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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond
Autoren: Alyson Noël
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ist eben die Liebe, was? Sie macht einen ein bisschen verrückt, ein bisschen impulsiv, ja sogar irrational, findest du nicht auch?«
    Ich kneife die Augen zusammen und habe zwar keine Ahnung, worauf er hinaus will, doch ich weiß, es kann nichts Gutes sein.
    »Trotzdem ist es wirklich erstaunlich, wie schnell du darauf reingefallen bist. Ohne jeden Widerstand. Mal im Ernst, Ever, du hast dich gerade selbst aufgeschlitzt, ohne irgendwelche Fragen zu stellen. Womit ich wieder bei meinem ursprünglichen Punkt wäre, nämlich dass man nie die Macht der Liebe unterschätzen soll - oder war es in deinem Fall vielleicht das schlechte Gewissen? Das weißt nur du selbst.«
    Ich starre ihn an und beginne langsam eine entsetzliche Wahrheit zu begreifen, während mir klar wird, dass ich einen schweren Fehler gemacht habe - und irgendwie überlistet worden bin.
    »Du warst so begierig darauf, dein Leben für seines zu opfern, so überaus bereit, alles zu tun, um ihn zu retten - dass alles ganz reibungslos lief, viel einfacher, als ich erwartet habe. Aber, offen gestanden, weiß ich, was in dir vorgeht. Ich hätte das Gleiche für Drina getan, wenn ich nur Gelegenheit dazu gehabt hätte.« Er funkelt mich an, die Lider so dicht geschlossen, dass seine Augen nur noch zwei wütende Schlitze aus Finsternis sind. »Aber da wir bereits wissen, wie das geendet hat, möchtest du sicher auch wissen, wie das hier endet, oder?«
    Ich sehe abermals zu Damen hinüber, vergewissere mich, dass er noch atmet, und beobachte seinen Schlaf, während Roman weiterspricht. »Ja, er lebt noch, zerbrich dir bloß nicht den hübschen Kopf darüber. Und nur damit du's weißt, er wird höchstwahrscheinlich noch viele, viele, viele Jahre so bleiben. Ich habe nicht vor, ihm erneut nach dem Leben zu trachten, also keine Angst. Im Grunde war es überhaupt nie meine Absicht, einen von euch umzubringen, ganz egal, was du gedacht hast. Aber in aller Fairness muss ich dich doch darauf aufmerksam machen, dass dieses ganze Glück seinen Preis hat.«
    »Was für einen Preis?«, flüstere ich, den Blick starr auf Roman gerichtet, da ich keine Ahnung habe, was er wollen könnte außer Drina, die bereits tot ist. Außerdem - koste es, was es wolle, ich werde den Preis bezahlen. Wenn es heißt, dass ich Damen wiederbekomme, tue ich alles, was verlangt wird.
    »Jetzt hab ich dich verschreckt«, säuselt er und schüttelt den Kopf. »Aber ich habe dir doch schon versichert, dass Damen wieder gesund wird. Ja, sogar mehr als gesund. Er wird in null Komma nichts so gut wie neu sein. Schau ihn dir nur an. Du siehst doch, dass er wieder Farbe gekriegt hat und allmählich zunimmt, oder? Bald wird er wieder der gut aussehende, knackige junge Typ sein, von dem du dir einbildest, ihn so sehr zu lieben, dass du alles tun würdest, um ihn zu retten, ohne irgendwelche Fragen zu stellen.«
    »Komm mal auf den Punkt«, sage ich, während ich ihn nach wie vor fixiere und mich darüber ärgere, dass diese aus dem Ruder gelaufenen Unsterblichen unbedingt jeden Moment im Mittelpunkt stehen müssen.
    »O nein.« Er schüttelt den Kopf. »Ich habe jahrelang auf diesen Augenblick gewartet und lasse mich jetzt nicht hetzen. Weißt du, Damen und ich kennen uns schon sehr lange. Schon aus Florenz, wo alles anfing und wir uns zum ersten Mal gesehen haben.« Als er meinen Gesichtsausdruck sieht, fügt er hinzu: »Ja, ich war auch ein Waisenkind, das jüngste von allen, und als er mich vor der Pest gerettet hat, habe ich ihn wie einen Vater betrachtet.«
    »Womit Drina deine Mutter wäre?«, frage ich, woraufhin sein Blick erst hart und dann wieder weich wird.
    »Kaum.« Er lächelt. »Ich habe Drina geliebt, das gebe ich gerne zu. Ich habe sie von ganzem Herzen geliebt. Genauso, wie du ihn zu lieben glaubst.« Er nickt zu Damen hinüber, der inzwischen wieder so aussieht wie zu der Zeit, als wir uns kennen gelernt haben. »Ich habe sie aus tiefster Seele geliebt und hätte alles für sie getan - ich hätte sie nie verlassen, so wie du ihn.«
    Ich schlucke schwer und weiß, dass ich das verdient habe.
    »Aber es ging immer nur um Damen. Immer. Nur. Um. Damen. Sie hatte nichts anderes im Sinn als ihn. Hat nur ihn gesehen. Bis er dich - zum ersten Mal - kennen gelernt hat und Drina sich mir zugewandt hat.« Er lächelt kurz, aber das vergeht rasch wieder, als er sagt: »Als guten Freund« und das Wort »Freund« quasi ausspuckt. »Und Kameraden. Und damit sie eine starke Schulter hat, an der sie sich
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