Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
Felipe aus, auf dem direkten Weg.«
    Wie gut konnte er sich Duncans rotes, gegerbtes Gesicht vorstellen, wenn er seine Order las! Auch er mußte froh sein, mit seiner Fregatte in See gehen zu können, bevor sie ihm unter den Füßen weg eingemottet wurde. Duncan hatte ebenso wie Keen zu seinem alten Geschwader gehört. Die beiden waren wie verlängerte Arme für ihn.
    Aber an eines konnte er sich nur schwer gewöhnen: daß er nicht mehr auf die schriftlichen Befehle seines vorgesetzten Flaggoffiziers zu warten brauchte. Über die Ungewißheit seiner Rolle oder die Unfairness seiner Aufgabe mußte er sich nicht mehr grämen. Jetzt lag die Entscheidung allein bei ihm, wann und wie zu handeln war. Und mit der Entscheidung auch die volle Verantwortung.
    Er fügte hinzu: »Duncans Anwesenheit könnte den Schock der Bewohner von San Felipe etwas mildern. Ich bezweifle, daß der Gouverneur derselben Meinung ist wie das Parlament.«
    Ozzard kam herbeigetrippelt und wartete, bis Bolitho ihn zur Kenntnis nahm. Er erinnerte an einen eifrigen Maulwurf, wie er so seine Hände vor der Brust baumeln ließ.
    »Bitte um Entschuldigung, Captain«, sagte er zu Keen, »doch der Erste Offizier läßt sich empfehlen und Ihnen melden, daß der Wind umgesprungen, aber immer noch sehr leicht ist.«
    Keen grinste zu Bolitho hinüber. »Ich habe ihm gesagt, er soll mich gleich verständigen. Es ist nur ein Hauch, aber wenigstens können wir jetzt den Anker ausbrechen. Mit Ihrer Erlaubnis, Sir?«
    Bolitho nickte, von der Erregung angesteckt. »Yovell, bringen Sie meine Depeschen zum Werftboot, das längsseits liegt.«
    Er sah den Sekretär seinen letzten Brief an Belinda mit besonderer Sorgfalt davontragen. Den würde sie lesen, wenn die
Achates
den Lizard passierte, unterwegs zu den langen Rollern des Atlantik.
    Durch das offene Skylight konnte er Keens Stimme hören, das Trillern der Bootsmannspfeifen und das Klatschen nackter Füße auf trockenen Planken; die Seeleute hasteten auf Stationen.
    Bolitho zwang sich, weiter ruhig sitzen zu bleiben und Kaffee zu schlürfen. Keen hatte genug am Hals, wenn er das für ihn neue Schiff zum erstenmal in Fahrt brachte, weg vom bedrohlichen Land. Dabei konnte er keinen Admiral brauchen, der ihm über die Schulter sah.
    Wie oft hatte er selbst an der Querreling des Hüttendecks gestanden, voll Hoffnung und mit erregt klopfendem Herzen, während er sich den Kopf zermarterte, ob er nicht etwas vergessen hatte, für das es jetzt ohnehin zu spät war.
    Taljen knarrten. Tauwerk quietschte in unzähligen Blöcken, und ganz schwach, scheinbar von weither, hörte Bolitho die Fiedel wimmern, auf der ein Shantyman den arbeitenden Matrosen den Takt angab.
    Keuchend kam Yovell zurück. »Alle Depeschen unterwegs zur Küste, Sir«, meldete er mit seinem weichen Devon-Akzent.
    Auch Keen trat wieder ein, den Hut unter den Arm geklemmt.
    »Anker ist kurzstag, Sir. Würden Sie mir vielleicht an Deck Gesellschaft leisten? Es täte den Leuten gut. Sie jetzt in ihrer Mitte zu sehen.«
    Bolitho dankte ihm lächelnd, und dann fiel Keens Blick auf Pascoe.
    »Eines verstehe ich nicht, Sir. Gerade eben wurde durch Kurier dieser Brief für den Flaggleutnant gebracht. Er kam gerade noch rechtzeitig.«
    Auch Bolitho sah jetzt seinen Neffen an. Der Augenblick war da, den er bisher aufgeschoben hatte, aber sie mußten die leichte Brise zum Auslaufen nutzen. Er merkte, daß Yovell ihn anstrahlte, und begann sich plötzlich zu fragen, ob er das Richtige tat.
    Zu Keen sagte er: »Ich komme gleich an Deck, Kapitän Keen.«
    Dann nahm er den versiegelten Brief zur Hand und vergewisserte sich, daß es der richtige war. Ein Griff nach seinem Hut, den Ozzard ihm hinhielt, und er schritt mit Keen zur Tür.
    »Wahrscheinlich ein dummes Versehen, Sir«, meinte Keen.
    Doch im Vorbeigehen drückte Bolitho seinem Neffen den Brief in die Hand. »Ich bin oben, wenn du mich brauchst«, sagte er dabei.
    Verwirrt begleitete Keen seinen Vizeadmiral aus dem Schatten des Hüttendecks hinaus und an dem großen Doppelrad vorbei, wo die Rudergänger und der Steuermannsmaat gespannt darauf warteten, daß der Anker ausbrach.
    Überall wimmelte es von Matrosen und Soldaten. Die Toppgasten waren längst aufgeentert und hingen wie Affen auf den oberen Rahen, um die lose aufgegeiten Segel fallen zu lassen. Alle Brassen waren bemannt, und die Decksoffiziere und Maaten beobachteten ihre Abteilungen mit Argusaugen, während das Ankerspill klickte, begleitet vom
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher