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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze
Autoren: Belinda Bauer
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Weiches an sich, eine kindliche Unsicherheit, einen albernen Humor. Das bedeutete, dass er den ganzen Tag in voller Kampfmontur Molotowcocktails abwehrte und ihr dann am Abend den Einsatz mit einer Puddingschüssel auf dem Kopf und mit einem Spatel bewaffnet demonstrierte. Als er für das Match zwischen der Polizei und der Army auflief, hatte Lucy peinlich berührt zugesehen, wie Jonas mit seinen Mannschaftskameraden vor dem Spiel ein höchst testosteronlastiges Ritual abgezogen hatte, mit Schmähgesängen, Grunzen und Brusttrommeln. Brusttrommeln! Wie Gorillas in Shorts! Mitten in der ersten Halbzeit hatte er ihren Blick von der Tribüne aufgefangen, und sie hatten beide einen so hemmungslosen Lachanfall bekommen, dass der Mannschaftskapitän ihn beim Halbzeitpfiff immer noch zusammenstauchte.
    Jonas’ dunkelbraune Augen standen zu weit auseinander, seine Nase war zu lang, und seine Lippen waren zu voll, als
dass man ihn als auffallend gutaussehend hätte bezeichnen können. Doch Lucy bekam nie genug davon, ihn anzusehen, und sie gierte nach mehr. Nachdem sie in das Haus seiner Eltern gezogen waren, hatte sie nach Kinderfotos von ihm gesucht. Als sie keine fand, hatte er herumgeblödelt, er sei »zu hässlich für Fotos«.
    In ihren Augen war das alles andere als wahr.
    »Wer hat dir von Margaret erzählt?«, erkundigte er sich, obwohl es keine Rolle spielte.
    »Frank.«
    Frank Tithecott. Der Briefträger. Natürlich. Der Briefträger und der Milchmann deckten dasselbe Territorium ab wie er, allerdings ohne dieselbe Vertraulichkeit. Plötzlich war Jonas froh, dass Frank seinen peinlichen Ausrutscher heimgebracht hatte  – wenigstens hatte das Lucy zum Lachen gebracht, zum ersten Mal seit drei Wochen.
    »Wirst du damit viel um die Ohren haben?«
    »Ich bezweifle es.« Er zuckte die Schultern. »Ich habe nicht den Eindruck, dass die sich über meine Hilfe freuen würden.«
    »Dann sind das Idioten, und ich kann sie allesamt nicht ausstehen«, erwiderte sie scharf, als wäre Jonas ein kleiner Junge, den es vor Spielplatzrowdys zu schützen galt, und kein strammer Gesetzeshüter von eins zweiundneunzig.
    Jonas verdrehte bei ihren harschen Worten die Augen, lächelte aber, um zu zeigen, dass er sich über ihre Unterstützung freute, selbst wenn sie hoffnungslos voreingenommen war. Lucy schob die Beine zur Seite, um auf dem Sofa Platz für ihn zu machen, und Jonas setzte sich, hängte die Beine über das eine Ende und ließ seinen langen Körper vorsichtig rückwärts in ihre Arme sinken. Die Hausarbeit konnte warten.
    Der Fernseher war an und auf stumm geschaltet. Einige Minuten lang strich Jonas mit den flachen Fingernägeln über Lucys Arme, während sie träge zusahen, wie blutbespritzte
Teenager von einem Mann mit einer Maske durch ein Haus gejagt wurden. Ohne Schreie und Musik war das Ganze geradezu hypnotisierend langweilig, und bald ging ihr Atem langsamer und glich sich an den des anderen an, so wie sie es beide gernhatten.
    Lucy schob einen Finger zwischen den Knöpfen seines weißen Uniformhemdes hindurch und strich zart an einer Rippe entlang. Der Augenblick traf sie unvorbereitet, und jäh brannten Tränen in ihren Augen.
    Um ihnen Einhalt zu gebieten, ehe sie sie überwältigen konnten, küsste sie ihn aufs Ohr und sagte leise: »Die wissen ja nicht, was ihnen entgeht.«
     
    DCI Marvel wusste ganz genau, was ihm entging.
    Sky TV.
    Sein Team war in dermaßen primitiven Quartieren untergebracht, dass es ihn überraschte, dass noch niemand zu maulen begonnen hatte.
    Doch das war nur eine Frage der Zeit. Marvel schloss gern kleine Wetten mit sich selbst ab. Er setzte darauf, dass Grey, Pollard, Rice und Singh in genau dieser Reihenfolge anfangen würden zu quengeln. Rice und Singh waren Elizabeth Rice und Armand Singh, und seiner Erfahrung nach machten Frauen und Ausländer entweder überhaupt nie Wellen, oder sie machten gleich einen gottverdammten Tsunami. Rice und Singh waren in dieser Hinsicht gleich, obwohl er einmal gesehen hatte, wie DC Rice einem Besoffenen, der sie begrabschen wollte, das Knie in die Eier gerammt hatte, als sie dachte, niemand würde es mitbekommen. Pollard war solide und schwerfällig und kam am besten klar, wenn andere das Denken für ihn übernahmen; Grey jedoch war rotziger und fand, er hätte Rechte. Reynolds zählte Marvel nicht mit. Sein Sergeant war nicht für ihn, aber er war zu nervös, um gegen ihn zu sein. Wie ein geprügelter Hund.
    Die Zwänge des Polizeibudgets
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