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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond
Autoren: Alyson Noël
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Sommerland sogar noch seltsamer aussieht, mit ihrem geisterhaft bleichen Teint, den puppenhaften Gesichtszügen und den großen kohlschwarzen Augen.
    Doch als mein Blick auf Damen fällt und ich sehe, wie er schwer um jeden Atemzug ringt, weiß ich, dass ich zu ihm muss, ganz egal, was sie sagt. Es ist meine Schuld, dass er in diesem Zustand ist. Ich habe ihn verlassen. Ihn zurückgelassen. Ich war dumm und selbstsüchtig und naiv genug zu glauben, dass alles reibungslos klappen würde, nur weil ich es so wollte, und dass Ava sich um alles Unerledigte kümmern werde.
    Ich trete einen Schritt vor, und mein Zeh trifft kurz vor der Grenze auf, als Roman hinter mir hereinkommt und brüllt: »Was zum Teufel hat sie denn hier zu suchen?« Mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen starrt er Rayne an, die immer noch neben Damen kauert.
    »Trau ihm nicht!«, sagt sie, während ihr Blick zwischen uns hin und her schießt. »Er hat die ganze Zeit gewusst, dass ich hier bin.«
    »Ich hatte keine Ahnung! Ich habe dich noch nie im Leben gesehen!« Er schüttelt den Kopf. »Ich meine, tut mir leid, Schätzchen, aber katholische Schulmädchen sind einfach nicht mein Ding. Ich mag lieber ein bisschen handfestere Frauen, wie zum Beispiel die gute Ever.« Er greift nach mir und lässt seine Finger über meinen Rücken wandern, woraufhin mich dermaßen fröstelt, dass ich am liebsten reagieren würde, doch ich lasse es sein. Ich hole nur tief Luft und konzentriere mich stattdessen auf seine andere Hand - die Hand mit dem Gegengift, dem Schlüssel zu Damens Rettung.
    Denn letztlich ist das doch das Einzige, was zählt - alles andere kann warten.
    Ich schnappe mir die Flasche und schraube sie auf. Und gerade als ich Raynes Bannkreis durchbrechen will, legt mir Roman eine Hand auf den Arm und sagt: »Nicht so hastig.«
    Ich halte inne und sehe beide an. Rayne blickt mir direkt in die Augen. »Tu's nicht, Ever!«, warnt sie. »Was auch immer er sagt, hör nicht auf ihn. Hör nur auf mich. Ava hat das Gegengift weggeworfen und ist kurz nachdem du gegangen bist, mit dem Elixier abgehauen, aber zum Glück bin ich noch vor ihm hier eingetroffen.« Sie gestikuliert zu Roman hinüber, und ihre Augen sind wie zornige Punkte aus finsterster Nacht. »Er braucht dich, um den Kreis zu durchbrechen, damit er hinein kann, weil er nicht ohne dich an Damen herankommt. Nur wer dessen würdig ist, erhält Zugang zum Kreis, nur wer gute Absichten hegt. Aber wenn du jetzt hineingehst, folgt dir Roman. Wenn dir also etwas an Damen liegt, wenn du ihn wirklich beschützen willst, dann musst du warten, bis Romy kommt.« »Romy?«
    Rayne nickt. »Sie bringt das Gegengift. Es wird erst bei Einbruch der Nacht fertig sein, da es die Energie des Vollmonds braucht, um vollständig zu sein.«
    Roman schüttelt lachend den Kopf. »Was für ein Gegengift?«, sagt er. »Ich bin der Einzige mit dem Gegengift. Mann, ich bin schließlich derjenige, der das Gift gemacht hat, also was zum Teufel weiß sie schon?« Als er meine verwirrte Miene sieht, fügt er hinzu: »Im Grunde hast du keine Wahl. Wenn du auf die da hörst« - er schnippt mit den Fingern zu Rayne hin -, »muss Damen sterben. Aber wenn du auf mich hörst, stirbt er nicht. Die Rechnung ist ziemlich einfach, oder?«
    Ich blicke Rayne an und sehe, wie sie den Kopf schüttelt und mich beschwört, nicht auf ihn zu hören, sondern auf Romy zu warten und auf den Anbruch der Nacht, der noch Stunden entfernt liegt. Dann mustere ich Damen neben ihr, dessen Atem immer schwerer geht und der im Gesicht jegliche Farbe verloren hat...
    »Und wenn du versuchst, mich reinzulegen?«, sage ich, jetzt wieder ganz auf Roman konzentriert.
    Ich halte den Atem an, als er sagt: »Dann stirbt er.«
    Ich schlucke schwer und blicke zu Boden, unsicher, was ich tun soll. Vertraue ich Roman, dem bösartig gewordenen Unsterblichen, der ja für all das verantwortlich ist? Oder vertraue ich Rayne, dem gruseligen Zwilling mit seinem undurchschaubaren doppelzüngigen Gerede und den nie klar gewordenen Absichten? Aber als ich die Augen zumache und mich auf mein Bauchgefühl konzentriere, da ich weiß, dass es so gut wie nie falsch liegt, auch wenn ich es oft ignoriere, bleibt es zu meiner Enttäuschung still.
    Ich wende den Blick zu Roman, als er erneut zu sprechen anhebt. »Aber wenn ich dich nicht reinlege, stirbt er nicht. Also hast du meiner Meinung nach eigentlich keine andere Wahl.«
    »Hör nicht auf ihn«, warnt Rayne. »Er ist nicht
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