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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman
Autoren: Ulf Schiewe
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nächstes Mal.« Hamid zuckte gleichmütig mit den Schultern. »
Geduld ist der Schlüssel zur Freude,
wie der Prophet sagt.«
    Schon vor Wochen hatte Bertran von einem Beutezug geredet, den er hatte unternehmen wollen. Gegenwärtig sah es nicht nach größeren Feindeshandlungen aus, aber Überfälle auf beiden Seiten waren an der Tagesordnung. Oft wagten sich unsere Spähtrupps bis weit ins Land der Muslime, um den Feind zu beobachten und bei Gelegenheit zu plündern, Pferde oder Vieh zu stehlen. Manchmal ging ihnen ein hochgestellter Muslim ins Netz, den man gegen gutes Gold auslösen konnte. Trotz der Gefahren solcher Streifzüge war es nicht schwer, Freiwillige zu finden.
    Vor etwa zehn Tagen hatten Spione von einer großen Karawane berichtet, die angeblich von Norden her auf dem alten Handelsweg in Richtung Damaskus ziehen sollte. Von mehr als zweihundert Kamelen war die Rede gewesen, von Ballen von Seide, Säcken von Gewürzen und Truhen voller Gold, Steuereinnahmen für Toghtekin, dem türkischen Herrscher von Homs und Damaskus. Sicher hatten die Späher übertrieben, aber Bertran war immer aufgeregter geworden, je mehr er davon hörte, und entschlossen, diese fette Gans eigenhändig zu rupfen.
    Als
castelan
der Festung Pilgersberg hatte ich den Trupp eilig zusammengestellt. Hauptsächlich hartgesottene Kriegsknechte und Glücksritter aus allen provenzalischen Grafschaften. Wir konnten nicht wählerisch sein. Wer sich in Outremer als waffenfähig und willig zeigte, den nahmen wir in unsere Reihen auf.
    Mit von der Partie waren Ricard de Peyregoux, ein junger Vetter Bertrans. Der schien mir ein hochnäsiger Dummkopf zu sein, den ich am liebsten daheim gelassen hätte, und Roger d’Asterac, ein Ritter aus der Mark Provence, der sich Bertran vor kurzem angeschlossen hatte. Und natürlich Kyriacos, der einheimische Führer unserer Schar, ein griechischer Christ aus Nordsyrien, irgendwo aus Antiochia oder Tortosa, soweit ich wusste. Er war verlässlich und diente uns schon seit Jahren. Ein kleiner, älterer Mann mit flinken, klugen Augen, was ihm einen etwas verschlagenen Ausdruck verlieh. Aber nie hatte er uns Anlass gegeben, ihm nicht zu vertrauen. Schließlich betete auch er zu unserem Heiland, wenn auch nach Art der Griechen. Als Händler kannte er sich überall in der Gegend gut aus, und mit dem Gold des Grafen unterhielt er ein Netz von Spionen in Feindesland.
    Als wir vor neun Tagen aufgebrochen waren, hatte Kyriacos uns veranlasst, zuerst nordöstlich in Richtung Homs zu ziehen, um uns an der alten Handelsstraße auf die Lauer zu legen. Zwei Tage lang hatten wir uns auf einem sandigen Hügel im Gestrüpp versteckt, und unser Zeitvertreib bestand darin, Hornvipern und Skorpione zu jagen. Nachts froren wir erbärmlich, denn mit einem Feuer wollten wir uns nicht verraten. Das Essen bestand aus klebrigem Hirsebrei, getrockneten Feigen und übelriechendem Ziegenkäse. Noura war zornig gewesen, als sie von unserem Raubzug erfahren hatte. Unsere verdammte Habgier würde nur wieder den Frieden gefährden, hatte sie geschrien, und ihre Augen hatten Blitze geschleudert. Nun tat es mir leid, dass wir im Zorn geschieden waren. Statt in ihren warmen Armen zu liegen, fror ich auf diesem staubigen Hügel.
    Und weit und breit keine Karawane.
    Dann war Kyriacos selbst nach Homs geritten, um Näheres zu erfahren. Wir hätten die Karawane knapp verfehlt, sagte er bei seiner Rückkehr. Sie sei schon in Richtung Damaskus weitergezogen, aber wir könnten sie noch einholen. Er habe auch erfahren, dass nur eine leichte Eskorte Toghtekins Gold bewache. Also waren wir die ganze Nacht und den nächsten Tag hindurch durch die Wüste geritten, bis zu den Vororten von Damaskus. Die Bauern auf den Feldern dieser riesigen Oase liefen in Schrecken davon, als sie uns gewahrten. Aber eine Karawane war auch hier nicht zu entdecken gewesen.
    Vor der Stadt konnten wir nicht lagern. Jederzeit hätte man Truppen gegen uns schicken können. Weiter einem Schatten nachzujagen, hätte wenig Sinn gehabt. Kyriacos hatte sich völlig zerknirscht vor Bertran auf den Boden geworfen, Staub auf sein Haupt gehäuft und endlose Entschuldigungen gestammelt, bis Bertran ihm grob befahl, endlich das Maul zu halten. Enttäuscht und bitter über den Rückschlag hatten wir uns auf den langen Heimweg nach Tripolis gemacht.
    Ich halte mich nicht für abergläubisch, aber es scheint, als habe alles mit diesem verhexten Dorf angefangen. Noch heute möchte ich mich
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