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Der Bestienhelm

Der Bestienhelm

Titel: Der Bestienhelm
Autoren: Hans Kneifel
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seinem ganzen grässlichen Ausmaß. Hinter ihm murmelte Nottr:
    »Ich habe dich rennen sehen. Ich dachte, ich müsste dir helfen.«
    »Ich kam zu spät!« keuchte Mythor. Die Augen der Bestie waren gelb und glatt und schienen ihn trotzdem warnend anzustarren.
    Elivara war vor Schrecken und Entsetzen halb gelähmt. Mythor streckte die Hand aus und berührte ihre Wange. Der Schlangenkopf, der ihren gesamten Kopf umfasste und nur das Gesicht frei ließ, bewegte sich nicht und lag, einem Helm nicht unähnlich, um ihre Schläfen, den Nacken und über die Schultern. Mythor sagte leise: »Kannst du mich hören, Elivara? Ich bin bei dir.«
    Seine Stimme hatte auf sie eindeutig eine beruhigende Wirkung. Sie senkte die Hände und ballte sie zu Fausten. Dann schüttelte sie vorsichtig den Kopf. Der Bestienhelm bewegte sich mit, aber die Fänge des schlangenähnlichen Fabelwesens bissen nicht zu, der Schlangenkörper zog seine Umklammerung auch nicht weiter zusammen.
    »Wir... müssen. die Stadt verlassen«, flüsterte Elivara.
    »Die Pferde sind bereit«, sagte Nottr heiser.
    Mythor versenkte seinen Blick in die bernsteinfarbenen Augen der jungen Frau und versuchte, ihr etwas von seiner Zuversicht zu vermitteln. »Vielleicht kann Sklutur der Beinerne dir helfen. Es ist eine kurze Fahrt, wenn wir erst dein Boot erreicht haben.«
    »Ja. Wirst du mich begleiten, Mythor? Wie du es versprochen hast?«
    Er merkte voller Erleichterung, dass Elivara bereits versuchte, das schreckliche Erlebnis zu verarbeiten, und sich für die unmittelbare Zukunft interessierte. Mehr und mehr erwachte sie aus ihrer Starre.
    Mythor deutete auf den leeren, dunklen Gang hinaus und sagte: »Nottr! Rasch, bereite alles vor. Pferde, Waffen und Ausrüstung. Ich denke doch, dass Kalathee und Sadagar mit uns reiten werden und du auch?«
    »Sadagar versprach's«, erklärte Nottr. »Kalathee ist bereit, und ich folge dir ohnehin.«
    »Wir sind in kurzer Zeit bei euch. Allerdings wird es fast unmöglich sein, die Stadt zu verlassen.«
    Nottr zuckte die Achseln und rannte aus dem Raum. Mythor wandte sich wieder der Königin zu. »Hester ist in den besten Händen«, kam sie seiner nächsten Frage zuvor. »Niemand wird ihm etwas antun. Um über Nyrngor herrschen zu können, werden selbst die Caer ein Mitglied der königlichen Familie brauchen.«
    Die Königin rechnete also bereits fest damit, dass sie die Stadt nicht würden halten können. Mythor blickte sich um und entdeckte Tücher und Decken auf dem Wandbrett. Elivara richtete sich auf und kam steif aus dem Winkel hervor. Obwohl ihr jeder Schritt schwerfiel und sie sichtlich bemüht war, den Körper der Schlangenkreatur nicht anzurühren, kämpfte sie gegen ihre bemitleidenswerte Lage bewusst an.
    »Niemand darf mich so sehen!« beschwor sie Mythor, der bereits ein großes dunkles Tuch hervorzog. »Wenn sie den Bestienhelm sehen, verlieren sie auch den letzten Mut.«
    »Ich verspreche es dir«, antwortete Mythor und wand aus dem Tuch eine Art Turban um das Schlangenhaupt und den Kopf der jungen Frau. »Ich finde einen Weg, wie du diesen verdammten Schmuck schnell wieder verlieren wirst. Entweder wird uns Sklutur der Beinerne helfen oder Aerinnen.«
    Mythor fand einen langen Mantel und befestigte ihn um ihre Schultern. Dann nahm er sie an den Händen und zog sie in die Mitte des Raumes.
    »Der Caer-Priester?« fragte sie tonlos. Ihre Augen waren dunkel vor Resignation und Schmerz.
    »Derselbe. Auch Schwarze Magie ist nicht für die Ewigkeit gemacht. Erst aber versuchen wir, Schloss Fordmore und das Sechseck der Mauern zu verlassen.«
    Sie atmete schwer. »Wir können die Stadt nur dann verlassen, wenn die Caer eindringen.«
    »Was sehr wahrscheinlich ist«, entgegnete Mythor und zog sie auf den Korridor, »wenn ich die Menge der Caer-Krieger richtig deute, die vor dem Hafentor kämpfen. Es sind Tausende.«
    Die Königin sah aus, als habe sie sich zum Schutz gegen die herbstliche Kälte gekleidet. In der Dunkelheit würde niemand den Bestienhelm und den Schlangenkörper sehen, es sei denn, jemand riss Elivara das Tuch vom Kopf. Und das würde Mythor verhindern. Er blieb am oberen Ende der Freitreppe stehen, und beide konnten sie erkennen, dass die Mitglieder der kleinen Gruppe bereits warteten.
    Elivara zitterte, aber sie zeigte Mythor, dass sie sich weitgehend gefangen hatte. Niemand merkte etwas, als sie neben Mythor die Treppe hinunterschritt und zu den Mägden und Dienern sagte: »Wir versuchen, mit dem Schiff
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