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Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch
Autoren: John Burdett
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ich auch Liebe.« Es vergeht eine Weile, bis er weiterspricht. »Hinterher verwöhnte sie mich immer, kaufte mir ein Motorrad oder irgendein anderes teures Geschenk. Einmal hatte sie so viel verdient, dass sie mir eine Harley-Davidson Fat Boy spendierte – als das Geld ein paar Monate später knapp wurde, mussten wir sie verkaufen. Sie versicherte mir immer wieder, nur unsere Liebe halte sie aufrecht, sie könnte nicht weiter im Gewerbe bleiben und mich unterstützen, wenn sie mich nicht mehr als Basis hätte.« Er sieht mich neugierig an. »Wie war das eigentlich bei Ihrer Mutter? Hat die Sie auch immer gefragt, ob Sie sie wirklich lieben?«
    »Tja, die Phase haben wir durchgemacht, ja.« Paris, der alte Truffaut schnarchend unter der Seidenbettdecke in seinem riesigen Belle-Epoque-Schlafzimmer, Nong verlegen darüber, dass sie sich auf einen so alten Mann eingelassen hatte: Du liebst mich doch, Sonchai, oder? Und du vergibst deiner Mutter, nicht wahr?
    »Aber sie hat Sie nie verführt?«
    »Nong? Nein. Das könnte ich mir gar nicht vorstellen.«
    »Seit meinem fünfzehnten Lebensjahr hörte ich immer wieder die gleichen Worte: Wenn du mich verlässt, bringe ich mich um. «
    Als die Hitze unerträglich zu werden beginnt, treten Schweißperlen auf seine braune Haut. Mein Gott, wie dumm von mir: Natürlich brauchte sie einen echten Partner, um durchzuhalten. Aber er musste irgendwie behindert sein, ein Gebrechen haben. Rückblende: Einmal schlenderte ich Hand in Hand mit ihr die Sukhumvit entlang und stolperte über einen Gullydeckel – so etwas passiert nur, wenn man verliebt ist. Ein paar Tage lang humpelte ich. Eigentlich hatte ich erwartet, dass Damrong mich verachten würde, doch das genaue Gegenteil trat ein. Sie kümmerte sich rührend um mich, massierte meinen Knöchel mitten auf der Straße, demonstrierte mir, hilflos, wie ich war, ihre Liebe – eine Kostprobe aus ihrem Verführungsrepertoire. »Verstehe.«
    »Vielleicht doch nicht. Sie bereiste achtzehn Monate lang die Schweiz und verdiente dort jede Menge Geld.«
    Er schweigt kurz. »Am Ende war ich derjenige, der es nicht mehr aushielt, ganz einfach. Ich rauchte zu viel yaa baa, fing an, damit zu handeln, wurde erwischt. Sie musste nach Hause kommen, um die Polizisten zu bestechen, damit die mich aus dem Gefängnis ließen.«
    Er deutet kopfschüttelnd auf die schmale weiße Narbe an seinem linken Handgelenk, das Pendant zu der am Arm seiner Schwester. »Kindische Dritte-Welt-Dramatik – aber das Blut war echt. Wir schworen, wenn nötig, füreinander zu sterben. Sie versprach, mich nie mehr so lange allein zu lassen. Ich sagte, ich würde mich bessern, eine gute, von ihr ausgewählte Schule in Bangkok besuchen, Englisch lernen – dann könnte ich mich um sie kümmern, wenn sie mit Ende zwanzig ausgebrannt wäre, und die Schuld begleichen: gatdanyu. Darum ging es von Anfang an.«
    »Aber Sie ließen sich ordinieren.«
    Er reibt sich die Augen. »Sie versuchte tatsächlich, mich regelmäßiger zu besuchen, aber dann bekam sie das Angebot, in Amerika zu arbeiten, und sie wollte das Geld. Über irgendwelche dubiosen Verbindungen besorgte sie sich das nötige Visum und blieb zwei Jahre fort. Ich war mittlerweile Anfang zwanzig und hatte einen Universitätsabschluss in Soziologie. Ich glaube nicht, dass sie wusste, wie wenig mir der nützen würde.« Er sieht mir in die Augen. »Mir war klar, dass ich mit meiner Vorgeschichte nie in der Lage wäre zu arbeiten, aber mit den Drogen wollte ich auch nicht wieder anfangen. Also tat ich, was jeder junge Thai oder Khmer in so einer Situation tun würde: Ich flüchtete mich in Buddha, Dharma und Sangha. Doch der thailändische Sangha nahm mich wegen meiner kriminellen Vergangenheit nicht auf, also reiste ich in die kambodschanische Gangsterstadt Poipet, aus der unsere Eltern stammten und wo niemand nach Gefängnisaufenthalten fragt. Als ich ihr meine Entscheidung per E-Mail mitteilte, hatte sie nichts dagegen, weil sie glaubte, dass ich die Mönchsrobe spätestens nach einem Monat gelangweilt wieder ablegen würde. Das tat ich übrigens auch.«
    »Ach.«
    »Ja, ach.«
    »Sie stellten also fest, dass Sie wie geschaffen waren für das Mönchsleben.«
    »Alle sagten das, vom Abt bis zu meinem Meditationsmeister. Der Junge ist seit Jahrtausenden unterwegs, immer mit dem Buddhismus flirtend, aber nie den letzten Schritt wagend, war ihr Urteil. Mir fiel vipassana so leicht; ich konnte schon nach einer Woche eine volle
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