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Der Clan der Wildkatzen

Der Clan der Wildkatzen

Titel: Der Clan der Wildkatzen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Leben«, hatte sie stattdessen gesagt. » Mach dir keine Sorgen, Mara, ich bringe dir alles bei, was du wissen musst.« Aber dann waren die Hunde gekommen, und dann hatten die Großfüße sie gefunden und sie zu diesem neuen Ort gebracht, fern vom Kanal…
    Und gestern Nacht war etwas Merkwürdiges passiert. Was war das noch einmal gewesen? Ach ja, sie hatte sich so schrecklich einsam gefühlt, und da hatte sie ein seltsames Gefühl bekommen, so als würde sie… beobachtet werden. Gehört. Als würde ihr ein ganzer Haufen anderer Katzen lauschen.
    Sie drehte sich nach hinten, jagte ihren Schwanz und befreite sich gleichzeitig aus dem Teppich, als verirrte Gedanken durch ihren gestreiften Kopf flogen: Miao … eine weise Siamkatze mit sanften blauen Augen … Hulo hatte viele Narben und war groß und spöttisch … Beraal mit ihren tiefgrünen Augen und dem langen schwarzweißen Fell war wunderschön … Da waren noch viele andere, aber sie konnte nicht alle erkennen.
    Plötzlich befand sie sich, immer noch eingewickelt wie ein Paket, mitten in der Luft. Mara steckte den Kopf aus dem Teppich und starrte in die Augen der Großfußfrau. Heute klang die Stimme, als würde sie schimpfen, aber auch amüsiert. Zaghaft und immer noch eingewickelt leckte Mara an der Hand der Großfüßin.
    Sie wurde sanft auf dem Boden abgesetzt, aus dem Teppich befreit und am Popo getätschelt– eine Frechheit, die sie vermutlich verdient hatte. Dann kniete sich die Großfüßin neben sie auf den Boden und kratzte ihr die Stelle in der Mitte der Stirn, an die sie selbst so schlecht rankam.
    Mara vergaß die anderen, seltsamen Katzen, die sie nicht kannte, vergaß ihre Pläne, zu einer tollkühnen Expedition aufzubrechen und das Haus zu erkunden. Als die Großfüßin ihr den Kopf kratzte, beugte sie sich vor, während ihr Körper fast in Ekstase vibrierte, und sie schnurrte und schnurrte und schnurrte. Dann gab es Mittagessen: köstliche Milch und dazu Fisch. Und anschließend machte Mara ein Nickerchen…
    Als sie erwachte, war es spät und sehr kühl. Man hatte sie vom Kissen auf dem Sofa in ein rundes gepolstertes Körbchen verfrachtet, das ihr sofort gefiel, als sie mit den Krallen drüberkratzte und dabei ausgiebig gähnte. Wo waren die Großfüße? Sie tappte aus ihrem Körbchen und wollte das große Bett suchen, in dem sie letzte Nacht geschlafen hatte, doch die Tür des Zimmers war geschlossen. Dann war es also Zeit, mit der tollkühnen Expedition zu beginnen.
    Von ihrer Position fünfzehn Zentimeter über dem Boden aus war die Welt ein Wald aus interessantesten Dingen. Es gab Stuhlbeine und Tischbeine, die vom Boden aufragten und Plattformen hatten, die sie später erforschen würde. Überall gab es kleine Teppiche, und bei einigen testete sie ihre Krallen, bevor sie darauftrat. Eins der Zimmer roch sehr angenehm, schön staubig und muffig, und es war mit Kartons gefüllt, die sie bereits angefangen hatte, zu zerreißen. Dann kam sie durch die Küchentür und– was waren das für Gerüche?
    Mara setzte sich und versuchte, sie alle zu erkennen: Sie waren so stark und kräftig, dass sie wie eine dicke Suppe in ihrem Kopf schwappten und das Kätzchen völlig verwirrten. Schließlich schüttelte sie den Kopf, um ihn wieder freizubekommen. Da war der schwere Geruch von Müll, der Duft von sehr vielen Großfüßen und scharfem Eisen.
    In größerer Entfernung mischte sich der Geruch von Hunden hinein, der sie schaudern ließ. Doch da waren auch Katzen und sieben verschiedene Arten Erde, von Kies bis zu lehmigem Schlamm; außerdem Bäume, Blumen und der seifige Duft von Großfußkleidung, der sich mit dem metallischen Geruch von Autos mischte. Das alles kam von der anderen Seite des Fliegengitters. Sie tippte dagegen, und die Tür schwang auf, gerade weit genug, um sie hinauszulassen.
    Gnädigerweise hielt die Welt einen Moment inne, obwohl die Gerüche unablässig hin und her wallten und einen ständigen Tanz aufführten. Mara war mucksmäuschenstill und drückte sich so dicht wie möglich an diese Tür– die Hintertür des Hauses. Der Duft des faulenden Mülls stieg von dem schmalen Weg zwischen der Hinterseite des Hauses und dem Park auf. Die Müllmänner hatten heute einen Feiertag, deshalb war der Geruch stärker als an sonstigen Tagen. Es roch wirklich verlockend, aber dennoch zögerte Mara, und ihr Schwanz ging unsicher hin und her.
    Zum ersten Mal sah sie die Welt wirklich. Die Erinnerungen an ihre frühe Kätzchenzeit waren
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