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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)
Autoren: Marina Heib
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Kaminfeuer und hörte das Knacken des Holzes. Er ging zur
Bibliothek. Sein Bruder saß im Ledersessel und las in der Bibel. Als Detering
eintrat, erhob er sich und wandte sich zu ihm. Sie standen sich gegenüber,
sahen sich in die Augen. Die gleichen Augen.
    »Ich verstehe nur Bahnhof«, meinte Eberhard.
    Seufzend holte Anna weiter aus: »Die Deterings hatten zwei Kinder,
Zwillinge. Karl und Wilhelm. Wilhelm stirbt angeblich mit sechs Jahren,
vermutlich aber haben sie ihn weggegeben, möglicherweise verkauft. Carlos sagte
mir, sie hätten Willi nach Holland gebracht. Offiziell war er gestorben. Das
Kind, das bei den Eltern blieb, war Karl. Die Familie zieht nach
Norddeutschland, nach Moordorf, wo sie keiner kennt, wo sie keiner wegen des
angeblichen Todes von Wilhelm bemitleidet. In Moordorf kennen alle nur den
kleinen Karl und wissen nichts von einem Wilhelm. Dort hatte Karl dann einen
Teddy, der hieß Willi, vermutlich in Erinnerung an seinen Zwillingsbruder. Bis
1988 läuft alles, zumindest von außen betrachtet, ganz normal, besser als
normal. Eine mustergültige Familie. Doch Karl wird von seinem Vater mißbraucht.
Permanent. Vermutlich läuft der Mißbrauch schon viele Jahre, ich nehme an, daß
auch der kleine Wilhelm früher mißbraucht wurde. Zuerst von seinen Eltern,
später dann auch von den Leuten, die ihn mit nach Holland nahmen. Denn im Alter
von achtzehn, der stille Karl in Moordorf hat gerade das Abitur gemacht und
will aufgrund der Manipulationen seiner in missionarischen religiösen Wahn
abgedrifteten Mutter Priester werden, da taucht Wilhelm auf und rächt sich an
seinen Eltern, die ihn mißbraucht und weggegeben haben …«
    »In eine andere Mißbrauchssituation hinein«, ergänzte Pete, der
langsam begriff, worauf Anna hinauswollte.
    »Jedenfalls kommt er zurück und steckt sein Elternhaus in Brand.
Karl sieht seinen Zwillingsbruder dabei. Und nutzt die Situation, um aus seinem
eigenen Leben zu verschwinden. Ein Leben, das ihn kaputtgemacht hat. Wilhelm
hingegen, der Karl nicht gesehen hat, denkt wahrscheinlich, die dritte Leiche,
die sie aus dem brennenden Haus rausholen, ist sein Bruder Karl. Er hält ihn
für tot. Jedenfalls nimmt Wilhelm nun Karls Position ein.«
    »Aber warum?« fragte Christian.
    »Karl hatte nach außen hin ein akzeptables Leben. Wir haben keine
Ahnung, was Wilhelm in Holland hinter sich gelassen hat. Karl hatte gerade Abi
gemacht. Ein guter Startschuß in eine selbstbestimmte Zukunft. Er würde das Vermögen
seiner Eltern erben, falls keiner die Brandstiftung nachweisen könnte. Und so
ist es ja auch gekommen. Wilhelm wurde Karl, studierte ein wenig rum und zog
dann das Immobiliengeschäft seines Vaters groß auf.«
    »Und den Kinderhandel hat er gleich mit übernommen«, mutmaßte
Christian.
    »Falls der Vater schon professionell in dem Gewerbe tätig war«,
nickte Anna. »Aber meiner Meinung nach deutet alles darauf hin.«
    »Hübsche These, aber gibt es Beweise?« fragte Pete.
    »Nach dem Brand taucht ein völlig veränderter Karl auf«, begann
Anna. »Er hat sich die Haare abrasiert. Die haben das damals auf den Schock
zurückgeführt, aber meiner Meinung nach ist Wilhelm seinem Bruder gar nicht
begegnet. Nicht vor dem Brand, nicht nach dem Brand. Da hielt er ihn für tot.
Wilhelm wußte nicht, wie der echte Karl die Haare trug. Länger als er
womöglich, und dann wäre Wilhelm sofort aufgeflogen. Also hat er sich für eine
radikale, aber kluge Lösung entschieden. Alles ab! Dann die Amnesie! Karl hatte
nach dem Brand angeblich alle möglichen Sachen vergessen, vor allem aus den
letzten zehn Jahren. Viele Fakten über das Leben der Familie Detering in den
letzten Jahren konnte Wilhelm geschickt in Erfahrung bringen. Seine Lücken
deklarierte er einfach als Amnesie. Zum Beispiel konnte er sich nicht erinnern,
daß er einmal vom Baum gefallen war. Oder wie sein geliebter Teddy hieß. Klar,
Wilhelm kannte den Teddy überhaupt nicht! Aber Carlos. Als er gestern abend bei
mir war, erzählte er von Willi. Es ging ein wenig durcheinander, deswegen dachte
ich, er sei komplett neben der Spur. Aber ich hab’s nur nicht gleich begriffen.
Er redete nicht von sich in der dritten Person, sondern von seinem Bruder
Wilhelm. Und seinem Teddy, der Willi hieß.«
    »Als du sie verbrannt hast, war ich glücklich. Zum ersten
Mal in meinem Leben war ich glücklich.«
    Karl legte einen Scheit Holz in den Kamin und starrte lächelnd in
die auflodernden Flammen.
    »Ich auch. Du hast mich
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