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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander
Autoren: Alexander Kent
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bedeutungsvoll, »ein Krieg endet nicht mit dem letzten Schuß. Ihre Lordschaften benötigen für diese Aufgabe einen Mann, der ebenso taktvoll wie tapfer handeln kann. Außerdem hat sie auch ihre guten Seiten: Sie werden hiermit zum Vizeadmiral befördert.« Sein Blick forschte in Bolithos Gesicht nach einer Reaktion. »Damit sind Sie dem Dienstalter nach der jüngste Vizeadmiral in der Navy.« Trocken fügte er hinzu: »Abgesehen natürlich von Nelson, dem Liebling der Nation.«
    So war das also, dachte Bolitho. Sheaffe war eifersüchtig auf jene Männer, die sich die Bewunderung von Freund und Feind errungen hatten. Trotz seines Rangs und seiner Befugnisse beneidete er sie immer noch.
    Vielleicht hatte ihm Bolitho deshalb verschwiegen, daß der wirkliche Grund für sein Zögern die Sorge um Belinda gewesen war, die in wenigen Wochen ihr erstes Kind erwartete. Sheaffe mußte es ohnedies wissen, denn sogar in Londoner Zeitungen waren Artikel erschienen über ihre Hochzeit im Oktober 1801, bei der Bolithos Kameraden die kleine Kirche in Falmouth bis zum Bersten gefüllt hatten. Aber vielleicht war Sheaffe auch darauf neidisch?
    So hatte Bolitho geschwiegen. Wenn Sheaffe von ihm erwartete, daß er ihn beschwor, um einen Aufschub bat, dann hatte er den Mann vor sich noch immer nicht begriffen.
    Bolitho hörte ihre Schritte auf dem gefliesten Boden draußen und straffte die Schultern.
    Sie stand im Gegenlicht, das Gesicht überschattet, aber trotzdem war ihre Schönheit nicht zu übersehen. Niemals würde er sich sattsehen können an ihr, nie die Sehnsucht nach ihr verlieren. Sonnenschein setzte rötliche Lichter in ihr kastanienbraunes Haar und streichelte den schlanken, gebogenen Nacken.
    »Es wird Zeit«, sagte Belinda.
    Ihre Stimme war leise und beherrscht, aber Bolitho wußte, wie schwer ihr dieser Ton fiel.
    Fast wie Hohn wirkten dagegen das muntere Pferdegetrappel draußen auf den Pflastersteinen, die sorglosen Stimmen der Reitknechte. Belinda trat zu ihm und legte ihm beide Hände auf die Schultern. »Ich bin so stolz auf dich, Liebster«, sagte sie. »Mein Mann, der Vizeadmiral…« Ihre Lippen zitterten, ein feuchter Glanz in ihren Augen strafte ihre Worte Lügen.
    Er drückte ihren einst schlanken Körper sanft an sich und spürte das Kind, als sei es schon bei ihnen.
    »Gib gut auf dich acht, wenn ich weg bin, Belinda.«
    Sie lehnte sich in seinen Armen zurück und sah ihm so eindringlich ins Gesicht, als wolle sie sich jeden Zug einprägen.
    »Du bist es, der achtgeben muß. Für mich ist hier gut gesorgt. Alle sind freundlich zu mir, bieten mir Beistand und Hilfe an. Dabei brauche ich nur dich.« Sie schüttelte den Kopf, als er zum Sprechen ansetzte. »Keine Sorge, ich werde nicht schwach. Obwohl du mich verlassen mußt, bin ich glücklich, verstehst du? Jeder Tag der letzten Monate war für mich wie unser erster. Wenn du mich umarmst, spüre ich das wie beim ersten Mal. Ich liebe dich über alles, aber ich wäre eine Närrin, wenn ich mich zwischen dich und die Welt stellen wollte, in der du lebst. Ich kenne doch den Blick, mit dem du die Schiffe beobachtest, wenn sie in die Reede von Carrick einlaufen, dein Gesicht, wenn Thomas oder Allday ein Erlebnis erwähnen, das ich niemals mit dir teilen kann. Bei deiner Heimkehr werde ich dich erwarten, aber bis dahin werden wir uns immer nahe sein.«
    Es klopfte, und Allday trat durch die Tür; seine sonst so leutselige Miene war ernst und unsicher.
    »Alles bereit, Sir.«
    Knorrig wie Eichenholz, verkörperte Allday für Bolitho viel von jener anderen Welt, die Belinda erwähnt hatte. In seinem besten blauen Rock und den Nanking-Breeches war er das Urbild eines Seemanns, jeder Zoll Bootsführer eines Vizeadmirals. Er diente Bolitho, seit dieser ein junger Kapitän gewesen war. Gemeinsam hatten sie Schönes und Schreckliches erlebt, hatten zu gleichen Teilen Leid und Triumph erfahren.
    Als Allday von Bolithos unerwartet früher Beförderung gehört hatte, war sein Kommentar nur gewesen: »Gibt man Ihnen endlich die Flagge im Fockmast, Sir? Wird auch Zeit.«
    »Danke, Allday.«
    Der Bootsführer hielt Bolitho den neuen Uniformrock zum Hineinschlüpfen hin. Da war er, der einst unerreichbare Wunschtraum des kleinen geplagten Leutnants auf Wache, ja selbst noch des jungen Kommandanten auf seinem ersten Schiff.
    Belinda beobachtete ihn, um Haltung bemüht und mit verschränkten Fingern, als hielte sie dahinter ihre Gedanken und Gefühle in Zaum.
    »Du siehst
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