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Der Bestseller

Der Bestseller

Titel: Der Bestseller
Autoren: Robert Carter
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Washington Post. Keine von beiden berichtete über die ABA.
    Im Convention Center ging ich geradewegs zum Stand von Barlow & Company. Es war ein paar Minuten vor neun, und alle waren da, einschließlich Harry Bunter, der dunkle Ringe unter den Augen hatte. Ich fragte mich, ob das auf einen Kater oder eine schlaflose Nacht hindeutete.
    »Alles bereit, Leute?« fragte ich. Mary Sunday und Chezna Newman lächelten und nickten, Toby Finn reckte den Daumen, und Harry zuckte die Schultern und sagte: »Wenn’s sein muß.« Seine Hand zitterte ein wenig, als er die Zigarettenspitze zum Mund führte, um noch ein paar letzte Züge zu machen. Während der Öffnungszeiten der ABA ist das Rauchen streng verboten.
    Für Leute wie Harry, die mit Rechten handeln, ist die ABA ein absolutes Muß geworden. Obgleich der Sinn dieser Veranstaltung eigentlich darin besteht, Bücher zu verkaufen und die aktuellen Neuerscheinungen vorzustellen, tummeln sich hier nicht nur Buchhändler, sondern auch Hunderte von Agenten und ausländischen Verlegern, und das bedeutet, daß morgens, mittags und abends sowohl an den Ständen als auch in den Hotelsuiten Geschäfte gemacht werden. Harry war in erster Linie gekommen, um zu verkaufen, aber auch, um zu sehen, welche Rechte er einkaufen könnte.
    Zum Beispiel die an Herbert Pooles nächstem Buch. Ich mußte mich darum kümmern.
    Die Türen wurden geöffnet, und die Buchhändler stürmten in die Halle. Die Szene hatte Ähnlichkeit mit dem Auftrieb der Stiere in Pamplona. Da kamen sie: Menschen in allen Farben, Größen und Formen. Es ist mir nie gelungen, den gemeinsamen Nenner jener Menschen zu entdecken, die eine Buchhandlung eröffnen, des genus librarium sozusagen, auch wenn mir schon oft durch den Kopf gegangen ist, daß nur Wein- und Blumenhändler sich rühmen dürfen, mit ähnlich kostbaren Waren zu handeln wie Buchhändler.
    Und was für ein buntes Durcheinander es war: Hawaiihemden, T-Shirts in allen Regenbogenfarben, bedruckt mit allen möglichen Firmennamen und Slogans; Herren in gesetztem Alter mit Shorts, weißen Socken und schwarzen Schuhen; Baseballkappen und Strohhüte; Frauen, die Buggies schoben oder ihre Kinder auf dem Rücken trugen, als wären sie Indianerinnen. Andere hatten Einkaufswagen oder kleine Gepäckkarren mitgebracht, um das Werbematerial, das die Verlage bereitgelegt hatten, besser abtransportieren zu können.
    Und was wurde da so freigebig verschenkt? Einkaufstaschen aus Papier und Stoff, Kalender, Plakate, Anstecknadeln mit dem Verlagsnamen oder dem Titel eines Buches, Leseexemplare, Süßigkeiten, Kaffee, Luftballons, Kataloge, Reklamezettel und hier und da sogar Essen. Kleine Aufmerksamkeiten aller Art. Diese Verkaufsmesse präsentierte sich so grell und aufgedreht wie ein Karneval.
    Ich betrachtete den Strom, der sich vorbeiwälzte, und mir fiel auf, wie sehr diese ABA denen der vergangenen Jahre ähnelte. Nur die Stände waren raffinierter und sehr viel aufwendiger geworden. Diese Convention unterschied sich im Maßstab, nicht aber im Stil von ihren Vorgängerinnen. Einige »Stände« großer Verlage waren so groß wie ein New Yorker Studio-Apartment und mit Sofas, Sesseln und verzierten Bücherregalen eingerichtet. Es gab riesige Leuchtreklamen und Fernsehgeräte, die unentwegt dasselbe Video mit Buchumschlägen und grimmig lächelnden Autoren zeigten. Größere und schönere Kulissen, um die Aufmerksamkeit der Buchhändler zu erregen, die wie immer den Verlagsangestellten zahlenmäßig unterlegen waren.
    »Guten Morgen, Nick Barlow.« Aufgeschreckt von einer silberhellen Stimme unmittelbar hinter mir, fuhr ich herum. Es war die junge Frau, mit der Parker Foxcroft am Abend zuvor auf der Party gewesen war. Wie hieß sie noch? Susan...
    »Susan Markham, stimmt’s?«
    »Sie haben ein gutes Gedächtnis, Mr. Barlow.«
    »Nur wenn ich jemandem — oder etwas — begegne, das des Erinnerns wert ist«, sagte ich. »Und nennen Sie mich bitte Nick.«
    Sie lächelte. Ein schönes Lächeln — schnell und freundlich und sehr gewinnend — und bemerkenswerte, aquamarinblaue Augen. An diesem Tag trug sie eine eng sitzende schwarze Hose und ein dazu passendes Oberteil. Ich sah sie noch einmal an, diesmal ohne unter dem Einfluß eines Wodka Martini zu stehen. Sie war sogar noch schöner, als ich sie in Erinnerung hatte.
    »Sie sind nicht an Ihrem Stand?« fragte ich sie.
    »Ich bin sozusagen nicht im Dienst«, antwortete sie. »Man hat mich hierhergeschickt, damit ich sehe,
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