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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch
Autoren: Aufbau
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fort: »Merk würdig , dass ein Gelehrter wie Bruder Donnchad sich ausgerechnet Bruder Gáeth zum Seelenfreund erwählt hatte. Allerdings hat man mir berichtet, seine Haltung gegenüber Bruder Gáeth sei jetzt völlig anders als früher.«
    Der Abt lehnte sich in seinem Armsessel zurück und faltete die Hände. Beide Zeigefinger blieben ausgestreckt, ihre Spitzen berührten sich, und in der Haltung brachte er sie an die Lippen.
    »Wenn ich mich recht erinnere, hast du dich unserer Gemeinschaft angeschlossen, kurz nachdem Donnchad und Cathal sich auf Pilgerfahrt begeben hatten. Schade, dass du sie damals nicht mehr kennengelernt hast. Da lagen dieDinge ganz anders.« Er machte eine Pause und holte Luft. »Überlegen wir einmal, was geschehen ist. Donnchad hat seinen leiblichen Bruder, der auch sein Bruder in Christo war, verloren. Ich sehe noch vor mir, wie die beiden in die Abtei eintraten. Sie waren junge Burschen, stammten aus der Burg über der Furt, die nur wenige Meilen flussabwärts liegt.«
    »Ihre Geschichte ist mir nicht unbekannt, stehen wir doch unter der Schirmherrschaft ihrer Mutter, Lady Eithne auf An Dún«, merkte der Verwalter ungerührt an.
    »Das ist mir durchaus gegenwärtig. Sie ist eine sehr fromme adlige Dame und eine standfeste Verteidigerin des Glaubens. Darüber hinaus lässt sie unserer Gemeinschaft stets ihren Schutz angedeihen.« Abt Iarnla wollte sich von seinen Erinnerungen nicht abbringen lassen. »Ihre Söhne, Cathal und Donnchad, waren außerordentlich kluge Köpfe, Bruder Cathal wurde sogar einer unserer besten Lehrer. Leider wurden ihm seine Klugheit und sein Gelehrtenfleiß zum Verhängnis. Maolochtair, der Stammesfürst der Déisi, der über das Land herrschte, auf dem unsere Abtei steht, neidete ihm sein Wissen und seine Kenntnisse. Deshalb erhob er Klage gegen ihn beim König in Cashel und beschuldigte Cathal, sich magischer Künste zu widmen.«
    »Von der Geschichte habe ich auch gehört. Aber wir wissen alle, Maolochtair war alt und damals bereits geistesverwirrt«, wandte Bruder Lugna ein.
    »Das stimmt durchaus. Doch wer wagte es schon, etwas gegen ihn vorzubringen? Hatte er nicht vor über dreißig Jahren dem Gatten von Lady Eithne nahegelegt, dieses Land, auf dem die Abtei gebaut wurde, unserem Gründervater, dem Heiligen Carthach, zu übereignen? Wir mussten Maolochtair respektieren, obwohl, offen gesagt, sein Geisteszustand tatsächlichnicht mehr der beste war. Er war voller Misstrauen sowohl gegen seine eigene Familie als auch gegen seine Freunde, wähnte, sie alle wollten ihm übel. Wir versuchten Bruder Cathal in Sicherheit zu bringen und übertrugen ihm die Leitung der Kirche und Gemeinde von Sean Raithín, der alten Bergfestung nördlich von hier. Doch Maolochtair ließ nicht locker und verfolgte ihn auch dort mit seinen Anschuldigungen.
    Der verwirrte Stammesfürst setzte beim König in Cashel durch, dass man Cathal gefangennahm, während die gegen ihn erhobenen schweren Vorwürfe überprüft wurden. Der König musste sich ihm beugen, weil Maolochtair mit seiner Großtante verheiratet war. Nur Schwester Fidelma, der Schwester des Königs, war es zu verdanken, dass alle Verdächtigungen gegen Cathal ausgeräumt wurden. Sie riet, den Beschuldigten freizusprechen und ihn mit seinem Bruder, Donnchad, aus dem Bereich des rachsüchtigen Alten weit wegzuschicken, bis der sich aus den irdischen Gefilden verabschiedet hätte.«
    »Ich habe die Geschichte bereits aus Lady Eithnes Mund gehört«, knurrte Bruder Lugna, der seine Gereiztheit kaum verbergen konnte. »Fünf Jahre sind es her, seit Cathal und sein Bruder Donnchad zu ihrer Pilgerfahrt ins Heilige Land aufbrachen. Bald nach ihrer Abreise ist Maolochtair an
delirium tremens
gestorben.«
    »Doch unseren geliebten Brüdern gelang es, das Heilige Land zu erreichen. Was für eine Freude muss sie erfüllt haben, Jerusalem zu erblicken und durch die Straßen zu schreiten, in denen Unser Herr einst wandelte.« Der Abt lächelte vor sich hin, schien sich dieses Freudengefühl auszumalen.
    »Leider währte die Seligkeit nicht lange«, unterbrach BruderLugna. »Auf der Rückreise erlitten sie Schiffbruch vor Süditalien.«
    »Aber unsere Brüder haben überlebt«, warf der Abt ein.
    »Überlebt? In der Tat, sie gehörten zu den wenigen, die das rettende Ufer erreichten, als ihr Schiff auseinanderbrach. Die meisten Mitreisenden, auch die gesamte Mannschaft, sind in den aufgewühlten Wogen umgekommen.«
    »Immerhin wurde Cathal
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