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Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Titel: Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams
Autoren: Das Siegel des Verraters
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wurde unvermittelt bewußt, daß noch der Dreck von dem Kampf am
Fluß an ihm klebte. Er wünschte, er besäße die selbstsichere
Autorität eines Fürsten Alfred oder Gunthar. Seine Stimme,
der trotzige Verkündungen neu waren, wirkte in dieser
bodenständigen Versammlung schwach und dünn.
Ragnell zuckte mit den Schultern und faltete die Hände
fast zierlich im Schoß. Einen kurzen Augenblick konnte
Sturm sich vorstellen, wie sie in ihrer Jugend ausgesehen
hatte. Damals mußte sie wirklich schön, geradezu atemberaubend, gewesen sein. Aber jetzt waren hundert Jahre
vergangen, und sie hatte sich langsam in den Wald um sich
her zurückgezogen und war selbst knorrig wie die Bäume
geworden.
»Du hast nirgends eine Mission, Junge«, erwiderte sie. Es
lag nichts Unfreundliches in ihrer Stimme, keine Drohung.
»Du hast überhaupt kein Ziel außer diesem Ort, bis wir
das… Rätsel um dich gelöst haben. Bis dahin ist dein Platz
im Rundhaus, in dem Raum, den wir für dich vorbereitet
haben.«
»Vielleicht«, schlug Sturm vor, »bin ich im Haus von Jack
Derry mehr willkommen.«
Die Druidin schloß kurz die Augen. »Als Jack Derry
ging«, antwortete sie, »haben Blätter und Schnee den Weg
hinter ihm verdeckt. Kein Jäger in Lemisch könnte ihn finden, und keiner von meinen Leuten würde es versuchen
wollen.«
Sturm schluckte beklommen und wandte den Blick von
dem kantigen Gesicht der Druidin ab.
»Es sind Jahre vergangen«, stellte sie fest. »Ich kenne keinen Jack Derry mehr.«
Verräter, dachte Sturm wütend und merkte, wie sein Gesicht heiß wurde. Er machte den Mund auf, brachte jedoch
kein Wort heraus.
»Aber ich kenne deinen Orden«, fuhr Ragnell fort, »und
ich kenne die Geschichte. Und beides ist keine Empfehlung
für dich. Unser Land ist immer noch kein Freund von deinem, unser Volk kein Freund des Ordens.«
»Was nicht bedeutet, daß ich Euch schaden will«, erwiderte Sturm.
»Aber es ist wahrscheinlicher, daß du uns schaden wirst,
als daß du uns Gutes tust«, antwortete die Druidin, die sich
zurücklehnte und ins Feuer blickte, als würde sie in die
Zukunft oder in die Vergangenheit sehen.
»So war es immer«, fuhr sie leise fort. »Ihr Ritter seid wie
ein Wirbelsturm über dieses Land geritten, habt Dörfer und
Hoffnungen zerschlagen bei eurer unablässigen Jagd nach
etwas, das ihr gut und rechtschaffen nennt. Aber es gab
eine Zeit, erst vor wenigen Jahren, wo eure bedrohliche
Rechtschaffenheit zurückgedrängt, fast weggefegt wurde.«
»Die Rebellion?« fragte Sturm, der sich an seine Flucht
über den verschneiten Bergpaß in der Obhut von Soren
Vardis erinnerte.
»Den Aufschrei, wie wir es nennen«, antwortete Ragnell
gemessen. »Als sich das Volk von Lemisch und Südlund
und Solamnia gegen den harten, selbstgerechten Orden
erhob.«
Sie machte eine Pause, lächelte schief und zeigte dabei
eine Zahnlücke.
»Wir waren nahe daran, eure Kavallerie zu zerschlagen«,
verkündete sie. »Ich bin Ragnell, die Belagerin, weiß du.«
»Ich… ich fürchte, dieser Name wird… in unserer Geschichte nicht erwähnt«, erwiderte Sturm mit taktvoller
Zurückhaltung. Die alte Hexe winkte lachend mit ihrer
knotigen Hand durch die verrauchte Luft, als würde sie
sowohl die Geschichte als auch seine Worte wegwischen.
»Burg Vingaard haben meine Truppen besiegt, ebenso
wie die Schlösser Feuerklinge, di Caela und Jochanan. Aber
beim Fall von Burg Vingaard habe ich mir diesen Namen
gemacht.«
Wie vom Donner gerührt starrte Sturm die keckernde, alte Frau an. Instinktiv griff er an seinen Gürtel, doch seine
Schulter wurde zurückgerissen, und die Hand fuhr ziellos
durch die Luft.
Was machte das schon, dachte Sturm bitter, als er sich
zusammenriß und die Frau vor ihm unnachgiebig anstarrte. Denn schließlich lag sein zerbrochenes Schwert in eine
Decke gewickelt auf Luins Sattel. Er wünschte sich einen
Dolch, ein Halseisen, Gift – egal was, Hauptsache, es würde
dieses monströse Lebewesen umbringen, das da aufgebläht
vor ihm saß.
Denn das war die Druidin, von der Fürst Stephan Peres
damals im Turm des Oberklerikers gesprochen hatte, als er
Sturm den Schild von Angriff Feuerklinge übergeben hatte.
Das war die Frau, die Schloß Feuerklinge belagert hatte –
die Frau, die – wenn die düsteren Ahnungen wahr waren –
seinen Vater getötet hatte.Mara schlenderte durch die
dunklen, dreckigen Seitenstraßen, bis der Lärm der Versammlung hinter ihr lag und von einer eigenartig
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