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Der blonde Vampir

Der blonde Vampir

Titel: Der blonde Vampir
Autoren: Christopher Pike
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ich, ohne es gesehen zu haben. Der gute Mr. Riley rief mich vor drei Stunden an und forderte mich auf, in sein Büro zu kommen. Er habe mir einige Dinge mitzuteilen, die für mich von Interesse sein könnten. Es klang ein bißchen wie eine Drohung. Ich spüre Gefühle sehr deutlich, obwohl ich keine Gedanken lesen kann. Ich bin neugierig, als ich in diesem engen und muffigen Eingang stehe. Und ich bin verärgert, was für Mr. Riley nichts Gutes bedeuten mag. Ich klopfe leise an die Tür seines Vorzimmers und öffne sie, bevor er antworten kann.
    »Hallo«, sage ich. Ich klinge nicht gefährlich – schließlich wirke ich trotz allem wie ein normaler Teenager. Ich bleibe neben dem Schreibtisch seiner Sekretärin stehen.
    Mr. Riley sitzt am Schreibtisch in seinem Büro und erhebt sich, als er mich bemerkt. Er trägt ein schäbiges braunes Sportjackett, und mit einem Blick bemerke ich die Ausbeulung, die sein Revolver verursacht, den er links unter der Achsel trägt. Mr. Riley hält mich für gefährlich, registriere ich, und ich werde noch neugieriger. Aber ich glaube nicht, daß er weiß, was ich wirklich bin, denn dann hätte er mich gewiß nicht um ein Treffen gebeten, auch nicht am hellichten Tag.
    »Alisa Perne?« fragt er. Es klingt besorgt.
    Er bedeutet mir näher zu treten. »Bitte kommen Sie herein, und setzen Sie sich.«
»Ja.«
Ich betrete sein Büro, lasse mich aber nicht auf dem angebotenen Stuhl direkt vor seinem Schreibtisch nieder. Statt dessen wähle ich einen Platz an der Wand. Ich will in gerader Linie vor ihm sitzen, für den Fall, daß er eine Waffe auf mich richtet. Wenn er es versuchen sollte, wird er sterben, vielleicht unter Schmerzen.
Er sieht mich an, versucht mich einzuschätzen, was schwierig ist, solange ich nur ruhig dasitze. Er seinerseits hinterläßt jede Menge Eindrücke. Sein Jackett ist nicht nur zerknittert, sondern auch bekleckert – von fettigen Burgern, die er hastig hinuntergeschlungen hat. Mir entgeht nichts. Seine Augen sind rotgerändert, offenbar durch Drogen wie durch Übermüdung. Ich schätze, daß er Speed genommen hat – Medizin, die dafür sorgt, daß er seine Nachforschungen ohne Pause durchhält. Nachforschungen, die mich betreffen? Sicher. In seinen Augen sehe ich ein kleines zufriedenes Funkeln – schließlich hat er seine Jagdbeute endlich gestellt. Fast muß ich über diesen Gedanken lächeln, aber gleichzeitig beunruhigt er mich irgendwie. Das Büro ist vollgestopft, die Luft kühl. Ich mag keine Kälte, obwohl ich selbst einen arktischen Winter ohne Kleidung überleben würde.
»Ich nehme an, Sie fragen sich, warum ich Sie so dringend sprechen wollte«, sagt er.
Ich nicke. Meine Beine sind nicht gekreuzt, eine Hand liegt in meinem Schoß, die andere spielt in meinen Haaren. Linkshänderin, Rechtshänderin – ich bin beides oder nichts.
»Darf ich Sie Alisa nennen?« fragt er.
»Sie können mich nennen, wie Sie wollen, Mr. Riley.«
Der Klang meiner Stimme verwundert ihn, ein wenig zumindest, und ich bin zufrieden mit der Wirkung. Ich könnte klingen wie jeder andere Teenager, aber ich lasse die Vergangenheit in meiner Stimme mitschwingen, die Kraft meiner Erfahrungen. Ich will dafür sorgen, daß Riley nervös bleibt, denn nervöse Menschen sagen oft Dinge, die sie später bedauern.
»Nennen Sie mich Mike«, schlägt er vor. »Hatten Sie Schwierigkeiten, mein Büro zu finden?«
»Nein.«
»Kann ich Ihnen irgend etwas anbieten? Kaffee? Soda?«
»Nein.«
Er blickt auf eine Mappe, die auf dem Schreibtisch liegt, öffnet sie. Er räuspert sich, und wieder höre ich seine Müdigkeit und seine Angst. Fürchtet er sich vor mir? Ich bin nicht sicher. Außer dem Revolver unter seinem Jackett hat er noch eine Waffe. Sie liegt unter einigen Papieren auf der gegenüberliegenden Seite des Schreibtischs. Ich rieche das Pulver in den Patronen, den kalten Stahl. Jede Menge Feuerkraft für ein Treffen mit einem jungen Mädchen. Ich höre ein schwaches Kratzen von Metall, das auf Plastik schabt. Er schneidet unser Gespräch mit.
»Zuerst sollte ich mich Ihnen vorstellen«, erklärt er. »Wie ich schon am Telefon sagte, bin ich Privatdetektiv. Ich bin selbständig und arbeite nur auf eigene Rechnung. Leute kommen zu mir, damit ich verschollene Familienmitglieder aufspüre, riskante Investitionen überprüfe, ihnen Schutz biete, wenn nötig, und ihnen Informationen über jemanden besorge, über den sie gern Näheres wissen wollen.«
Ich lächle. »Und damit Sie Leute
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