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Der Bastard

Der Bastard

Titel: Der Bastard
Autoren: Roman Rausch
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Claudia haben uns für heute Abend zum Grillen eingeladen.»
    «Prima», sagte Pia. «Dann muss ich mir heute nichts fürs Abendessen überlegen. Holst du mich ab?»
    Sie vereinbarten einen Zeitpunkt, und Pia verließ eilig ihr Büro, um nicht von einem weiteren Anruf aufgehalten zu werden.
    6
    D as Gelände, auf dem das Afrika-Festival Ende Mai stattfindet, liegt auf den Talaverawiesen – ein langgezogener, mit Bäumen gesäumter grüner Korridor, der sich an den Lauf des Mains schmiegt. Mehr als hu n derttausend Menschen pilgern alljährlich aus der ga n zen Welt dorthin, um an Europas größtem und bekanntestem Festival für afrikanische Kultur teilzunehmen. Mama Afrika, Miriam Makeba, entschloss sich, hier ihr Abschiedskonzert zu geben. Aber auch Präsidenten und Minister vom Schwarzen Kontinent trifft man sowie ein Heer an fliegenden Händlern. Für vier Tage taucht die barocke Stadt am Main ganz in die Rhythmen, Gerüche und die Farbenwelt Afr i kas ein.
    Kilian und Heinlein betraten das Gelände vom Haupteingang her, der in der Mainaustraße liegt. Gegenüber dem Gittertor verlief eine nicht enden wollende Häuserfront. Deren Bewohner durften das Spektakel über die gesamte Dauer unfreiwillig kostenlos geni e ßen. Ein Mann kehrte vor der Haustür Unrat zusammen, der sich die Nacht zuvor angesammelt hatte.
    Mit dem Bild des toten schwarzen Jungen in der Hand teilten sich Kilian und Heinlein die Befragung auf.
    «Ich nehme die rechte Seite, du die linke», sagte Heinlein.
    Kilian stimmte zu und ging los. Vor ihnen lag eine lange Gasse an Zelten, vor denen die Händler damit beschäftigt waren, ihre Waren für die anstehende Öffnung zu drapieren.
    Gleich am ersten Zelt, dem eines Korbhändlers, zückte Kilian seine Dienstmarke und griff nach dem Bild des Jungen. Dem Händler, einem rabenschwarzen, hochgewachsenen Mann, war nicht wohl, dass er bereits am Vormittag Besuch von der Polizei bekam. Noch bevor er sich das Bild besah, kramte er nach seiner Ausstellerlizenz und seinem Gewerb e schein.
    «Ich glaube Ihnen ja», winkte Kilian ab, «ich möc h te nur, dass Sie sich das Bild genau ansehen und mir sagen, ob Sie diesen Jungen schon mal gesehen h a ben.»
    Der Mann musterte die Aufnahme. Sie zeigte ein liegendes, blasses Gesicht.
    «Ist er tot?», fragte der Mann.
    «Ja», bestätigte Kilian. «Haben Sie diesen schwarzen Jungen gekannt?»
    «Aber er ist nicht schwarz.»
    «Wie meinen Sie das?»
    «Der Junge ist verhältnismäßig hellhäutig, so wie es die Afrikaner im Norden sind. Sicher gibt es auch hin und wieder recht Hellhäutige in Zentralafrika, nur danach sieht er mir nicht aus. Die Nase, die Augenpartie und das Kinn. Ich weiß nicht. Ich würde ihn für einen Nordafrikaner oder Mischling halten. Aber ich habe ihn noch nie gesehen, ich bin erst gestern angekommen. Es sind Tausende neue Gesichter, die man auf solchen Veranstaltungen sieht.»
    Kilian bedankte sich und ging weiter. Er blickte kur z h inüber auf die andere Seite, wo Heinlein die erste Befragung soeben beendete. Sein Kopfschütteln signalisierte, dass er offensichtlich keinen Erfolg gehabt ha t te.
    Die Anwesenheit zweier Polizeibeamter verbreit e te sich wie ein Lauffeuer in der Gasse. Hier und da wurden Stühle eingeklappt, Zeltwände geschlossen und Waren weggeräumt. Manch einer machte sich auf den Weg zu einer entfernteren Stelle des Geländes. Vorsicht schien geboten.
    Kilian und Heinlein hatten sich bereits ein beträchtliches Stück durch die Gasse gearbeitet, als Kilian ein Zelt abseits der Gasse auffiel. Es stand am Ufer des Mains und machte durch seine exponierte Lage auf sich aufmerksam.
    Auf sein Rufen antwortete niemand, kurz entschlossen trat Kilian ein.
    Er befand sich in einem überraschend großen Raum, in dessen Mitte eine Säule vom Boden bis zur Decke des Zeltes reichte. An deren Basis schmiegte sich ein Tisch um den massiven Stamm aus Holz. Schwarze Streifen auf rotem Grund verliefen spira l förmig nach oben, sodass man den Eindruck gewi n nen konnte, die Säule schraube sich vom Boden in die H ö he.
    Ringsum an der weißen Zeltwand verliefen Schre i ne mit bizarren Gegenständen. Flaschen mit abg e trennten Puppenköpfen standen neben einfach g e schmiedeten Kreuzen aus Metall, Schals in unte r schiedlichen Farben fassten Heiligenbilder mit christlichen Motiven ein, eine Puppe mit zwei Köpfen, gleich einem siamesischen Zwilling, wies den Blick zu einem Bild mit einer Schlange, die einen Menschenkopf trug.
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