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Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Titel: Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams
Autoren: Das Siegel des Verraters
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drehte er sich zu Fürst Bonifaz um. Tief in seinen dunklen Augen funkelte unendlicher Schabernack.
»Also, Bonano.« Er nannte ihn beim Spitznamen, wie er
es seit dem Beginn ihrer Knappenzeit nicht mehr getan hatte. »Bringen wir es zu Ende? Mann gegen Mann und
Schwert gegen Zweig?«
»Sei kein Narr, Angriff«, protestierte Bonifaz wütend und
drehte sich um, um Ring und Kampf zu verlassen.
»Wenn du aus dem Ring trittst, hast du dein Schwert
verwirkt«, neckte Angriff. »Band Soundso, Seite X, Absatz
Y und so weiter.«
Bonifaz fuhr herum und bezähmte seinen Zorn. Neben
Angriff kam er sich klein und dumm vor wie ein Junge, der
mit der Rute bestraft wird. Kalt trat er mit erhobenem
Schwert nach vorn.
»Verfahrensfrage«, sagte er mit drängendem, flehenden
Ton. »Steht es im Einklang mit dem Maßstab, wenn der
Kampf weitergeht?«
Völlig befremdet wandte sich Fürst Alfred jetzt an die
Gelehrten. Zwei Köpfe, einer kahl, einer grau, wurden den
Bruchteil eines Augenblicks zusammengesteckt, bevor sie
sich gleichzeitig zum Rat umdrehten.
»Wir entscheiden zugunsten von Fürst Angriff«, sagten
sie einstimmig.
»Überlegt es Euch, Angriff«, drängte Alfred, aber Bonifaz
war sofort losgesprungen, um die mickrige Waffe mit einem einzigen, kraftvollen Schwerthieb durchzuhacken.
Angriff wich aus und parierte den gewaltigen Schlag mit
einem leichten Streifen seines Olivenzweigs. Da Bonifaz
dem Schwung seines Schwertes folgte, ging er in die Knie.
Der Helm rutschte ihm über die Augen, und irgendwo aus
den hinteren Rängen erklang gedämpftes Gelächter.
Wütend richtete Bonifaz sich auf und schlug wild nach
Angriff. Seine Klinge pfiff durch die Abendluft. Angriff
duckte sich, kam schnell wieder hoch und schnippte seinem Gegner den Zweig ins Gesicht. Bonifaz stürmte wutschnaubend vor, ohne rechte Balance, und seine Klinge
sauste an dem ausweichenden Fürst Feuerklinge vorbei.
Lachend ließ Angriff den Zweig blitzschnell auf das bloße
Handgelenk seines alten Freundes herunterzischen. Der
Zweig brach knackend entzwei, doch Bonifaz schrie auf
und ließ das Schwert fallen. Angriff bückte sich rasch nach
der Klinge und drückte Bonifaz im Handumdrehen die
stumpfe Spitze an den Hals.
»Ich glaube, ich habe gewonnen, Bonano«, erklärte er.
»Selbst nach dem Maßstab.«Darum mußte Bonifaz Angriff
umbringen. Erst nach zwölf Jahren war seine Chance gekommen, als Schloß Feuerklinge belagert wurde und das
Schicksal der Garnison vom Eintreffen Agion Pfadwächters
mit der Verstärkung aus Kastell di Caela abhing.
Es war Bonifaz, der den Räubern verraten hatte, welchen
Weg Sir Agion nehmen würde, wie stark seine Truppen
wären und an welchem Ort man die Ritter am leichtesten
angreifen und vernichten konnte. Seine Worte hatten Angriff Feuerklinge jeder Hoffnung beraubt, und Bonifaz
glaubte, Angriff würde sich ins Schloß zurückziehen und
die Bauern bis zum letzten Mann bekämpfen.
Es war einfach gewesen, die Spuren zu verwischen. Sie
hatten Schloß Feuerklinge mitten in der Nacht verlassen
und waren am anderen Morgen vor Sonnenaufgang zurück. Bonifaz hatte nur einen einzigen Ritter mitgenommen, einen käsebleichen Novizen aus Lemisch, an dessen
Namen er sich nicht einmal mehr erinnerte. Dazu kam
noch eine Eskorte von drei oder vier Fußsoldaten. Die Soldaten waren entbehrlich: Er lieferte sie den Räubern aus,
und ihre Leichen gingen in dem Blutbad unter, als die Banditen Agion auflauerten. Der Ritter war in den nachfolgenden Wochen ein praktischer Sündenbock.
Aber vor allem war Angriff Feuerklinge erledigt.
Zwölf Jahre können den Durst nach Rache bis zu einem
Grad steigern, wo man alles dafür aufs Spiel setzt. Bonifaz
war bereit, selbst dieser letzte Mann zu sein, der bei der
Belagerung fallen würde, wenn er dadurch wenigstens
Fürst Angriff Feuerklinge sterben sehen würde.
Doch selbst zum Schluß hatte Angriff sich nicht an den
Maßstab gehalten. Wo ein wahrer solamnischer Befehlshaber mit dem Schloß gefallen wäre, hatte Fürst Angriff sein
Leben für die Garnison geopfert, sich den Bauern ausgeliefert und sie dadurch alle freigekauft.
Einschließlich Bonifaz.
Selbst jetzt erinnerte er sich noch daran – sechs lange Jahre nachdem Angriff auf die fernen Lichter zu in den Schnee
hinausgestapft war. Zwei treue Fußsoldaten waren ihm wie
irre Gefolgsleute, wie Hunde, gefolgt.
Achtzehn Jahre nach jenem sonnigen Mittsommertag im
Ring erinnerte sich Bonifaz deutlich an seine beiden
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