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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)
Autoren: Marina Heib
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die Augen waren weit
offen und blickten im Tod noch überrascht. Er war mitten ins Herz getroffen.
Der andere stand etwa zwei Meter vor ihm, in der rechten Hand eine Pistole, am
linken Oberarm eine sprudelnde Schußwunde.
    Langsam wandte er sich zu Christian und wies auf die Leiche: »Darf
ich vorstellen? Mein Zwillingsbruder, Wilhelm Detering.«
    Anna kam, atemlos von ihrem Lauf über das Grundstück, zur
Wohnzimmertür herein. Sie sah die Leiche und blickte fragend zu Christian. Der
hob ratlos die Schultern. Er hatte keine Ahnung, wer da nun tot vor ihm lag.
War es wirklich Wilhelm? Oder war es Karl? Während Volker dem lebenden der
beiden Brüder Handschellen anlegte, beugte sich Anna über den toten. Sie zog
ihm das linke Hosenbein hoch und fand, was sie suchte: eine Narbe, die von
einem Sturz in eine Glasscherbe herrührte, wie Frau Petzold erzählt hatte.
    »Das hier ist Carlos«, sagte sie leise zu Christian. Fast zärtlich
legte sie ihre Hand auf Karls Gesicht und schloß ihm die Augen.

Donnerstag, 7. Juli
    Christian kam am nächsten Morgen gegen elf Uhr in seine
Wohnung zurück, bepackt mit frischen Zutaten für ein opulentes Frühstück, die
er in der Küche abstellte. In der vergangenen Nacht hatte er noch weniger
geschlafen als in den Nächten zuvor, nämlich gar nicht. Dennoch fühlte er sich
gut. Der Fall stand kurz vor dem Abschluß, und Anna lag schlafend in seinem
Bett. Liebevoll warf er einen kurzen Blick auf ihren ihm zugekehrten Rücken,
ihren braunen Wuschelkopf, betrachtete ihre schmalen Schultern, die sich in
ihrem Atemrhythmus leicht hoben und senkten, und schloß leise wieder die
Schlafzimmertür. Bald würde er sie wecken müssen. Er ging ins Wohnzimmer zu
seinem Computer und öffnete das Mailprogramm. Nachdenklich rieb er seine Hände,
ließ die Knöchel knacken und begann zu schreiben:
    »Lieber Jan,
    ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn Du bald zu Besuch
kommen würdest. Ich kann mir garantiert ein paar Tage frei nehmen, wenn Du mir
rechtzeitig Bescheid gibst. Wir könnten wegfahren. Oder zu Hause bleiben und
reden. Ganz wie Du willst. Wir haben uns lange nicht gesprochen und noch länger
nicht gesehen. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, was Du machst, mit wem Du
lebst. Vermutlich weiß ich nicht mal richtig, wer Du bist. Als Vater habe ich
wohl auf ganzer Linie versagt. Dabei wird mir in letzter Zeit erschreckend
klar, wie wichtig es ist, miteinander zu reden. Ich aber habe hauptsächlich
geschwiegen, ich fühlte mich schon als Superdaddy, wenn ich Dich im
Polizeiwagen mitfahren ließ. Es tut mir leid, daß ich so egoistisch,
oberflächlich und dumm war. Bitte, gib mir Gelegenheit, Dich endlich
kennenzulernen. Dein Freund ist mir natürlich auch willkommen.
    In Liebe, Dein Vater«
    Christian las die Mail noch einmal durch und fühlte sich
ein wenig unbehaglich, solche Töne anzuschlagen. Er war es schlicht nicht
gewohnt, seine Gefühle zu äußern, es sei denn durch Fluchen. Doch er schickte
die Mail ab. Es war Zeit, ein paar Dinge zu ändern.
    Erleichtert ging er in die Küche, um das Frühstück vorzubereiten.
Während er die Radieschen putzte, hörte er plötzlich ein qualvolles Stöhnen aus
dem Schlafzimmer. Eilig lief er hin. Anna wälzte sich unruhig im Bett hin und
her, sie schwitzte, ihre Augen rollten wild unter den geschlossenen Lidern,
ihre Hände zitterten fahrig über die Bettdecke. Christian faßte ihr beruhigend
an die Schulter, doch sie schlug nach ihm.
    »Ruhig, ganz ruhig. Anna, wach auf. Ich bin’s«, versuchte er sie mit
halblauter Stimme aus ihrem Alptraum zu wecken. Sie riß die Augen auf. Zuerst
war sie völlig orientierungslos. Dann erkannte sie Christian und ließ sich an
seine Brust fallen.
    »Du hattest einen Alptraum«, meinte er sanft.
    »Das kann man wohl sagen. Was machst du hier?«
    »Ich wohne hier. Und ich mache uns ein Frühstück. Alles wieder in
Ordnung?«
    Ihr Lächeln geriet ein wenig schief: »Mhmm …«
    Sie löste sich von Christian und sah sich um. Es fiel ihr wieder
ein. Sie lag in seinem Bett, in seiner Wohnung. Sie hatte nicht in ihr Haus
zurückgewollt, sie hatte nicht durch die Küche gehen wollen, wo immer noch der
Kreideumriß Joes auf dem Boden war, sein Hirn, sein Blut, auf den Fliesen
eingetrocknet und vermengt mit dem ihren.
    »Hast du Hunger?« fragte Christian. »Es gibt Rührei mit Speck und
Schnittlauch. Und frische Brötchen. Und Käse. Und Krabbensalat.«
    Anna rappelte sich hoch: »Klingt fürstlich. Hast du
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