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Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Titel: Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams
Autoren: Das Siegel des Verraters
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verschwundenen Fürst Stephan zu durchkämmen.
Er entschied sich dagegen. Hatte Stephan sie nicht alle
weggeschickt und sich freiwillig in grüne Gedanken und
ein grünes Gewand gestürzt?
Jedem das Seine, dachte Sturm grummelnd, doch er
wußte, das traf es nicht.
Er ritt die Ebene hinunter und ließ den Fluß in sicherer
Entfernung im Osten liegen. Die Doppeltürme von Kastell
di Caela ragten eine Zeitlang im diesigen Osten auf, doch
Sturm hatte nicht den Wunsch, dorthin zurückzukehren. Er
galoppierte weiter, an Burg Thelgard vorbei über die Grenze nach Südland, wo ihn ein Tagesritt nach Kargod und an
die See brachte. Die ganze Zeit wartete er sehnsüchtig auf
eine Musik, die jedoch nie erklang.
Die Rüstung ließ er sicher versteckt in ihrer Stoffhülle, bis
er auf der Straße von Schallmeer war. Es war, wie Raistlin
gesagt hatte: Der Norden konnte einen bei lebendigem Leibe fressen. Solamnia war eine gefährliche Gegend für Solamnier, und noch gefährlicher für den strengen, bedrängten Orden.
Er blickte nicht zurück, als er aufs Meer fuhr.
Nachdem er am nordöstlichen Zipfel von Abanasinia an
Land gegangen war, war die Reise einfach, denn die vertrauten Landmarken erhoben sich wie Nebel oder Musik
über einer fernen Ebene. Da waren die Berge – das hügelige
Ostwall-Gebirge und dahinter der schroffe Kharolis –, und
einmal sah er auch ganz am Westhorizont einen Stamm aus
den Ebenen mit seiner geheimen Magie in den Sonnenuntergang ziehen.
»Heimat«, flüsterte er und bemühte sich, etwas Heimatliches zu spüren – Sehnsucht oder einen tiefen, brennenden
Schmerz. Er fühlte keine derart romantischen Dinge. Lediglich Vertrautheit überkam ihn. All das hatte er schon einmal gesehen, und von hier an konnte er sich nicht mehr
verirren.
Er war nirgends daheim, entschied er. Nicht in Solamnia.
Nicht hier.
Heimkehren bedeutete allerdings frohes Wiedersehen.
Als Sturm nach Solace kam, stand Caramon mit Hammer
und Nägeln auf dem Dorfplatz und legte gerade letzte
Hand an ein komisches Gerüst, eine Bühne.
Caramons Begrüßung war kurz und begeistert. Nachdem
er sich aus der Umarmung des hünenhaften Mannes gewunden hatte, rieb Sturm sich die Schulter und begutachtete das Werk.
»Ist für Raist«, erklärte Caramon stolz, während er sich
ohne Umschweife ins Gras setzte und nach einem Wasserkrug griff. »Damit wir ein bißchen Reisegeld verdienen.«
Der große Mann zwinkerte und imitierte mit den Fingern
unschuldig einen gerissenen Kaufmann.
»Wie aufregend«, sagte Sturm, der seinen alten Freund
ernst ansah. »Und wo soll die Reise hingehen, Caramon?«
»Zu den Türmen der Erzmagier«, flüsterte Caramon, der
Sturm näher heranwinkte. »In den Wald von Wayreth. Zur
ersten großen Zauberprüfung für meinen Bruder.«
»Muß man dahin nicht… eingeladen werden, Caramon?«
»Das ist es ja gerade, Sturm«, erwiderte der große Mann.
»Raistlin ist eingeladen. Man hat ihn lange geprüft und hält
ihn für geeignet!«
Caramon nickte strahlend zum anderen Ende des Platzes. Dort drehte sich im funkelnden Sonnenlicht eine
schmale, murmelnde Gestalt in roten Roben, auf deren
Händen und Kleidern dunkle Vögel tanzten.
Geprüft und als geeignet befunden? Sturm sah dem jungen Zauberer nachdenklich beim Üben zu. Taschenspielereien, wahrscheinlich, und vielleicht ein Haufen Spiegel
und Rauch. Wenn man sich weiterwagt, ist es nicht mehr so
einfach, denn die ganze grüne Welt ist trügerisch, und aus
Orten jenseits deiner Vorstellungskraft pfeift sie dir eine
geheimnisvolle Musik vor.
Es ist eine Musik, die mich fast umgebracht hätte. Aber
trotzdem habe ich immer noch Eid und Maßstab.
Sturm runzelte die Stirn. Dieser Gedanke war nicht gerade tröstlich.
Aber ich hätte anderes haben können, wenn ich gewollt
hätte. Da draußen muß man wählen, Raistlin. Und das beste an der Zauberkunst ist, daß du wählen kannst.
Letzten Endes kannst du immer wählen. Ich hoffe, du
wählst ehrenhaft.
Ohne das Eintreffen seines alten Freundes zu bemerken,
streckte der junge Zauberer die Arme aus. Er zitterte im
Frühlingswind, als eine Wolke vor die Sonne zog, und kletterte die Stufen der eben fertiggestellten Bühne hoch. Für
Sturm war es wie ein Geburtstagsspielchen, wie die Zauberschau eines schlauen Kindes, als Flaschen, Vögel und
blaues Feuer durch die Luft wirbelten und verschwanden.
Bald hatte sich eine Zuschauermenge versammelt. Bewohner aus Solace, Bauern aus dem Umland, selbst ein oder zwei
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