Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der azurne Planet

Der azurne Planet

Titel: Der azurne Planet
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
Wasser trägt eine elektrische Ladung, die es während des Durchgleitens an den pulverisierten Kohlenstoff abgibt. Auf diese Weise erhalten wir eine kleine, aber beständige Stromquelle. Wie du vielleicht schon vermutet hast, habe ich die Apparatur bereits ausprobiert und kann deswegen aus Erfahrung sprechen.«
    Er wandte sich um und winkte seinen Helfern. Zwei Klemmen schlossen die Aschenkiste, dann bestiegen die Männer das Gerüst und gossen eimerweise Wasser in die Röhre. Kelso verband die Drähte zu einer Spule von mehreren Dutzend Wicklungen. Dann zeigte er Sklar Hast einen Teller. Auf einem Stück Rinde lag eine kleine Eisenstange.
    »Ich habe das Eisen bereits ›magnetisiert‹«, sagte er. »Siehst du, wie es nach Norden zeigt? Ein solches Ding nennt man ›Kompaß‹. Man kann es zum Navigieren verwenden. Jetzt schiebe ich es an den Rand der Rinde. Schau, wie es zittert! Die Drähte haben bereits Elektrizität aufgenommen!«
    Sklar Hast war sehr beeindruckt. Kelso fuhr fort: »Der Prozeß befindet sich noch in einem primitiven Stadium. Ich hoffe, irgendwann Pumpen bauen zu können, die vom Wind angetrieben werden, um das Wasser zu bewegen. Vielleicht können wir sogar einen Generator bauen, den der Wind antreibt, wenn wir erst einmal etwas mehr Metall haben. Aber selbst diese Rous-Maschine öffnet uns ungeahnte Möglichkeiten. Mit Elektrizität können wir das Seewasser zerlegen, ihm die Salzsäure entziehen und anderes mehr. Die Salzsäure kann man dazu verwenden, noch stärkere elektrische Ströme zu erzeugen – wenn es uns gelingt, mehr Metall anzuhäufen. Ich habe mich oft gefragt, auf welche Weise die Wilden ihr Kupfer produzieren. Töten sie die jungen Krakons? Diese Frage läßt mich einfach nicht mehr los. Ich habe vor, den Wilden einen Besuch abzustatten und ihr Geheimnis zu lüften.«
    »Nein«, sagte Sklar Hast. »Wenn sie dich töteten, wer sollte dann die nächste Rous-Maschine bauen? Nein, Roger Kelso, du solltest an MacArthurs Motto denken, das da lautet: ›Niemand ist unersetzlich‹. Und warum? Weil es falsch ist. Du bist zu wichtig, als daß wir dich verlieren könnten. Laß das deine Helfer tun, aber gehe das Risiko dieser Gefahr nicht selbst ein. Die Zeiten sind momentan zu verworren, als daß du dir den Luxus des Sterbens leisten könntest.«
    Kelso gab ihm nur widerwillig recht. »Wenn du wirklich meinst …«
    Sklar Hast kehrte nach Neuheim zurück und suchte Meril Rohan auf. Er fand sie an Bord eines kleinen Weidenrutenbootes und ruderte mit ihr in östlicher Richtung an einer Reihe kleinerer Plattformen entlang. Auf einem winzigen Pflanzenblatt, das etwas abseits vom Weltgeschehen lag, legten sie eine Rast ein und nahmen im Schatten eines wildwuchernden Zuckergebüschs Platz.
    »Hier«, sagte Meril, »ist der Ort, an dem wir unser Haus bauen und unsere Kinder aufziehen können.«
    Sklar Hast seufzte.
    »Es ist so friedlich hier, so still und schön … Und in der alten Heimat herrscht nun ein Wahnsinniger.«
    »Wäre die ganze Welt doch nur so friedlich wie dieser Ort … Aber vielleicht ist das Chaos in jedem Menschen. Vielleicht sind wir damit schon zur Welt gekommen.«
    »Ich würde meinen«, sagte Sklar Hast und kaute auf einem kleinen Stück Süßholz herum, »daß zumindest wir Plattformbewohner gegenüber diesen Untugenden gefeit sein sollten. Die Ersten ließen die Außenwelten hinter sich, weil sie sich der Unterdrückung nicht beugen wollten; folglich wäre es nur normal, wenn wir – auch nach zwölf Generationen noch – ein bißchen von ihrer Milde und Sanftmut geerbt hätten.«
    Meril lachte boshaft. »Laß mich dir meine Theorie über die Ersten erzählen.« Als sie es tat, war Sklar Hast zuerst amüsiert, dann wurde er skeptisch und schließlich entrüstet.
    »Wie kannst du nur solche Dinge aussprechen! Immerhin redest du von den Ersten, unseren Vorfahren! Das sind ja wirklich ketzerische Thesen. Bringst du solche Dinge etwa den Kindern bei? Das wäre ja ungeheuerlich!«
    »Für meine Begriffe nicht. Meine Theorie klärt so viele Dinge auf. All die doppeldeutigen Begriffe und das, was sich wie unverständliches Bedauern liest, stehen plötzlich in ganz anderem Licht da.«
    »Ich weigere mich, das zu glauben! Denn … nun …« Die Worte wollten nicht mehr so richtig über Sklar Hasts Lippen. Dann sagte er: »Ich brauche dich nur anzusehen und dein Gesicht zu beobachten, um zu wissen, daß du ein Produkt der Ersten bist und deine Theorie schon deshalb nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher