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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
Autoren: Raimund Fellinger
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über die weiteren 15 Exemplare.
    Mit herzlichen Grüßen
    Ihr
    Siegfried Unseld
    1   Am 6. Dezember 1965 wird Amras , Band 142 der edition suhrkamp, an den Buchhandel ausgeliefert.

[19; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉; Briefpapier des Suhrkamp Verlags]
     
    Frankfurt am Main
    16. Dezember 1965
    Lieber Herr Bernhard,
    ja, man müßte Fuchs sein, einen Fuchsbau haben, solche Briefe und solche Erzählungen und hoffentlich nun auch einen guten Roman schreiben können, das wär’s . . . Weihnachten, skifahrenderweise, gedenke ich Ihrer – und das soll keine Floskel sein.
    Die zehn Exemplare »Amras« gehen Ihnen zu.
    Alles Gute
    Ihr
    Siegfried Unseld

1966
     

[21; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    25. Januar 1966
    Lieber Herr Bernhard,
    Ihr Brief vom 22. Januar hat mich gefreut. Mir bleibt nur übrig, Ihnen alles Gute zu einem definitiven Abschluß des Manuskripts zu wünschen. Sie träfen in eine gute Situation. Im Herbst werden von wichtigen Autoren lediglich zwei Romane vorliegen: Böll und Walser, 1 so daß also Raum genug für ein drittes wichtiges Buch wäre, und Sie dürfen sich darauf verlassen, daß wir es als ein solches ansehen werden.
    Dies nur als Zuruf. Ich wünsche Ihnen alles Gute.
    Ihr
    Siegfried Unseld
    1   1966 publiziert Martin Walser den Roman Das Einhorn , Heinrich Böll die Erzählung Ende einer Dienstfahrt .

[22; handschriftlich]
     
    Lovran
    19. 4. 66 1
    Lieber Herr Dr. Unseld,
    da ich die Wahl habe, jetzt ein zuendegehetztes, in 2/3 Monaten aber ein gutes, mir Spaß machendes Buch abzuliefern, muß ich auf den Herbsttermin verzichten. Da ich den besten Verleger in Deutschland meinen eigenen nennen darf, werde ich, obwohl ich wortbrüchig bin, auf den Grad von Verständnis hoffen können, den ich mir wünsche.
    Ich könnte mir die Schnelligkeit, mit welcher ich den Roman fertigzustellen hätte, nie verzeihen u. mir – einmal, später – der Verlag auch nicht. Das ist eine Hiobsbotschaft, was die Technik des Buchmachens betrifft, ich weiß. Aber ich kann, selbst auf die größte Gefahr hin, nicht anders handeln. Ich bin ein Opfer meiner Vernunft. Ich verabscheue das Gefühl, das ohne Vernunft immer nur Gefühl oder Gefühl u. Geschmack ist.
    Ich arbeite im Hinblick auf unser beider beste Konstellation.
    Ich bin, was den Termin betrifft, vorlaut-eilig, gewesen – aber möglicherweise werden Sie nach einer kurzen Frist des Zorns gegen mich, die ich Ihnen zugestehe, sofort einsehen, daß der Entschluß, das Buch erst im Frühjahr (mein Glückstermin übrigens) zu bringen, nützlich ist. Um Sie nicht auf die Länge [[?]] hinaus, mich betreffend, in der Luft hängen zu lassen, werde ich Ihnen einmal ein Stück, sagen wir ein Drittel des Buchs, schicken. Im übrigen bitte ich Sie, mich so zu beurteilen, wie es Ihnen tatsächlich gerecht erscheinen muß.
    Es nutzt Ihnen wenig, wenn ich Ihnen sage, daß ich Ihnen die Hand drücken möchte.
    Für den Herbst bitte ich Sie, in der edition 9 Erzählungen zu drucken – es ist ganz gut, wenn sie allein erscheinen – im anderen Fall hätte ein Buch dem andern das Kritikerwasser abgegraben.
    Noch etwas. Was Ihr gutes Geld betrifft, so habe ich es so gut angelegt, daß nichts passieren kann.
    Und noch etwas:
    Ich habe, was meine Arbeit betrifft, doch das beste Gefühl u. zudem meine es stützenden Vernunftgründe. Bleibe ich gesund, woran ich nicht zweifle, ist alles in bester Ordnung. Ich mache es Ihnen schwer, so wie ich mir selber alles schwer u. immer noch schwerer mache. Darin besteht aber das einzige wirkliche Vergnügen am Leben.
    Ich hasse schlechte Bücher, für ein gutes aber stieße ich ohne weiteres die Hälfte von meinem Vaterland in den Abgrund.
    Ich bin jetzt doppelt so stark als vorher,
    Ihr
    Thomas Bernhard.
    1   Th. B. hält sich mit Hedwig Stavianicek zwischen dem 12. und 20. April 1966 in Lovran auf.

[23; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    9. Mai 1966
    Lieber Herr Bernhard,
    Ihren Brief vom 19. April las ich nach meiner Amerika-Reise, bei der ich mich – insbesondere bei gewissen schwachen Lesungen von der Gruppe 47 — fragte, warum Sie eigentlich nicht Teilnehmer solcher Tagungen sind, aber vielleicht ist in der Tat der Wert für Sie zu gering. Peter Handke hat sich glänzend geschlagen und sich noch einen Namen gemacht. 1
    Was soll ich wohl nun zu unserem gemeinsamen Problem sagen? Ihr Argument ist ja überzeugend, und lieber warte ich auf ein gutes Manuskript, als ein schlechtes zu drucken.
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