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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser
Autoren: Niklaus Schmid
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Elmar. Ich kenne dich schließlich. Zwar hängst du dich schon richtig rein, wenn du eine Sache anfängst. Aber bis du sie erst mal anfängst
    – also, an und für sich bist du doch bequem.«
    Da war etwas Wahres dran. Vielleicht stand ich ja gar nicht so darauf, Ratten an meinen Hoden zu spüren, Rockern ein Ohr abzuschneiden.
    »Wir haben doch alle gewonnen, Elmar.«
    »Ich nur an Erfahrung.«
    »Nicht nur, Elmar. Dein Honorar.«
    »Ein Scheck?«
    »In bar, du kriegst es auf der Stelle, warte hier.«
    Verena ging ins Haus zurück und ich überlegte mir die Punkte, die ich sie noch fragen wollte.
    Der Besuch vom Finanzamt – hatte sie Skasa veranlasst, nach den unversteuerten zweihunderttausend zu forschen? Und dann das Fax mit der Bordliste – alles, um mich unter Druck zu setzen? Ja, so war es wohl! Auf die Beantwortung meiner Fragen konnte ich verzichten, nicht aber auf das Geld.
    Nach fünf Minuten stand sie wieder neben mir, drückte mir einen braunen Briefumschlag in die Hand und sagte, es sei hier draußen ziemlich frisch und die Gäste würden auf sie warten.
    Ich nahm das Geld, fragte nach der Videokassette und erfuhr, dass sie gelöscht, auf jeden Fall aber verschwunden sei. Wie das Bordbuch der Flamingo-Maschine, wie die Unterlagen über die Flugabrechnungen, wie Sachen eben verschütt gingen beim Umzug von einer alten Staatskanzlei in eine neue, auf dem Weg von Düsseldorf nach Bonn oder von Bonn nach Berlin, da konnte man nichts machen, so was passierte eben; aber wenn dem kleinen Selbstständigen eine Taxirechnung verloren ging oder er sich im Datum vertan hatte – »An dem Tag waren Sie doch laut Flugschein noch auf Ibiza« –, dann standen die Fahnder um sieben Uhr früh auf der Matte.
    Ich wollte wissen, was aus dem tollen Skandalbericht über die Vorgänge bei Flamingo-Jet-Charter geworden war, Kristines Tod und Doras Aufenthalt in dem Institut, und ich hörte, dass die Redaktionen das Material als nicht ausreichend glaubhaft für eine Veröffentlichung erachteten.
    »Nicht glaubhaft? Und die Zeugin?«
    »Dora hat es sich anders überlegt.«
    »Also, alles umsonst?«
    »Natürlich nicht, Elmar. Nur ist es so, dass die Redakteure anstelle der Enthüllungsstory gern einen etwas allgemeineren Bericht bringen würden.«
    Klar, das andere Ibiza, die magische Insel abseits der Diskotheken, Schäfchen unter Feigenbäumen, Hippieromantik hinter Natursteinmauern.
    »Hör mal gut zu, Verena, meine Fotos, was ist damit? Für die Aufnahmen in dem Institut habe ich Kopf und Kragen riskiert.«
    Sie rieb sich die Nase. »Tja, die Fotos – gemäß der neuen Zielrichtung genügen sie nicht ganz den Ansprüchen, Elmar.
    Aber hör mal, du fühlst dich doch auch gar nicht als Fotograf.«
    »Nein, ich fühle mich als Trottel vom Dienst, als das Arbeitspferd, das für Schneider und deinen Ehemann Harro das Postenkarussell in Bewegung gesetzt hat.«
    »Ist doch auch was, Elmar, denk an die vielen Arbeitslosen.
    Du musst dir Sisyphus als relativ glücklichen Menschen vorstellen.«
    Da hatte sie wiederum Recht. Meine Ex war eben klüger als ich, schon immer gewesen. »Von wem ist das Sisyphus-Ding?«
    »Camus, Albert Camus.«
    »Grüß ihn von mir. Kapuste und Rico Skasa auch.« Trottel genügte, ich wollte in Verenas Augen nicht zusätzlich noch als humorlos erscheinen.
    60.
    Die Nachtstunden verbrachte ich damit, einen herabrollenden Felsbrocken immer wieder einen Berg hochzuwälzen. Als ich aufwachte, fühlte ich mich nicht relativ glücklich, sondern ziemlich schlapp und durchgeschwitzt und hatte zudem eine weitere, auch nicht so einfache Aufgabe vor der Brust.
    »Ist ein rabiater Bursche«, erklärte ich Kurt Heisterkamp am Telefon, »außerdem bist du als Polizist gefragt.«
    Gegen Mittag, als Kurt dann endlich Zeit hatte, fuhren wir nach Walsum und ich erklärte ihm, was ich vorhatte.
    Kallmeyer öffnete die Tür, eine Flasche Bier in der Hand, die Fahne flatterte ihm voran.
    »Herr Kallmeyer, das ist Hauptkommissar Heisterkamp von der Duisburger Kripo.«
    »Und?«
    »Ein Taubenfreund, will sich mal Ihre Pokale ansehen«, erklärte ich.
    Während sich Kurt vor der Vitrine aufbaute, ging ich mit Kallmeyer ums Haus. Ich zeigte ihm das Geld, er zählte es, ich nannte die Bedingungen, er nickte, dann gingen wir zurück und ich sagte: »Herr Kallmeyer möchte eine Aussage zum so genannten ›Taubenmord‹ machen.«
    Kurt brachte seine Belehrung an, von wegen zur Wahrheit verpflichtet, und flocht noch ein, dass auch
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