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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander
Autoren: Alexander Kent
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geben, die sich Ihr Vertrauen erschleichen wollen.« Er zögerte, sprach dann aber weiter, weil er es für wichtig hielt. »Manche könnten Ihrem Onkel übelwollen. Fällen Sie deshalb kein Urteil in Dingen, die Sie nicht ändern können. Andernfalls wäre es besser für Sie beide, wenn Sie sich umgehend an Land bringen ließen und den Hafenadmiral von Spithead um Ihre Versetzung bäten.«
    Wieder lächelte Pascoe: »Ich danke Ihnen, Sir. Das habe ich verdient. Aber ich würde meinen Onkel niemals im Stich lassen, weder jetzt noch in Zukunft. Er bedeutet mir viel.«
    Keen nahm den ungewöhnlichen Gefühlsausbruch des jungen Leutnants gelassen auf. Pascoes Geschichte war ihm größtenteils bekannt: unehelich geboren, war er der Sohn von Bolithos totem Bruder Hugh, einem Abtrünnigen und Verräter, der sich auf die Seite der amerikanischen Rebellen geschlagen und einen feindlichen Freibeuter befehligt hatte – mindestens ebenso kühn wie John Paul Jones. Für Bolitho mußte das eine große Belastung sein, und auch für diesen jungen Offizier, den seine sterbende Mutter ausgeschickt hatte, seinen einzigen Onkel zu suchen, als letzte Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
    Leise sagte Keen: »Ich verstehe schon. Vielleicht besser, als Sie glauben.«
    Der Midshipman der Wache hastete quer übers Deck auf sie zu und grüßte nervös. Keen erinnerte sich, daß auch er neu angemustert hatte. »Sir, da legt ein Boot von der Werft ab«, stammelte der Junge.
    Keen spähte durch das Gitter der Webeleinen.
    Ein werfteigenes Boot pullte bereits auf den verankerten Zweidecker zu. Keen sah Sonnenlicht von Goldepauletten und Zweispitz reflektieren und wurde von Panik gepackt. Typisch Bolitho, daß er es nicht abwarten konnte, bis ihn sein eigenes Boot abholen kam. Also hatte er es eilig, den Auftrag anzupacken, ob der ihm nun behagte oder nicht.
    Mit unbewegtem Gesicht sagte er zu dem Jungen: »Empfehlung an den Offizier der Wache, Mr. – äh…«
    »Puxley, Sir.«
    »Also, Mr. Puxley, pfeifen Sie die Ehrenwache an die Pforte.« Er packte den Jungen, der zur Achterdecksleiter rennen wollte, und fügte hinzu: »Gehen, Mr. Puxley, nicht rennen!«
    Pascoe wandte sich ab, um ein Grinsen zu verbergen. Genau das hatte Bolitho wahrscheinlich zu Keen gesagt, als dieser noch ein kleiner Kadett gewesen war. Er selbst hatte es oft genug zu hören bekommen.
    Als die Bootsmannsgehilfen durch die Decks eilten und ihre Pfeifen zwitschern ließen, stapften die Marinesoldaten zur Eingangspforte; ihre roten Uniformröcke mit den gekreuzten weißen Brustriemen leuchteten bunt aus dem Gewühl der Matrosen.
    Keen winkte den wachhabenden Offizier heran und sagte unwirsch: »Vielleicht, Mr. Mountsteven, machen Sie sich künftig die Mühe, rechtzeitig nach Ihren Vorgesetzten Ausschau zu halten.«
    Pascoe drückte den Hut fester auf sein rebellisches Haar. Auch das hätte Bolitho genauso gesagt.
    Keen schritt zur Pforte und blickte dem Boot entgegen. Im Heck konnte er Bolitho sitzen sehen, den alten Säbel zwischen den Knien.
    Wenn er ohne die ehrwürdige Familienwaffe an Bord gekommen wäre, hätte Keen das als Sakrileg empfunden.
    Und da war auch Allday; vierschrötig und wachsam, musterte er die Bootscrew mit angewidertem Blick. Wie hatte der Ehrenwerte Oliver Browne; Pascoes Vorgänger, ihr altes Geschwader bezeichnet? Als ›happy few‹, eine kleine Schar Auserwählter. Klein war die Schar gewiß geworden. Keen sah zu der großen roten Nationalflagge am Heck zurück, die nur hin und wieder auswehte. Aber die wenigen waren genug.
    Auch der Erste Offizier der
Achates,
ein hochgewachsener, breitgesichtiger Mann von der Insel Man, beobachtete das Boot. »Alles klar zum Empfang, Sir«, sagte er.
    »Danke, Mr. Quantock.«
    Keen hatte sich in seinen ersten Wochen an Bord, während das Schiff überholt wurde, mit Vorsicht durch die Listen, Stammrollen und Logbücher gearbeitet. Zwar unterstand nicht zum erstenmal ein Schiff seinem Befehl, aber für diese Mannschaft war er ein unbeschriebenes Blatt. Ehe er sich nicht ihre Achtung errungen hatte, setzte er nichts als selbstverständlich voraus.
    Der Erste Offizier sah kurz .nach vorn zum Signalfähnrich am Fuß des Fockmasts und sagte leise, wie zu sich selbst: »Ich wette, das alte Käthchen hat nie damit gerechnet, noch einmal Flaggschiff zu werden.«
    Keen mußte lächeln. Da hatte er etwas Neues erfahren. Das alte Käthchen? Ein Schiff, dem seine Leute einen solchen Kosenamen gaben, mußte ein gutes Schiff
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