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Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Titel: Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams
Autoren: Das Siegel des Verraters
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begutachten.
»Aber was war mit Fürst Stephan, Reza?« fragte Sturm.
»Erst mal zu Meister Derek«, drängte Reza schlau und
zwinkerte Sturm zu.
»Na schön. Du weißt, da kann ich nicht widerstehen.
Was passierte Derek?«
»Ist gegen einen Baum gelaufen.«
»Gegen einen Baum?«
»Einen Dornbaum. Meister Derek sagt, er hätte ihn angesprungen, bevor er sein Pferd anhalten konnte. Ein niedriger Ast hat ihn am Kinn erwischt, und das nächste, was er
weiß, ist, wie er in der Krankenstation im Turm aufwacht –
zwei Tage später.«
Sturm hätte am liebsten laut gelacht. Das wog beinahe
die Trauer über seine Niederlage und seinen Abschied auf.
»Aber, Reza«, beharrte er, als er wieder ernst wurde und
Luin seine Sachen auf den Rücken schnallte, »was war
denn nun mit Fürst Stephan? Es macht mich traurig, daß
ich ihm nicht auf Wiedersehen sagen kann.«
»Das war völlig verrückt«, sagte der Diener. Er taumelte
unter dem Gewicht der Rüstung, bis Sturm sie ihm abnahm
und auf die Stute lud. »Denn die ganze Zeit spielte Musik.«
»Musik!« rief Sturm erschrocken aus.
»Wir haben sie alle gehört, aber keiner wußte, wo sie
herkam.«
Sturm runzelte die Stirn. Er wollte etwas sagen, schwieg
jedoch, als der alte Reza weiter schwatzte.
»Sie war überall. War eine Flöte, und alle Zweige wiegten sich zu der Melodie, und alle Vögel piepsten mit. Es
dauerte eine Minute, da antwortete Fürst Stephan schon
mit diesem abgegriffenen, alten Jagdhorn, und zum ersten
Mal klang es wie ein Musikinstrument, und die Vögel antworteten auch auf das Horn.
Dann tat sich ein grüner Pfad in den Wald auf. Ich habe
ihn gesehen. Er fing gleich vor meinen Füßen an. Hat sich
zwischen den Bäumen durchgeschlängelt wie ein Teppich
zum Podest bei einer Krönung. Fürst Stephan fangt an zu
lachen, als hätte ihn der rote Mond erwischt. ›Endlich!‹ sagt
er dann. ›Endlich doch noch etwas!‹ Und reitet den Pfad
runter und lacht wie ein Irrer.«
»Hat denn keiner versucht – «, fing Sturm an, doch der
alte Diener wollte unbedingt seine Geschichte zu Ende
bringen.
»Als er davongaloppiert, sprießt es grün aus seiner Rüstung, und er lacht, und sein altes Lachen übertönt das Vogelgezwitscher und die Flöten. Fürst Alfred setzt ihm nach
und will ihn überholen und das Pferd zügeln, aber Fürst
Stephan wehrt ihn ab und sagt: ›Nein‹, sagt er. ›Nein. Darauf warte ich seit Jahren‹, und lacht und lenkt sein Pferd in
dieses dichte Eichenwäldchen, und es war, als hätten sich
die Bäume vor ihm geöffnet, um ihn einzulassen, und dann
wieder so schön und still geschlossen, daß der Wald genauso aussah wie immer, als wir ankamen. Den ganzen
Nachmittag haben wir Fürst Stephan gesucht, gerufen und
die Hunde losgelassen, aber die paar, die der Wald nicht
verschluckt hatte und die nicht weggerannt waren, waren
inzwischen etwas schreckhaft, wie Ihr Euch vielleicht vorstellen könnt…«
Sturm nickte gedankenverloren und stellte sich Fürst
Stephan vor. Es war eine verrückte Geschichte, aber wie so
viele verrückte Geschichten, die er gehört hatte, kam sie
ihm irgendwie vertraut vor. Er würde das Verschwinden
von Fürst Stephan Peres nicht betrauern, hatte noch nicht
einmal vor, nach dem alten Mann zu suchen. Es lag etwas
Weises in seinem Abgang, als hätte sich Fürst Stephan
plötzlich umgesehen und festgestellt, daß er den Orden
überlebt hatte.
Reza erzählte noch den Rest – all die Verwicklungen, wie
jeder jeden für das Unglück im Wildpark verantwortlich
gemacht hatte. Als Sturm sich in den Sattel schwang, trat er
zurück.
»Nicht wenige von uns, Meister Sturm«, sagte der Alte,
der Luin beruhigend die Flanke klopfte, »freuen sich auf
ihr fünfundachtzigstes Jahr. Wer weiß, was es bringt?«
»Ich hoffe, meines wird so sein wie das von Fürst Stephan Peres«, entgegnete Sturm und lenkte Luin zum
Tor.Sturm war schon zwei Tage nach Solace unterwegs.
Durch die Verkhus-Hügel ritt er auf demselben Weg in die
Solamnische Ebene wie vor zwei Wochen, einem Jahr, einem ganzen Leben. Begleitet wurde er nur von dem wachsenden Gefühl, etwas verloren zu haben – etwas Unwiederbringliches, das wie eine nur halb erinnerte Melodie in
den Tiefen seines Gedächtnisses schlummerte.
Jetzt bedeutete der Hartwald ihm etwas, als er südlich
daran vorbeiritt. Grün und ordentlich schimmerte er am
Horizont, und einen kurzen Augenblick dachte Sturm daran, nach Norden zu ziehen und das kleine Gebiet nach dem
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