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Der Bestseller

Der Bestseller

Titel: Der Bestseller
Autoren: Robert Carter
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und ein Malakkastöckchen in der Hand. Bevor ich hinuntergegangen war, hatte ich eine Nelke aus dem Blumenstrauß auf dem Couchtisch gezogen und an das Revers gesteckt. Trotzdem hatte ich eigentlich nicht das Gefühl, mich zu sehr herausgeputzt zu haben — außer vielleicht neben Harry Bunter.

    Wir fuhren mit einem Taxi durch den Rock Creek Park, dessen Bäume im Licht der untergehenden Sonne schimmerten, zum Harry T. Thompson Boat Center, dem in der Einladung angegebenen Anlegesteg. Obwohl wir eine halbe Stunde zu früh waren, hatte sich bereits eine ansehnliche Menge eingefunden. Sobald die Gangway geöffnet wurde, gingen wir an Bord.
    Die Queen of the Potomac erinnerte mich an die Fährboote der Circle Line, die auf dem Hudson und dem East River in New York verkehren, nur daß sie in jeder Hinsicht mehr Klasse hatte. An der ersten der beiden Bars wurden wir von einer lebensgroßen Kopie von Eustace Tilley, dem Wahrzeichen des New Yorker, begrüßt, und im vorderen Teil des Schiffes spielte eine Rockband mit deutlichem Calypso-Einschlag: Ich erkannte Arrows Hot Hot Hot — ein Stück, das ebensogut nach Washington wie in die Karibik paßte.
    »Ober- oder Unterdeck?« fragte ich Harry.
    »Unterdeck«, antwortete er. »Hoffentlich werde ich nicht seekrank.«
    Ich bestellte mir einen Stolichnaya-Martini, Harry begnügte sich mit einer Flasche Amstel light. Während wir tranken, warfen wir einen Blick in die Runde, um zu sehen, mit wem wir fraternisieren könnten.
    »Ach ja«, sagte Harry, atmete tief durch und wischte sich den Schaum von der Oberlippe, »ich habe Neuigkeiten für dich, die deinen Appetit verbessern und deine Laune heben werden.«
    »Mit meinem Appetit ist alles in Ordnung«, sagte ich. »Schieß los.«
    »Tja«, begann er, »ein gewisser Bestsellerautor... Entschuldige...« Er zog eine Zigarette aus einer zerknautschten Schachtel, zündete sie an und steckte sie in die Spitze. All dies brauchte eine erhebliche Menge Zeit, wie Mark Twain sagen würde, und ich war ungeduldig und fragte mich, ob diese Zigarettenspitzennummer bloß Harrys Methode war, die Spannung zu erhöhen.
    »Jetzt komm schon, Harry. Welcher Bestsellerautor?«
    Er ignorierte meine Bemerkung, machte ein, zwei Züge und fuhr fort: »Wie gesagt... Du hast doch von Herbert Poole gehört.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Jeder auf diesem Kahn hat von ihm gehört«, antwortete ich. »Der Autor der Nummer eins auf der Bestsellerliste der Times Book Review .«
    Pan im Zwielicht war ein erotischer und zugleich elegant geschriebener Roman, der auch die große Masse der Gelegenheitsleser ansprach. Einige Kritiker hatten ihn als Meisterwerk bezeichnet, doch dieses Wort ist so überstrapaziert, daß ich ihm mißtraue. Man hatte Herbert Poole mit D. H. Lawrence und anderen Verfassern erotischer Romane verglichen. Ich hatte das Buch nicht gelesen. Es wird vermutlich niemanden überraschen, daß Verleger nur wenige Bücher lesen — eigentlich nur die, die sie lesen müssen. Und sie kaufen sogar noch weniger. Sie schnorren sie lieber von ihren Kollegen.
    Einmal habe ich Charles Scribner senior um ein Buch gebeten und ihm als Gegenleistung ein Buch aus unserem Programm versprochen. Ich weiß nicht mehr, welches Buch ich damals haben wollte — wahrscheinlich eins von Hemingway, eines von den vielen, die nach seinem Tod veröffentlicht wurden. Seit seinem Selbstmord sind mehr Hemingway-Romane erschienen als zu seinen Lebzeiten. Für die Scribners und seine Witwe Mary haben sich die postumen Hemingway-Veröffentlichungen zu einer echten Wachstumsindustrie entwickelt.
    »Im allgemeinen halte ich nichts von dieser Praxis«, hatte Charlie gesagt, »aber in Ihrem Fall werde ich eine Ausnahme machen.«
    »Und?« fragte ich Harry. »Was ist mit Herbert Poole?«
    »Ich habe etwas läuten hören«, sagte er. »Ein Freund von mir, der bei Random House arbeitet, hat mir erzählt, daß Poole sich... daß er sich überlegt, ob er als nächstes einen Kriminalroman schreiben soll.«
    »Ahhh.«
    »Und wer wäre besser geeignet, diesen Kriminalroman zu verlegen, als der große Nicholas Barlow, der Herr der Krimis, der König der Thriller?«
    Ich bin seit Jahren nicht mehr rot geworden, und ich wurde es auch diesmal nicht.
    »Zweifellos hat er von deinem Triumph im Mordfall Jordan Walker gehört.«
    »Eigentlich war es mein Bruder Tim, der den Fall gelöst hat.« Ich dachte auch an die Tatsache, daß das Buch über diesen Fall, das wir
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