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Der Cartoonist

Der Cartoonist

Titel: Der Cartoonist
Autoren: Sean Costello
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Sohn den kleinen Jachthafen auf der gegenüberliegenden
Seite des Sees betrieb. Soweit man wusste, hatten die beiden alten Kerle auf
diesem See seit Menschengedenken zusammen geangelt.
    Es war dieser
Blick von der Sonnenterrasse auf den See, der den Ausschlag dafür gegeben
hatte, das Haus im letzten Dezember zu kaufen. Die frühere Besitzerin war eine
bekannte Künstlerin, sie hatte das Haus selbst entworfen und gebaut, sogar die
Grube für das Fundament eigenhändig ausgehoben. Das Zimmer unterhalb der
Terrasse, das die Bowmans jetzt als Fernseh- und Musikzimmer nutzten, war ihr
Atelier gewesen. Wenn man seine Nase in diesem Raum in eine bestimmte Richtung
hielt, nahm man immer noch einen entfernten Hauch von Lösungsmitteln und
Ölfarben wahr. Das kleine Zimmer mit seinem gemütlichen Licht war Scotts
Lieblingsplatz. Hier konnte er in Ruhe lesen, nachdenken und entspannen.
    Krista stand
direkt vor ihm am Grill und piekte in die Koteletts. Kath war noch unten am See
und lachte und kreischte zusammen mit ihren Freunden.
    »Sag mal, was
möchtest du heute Abend denn noch so unternehmen ?« ,
fragte Scott in der Hoffnung, ein paar Hinweise auf seine Party zu erhaschen.
Bis jetzt hatte niemand seinen Geburtstag auch nur erwähnt, und er bekam
langsam das flaue Gefühl, dass man ihn vergessen hatte.
    »Ach, weißt
du, ein bisschen lesen, bisschen fernsehen, mich selbst ein bisschen
bemitleiden.« Krista krauste die Nase und drehte sich nach ihm um. »Ich hab
meine Tage .«
    »Wie gemein !« , sagte Scott und war jetzt sicher, dass sie seinen
Geburtstag tatsächlich vergessen hatte. »Überhaupt nicht schön.«
    »Was ist mit
deinem Finger passiert ?« Krista schloss den Deckel des
Grills.
    »Hab mich an
einem Blatt Papier geschnitten .« Einen Moment lang
musste er an die rätselhafte Zeichnung denken.
    Da Krista für
seine Verletzung nur ein leichtes Seufzen übrig hatte, befasste sich Scott
erneut mit dem momentanen Problem. Er suchte das Gesicht seiner Frau nach der
Andeutung eines Grinsens ab, nach einem versteckten Augenzwinkern, nach
irgendetwas, das ihm verriet, dass sie ihn auf den Arm nahm. Aber da war
nichts. Sie sah müde aus und beinahe etwas ärgerlich. Plötzlich fühlte er sich
alt, verletzt und deprimiert. Krista warf ihm die Andeutung eines matten
Lächelns zu und ging zurück ins Haus. Verdammt, dachte Scott, sie hat
es tatsächlich vergessen! Er stand auf und holte sich das vierte Bier, ließ
es in seinen Krug gluckern und nahm es mit ins Fernsehzimmer, wobei er auf dem
Weg versehen dich etwas verschüttete. Er zappte durch die Programme, fand
nichts als Nachrichtensendungen und schaltete die Glotze mit einem Stöhnen
wieder aus. Danach griff er nach der Abendzeitung und blätterte sie lustlos
durch,
    entdeckte beim
flüchtigen Durchsehen jedoch nichts als Chaos und warf sie wieder zur Seite. Er
blickte auf den antiken Farnständer aus Rosenholz, den er schon seit über einem
Jahr restaurieren wollte, und hätte sich beinahe die Arbeitshandschuhe
übergestreift. Doch er sah ein, dass er den Ständer wahrscheinlich ruinieren
würde, wenn er jetzt versuchte, mit einem Bauch voller Bier daran zu arbeiten.
    Schließlich
griff Scott zum Telefon und wählte Gerrys Nummer in Ottawa. Gerry St. Georges
war sein bester Freund. Er hatte noch niemals seinen Geburtstag vergessen.
Scott hatte mittlerweile eine zwanzig Jahre alte Sammlung alberner Weihnachts-
und Geburtstagsgeschenke, die er Gerry verdankte: Gummi-Dildos, Hundescheiße
aus Ton, Plastikkotze, falsche Risse für den Fernsehbildschirm, Riesenbrüste
zum Umschnallen und obszöne Postkarten der schlimmsten Art. Gerry war ein
halbes Jahr älter als Scott, ein großer, kräftiger Mann mit ausgeprägtem
Beschützerinstinkt. Er war Polizist im Bezirk Ottawa.
    Bei Gerry ging
keiner ans Telefon.
    »Abendessen«,
rief Krista von der obersten Treppenstufe.
    Scott trank
sein Bier in großen Zügen leer. Als er aufstand, stellte er fest, dass er
ziemlich blau war. Leicht torkelnd erklomm er die ersten Stufen und musste
aufgrund seines veränderten Wahrnehmungsvermögens kichern.
    Sie nimmt
mich nur auf den Arm, stimmt's?
    Aber auch beim
Abendessen erwähnte niemand das Thema Geburtstage oder Partys. Nicht einmal
Kath verriet irgendwelche Anzeichen einer stillen Verschwörung. Sie saß neben
Scott und nagte an den Resten eines gegrillten Koteletts.
    Er probierte
es noch einmal. »Und was hat mein großes Mädchen heute Abend noch vor ?«
    War da was?
Ein
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