.
    Dann saßen die drei nebeneinander und beobachteten, wie sich ein weiterer Jogger vorbeischleppte. Silo wirkte bedrückt, und als er schließlich etwas sagte, flüsterte er fast. »Und, wo wohnst du jetzt?«
    »In der Gegend von Orlando«, antwortete Neely.
    »Was machst du beruflich?«
    »Immobilien.«
    »Hast du Familie?«
    »Nein, nur eine geschiedene Frau. Und du?«
    »Ach, ich hab bestimmt eine Menge Kinder, ich weiß nur nichts von ihnen. Hab nicht geheiratet. Verdienst du gut?«
    »Ich komme klar. Aber ich stehe nicht auf der ›Forbes‹Liste.«
    »Ich schaff das wahrscheinlich nächstes Jahr«, sagte Silo.
    »In welcher Branche?«, fragte Neely mit einem kurzen Seitenblick zu Paul.
    »Ersatzteile«, erwiderte Silo. »Heute Nachmittag war ich kurz bei Rake. Miss Lila und die Mädchen sind da, auch die Enkel und die Nachbarn. Das Haus ist voller Leute, die herumsitzen und darauf
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