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Der Aurora Effekt

Titel: Der Aurora Effekt
Autoren: Rainer Wolf
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halt, irgendwas passte hier nicht. Der Mann und die Frau waren eindeutig ein Ehepaar, wie man an den gleichen Eheringen an deren Ringfinger sehen konnte. Die Umarmung, die Peters zunächst für eine verzweifelte, liebevolle Geste des Mannes gehalten hatte, seinen linken Arm schützend um seine Frau zu legen, entpuppte sich beim näheren Betrachten als Würgegriff des Mannes.
    Er hat seine Frau selbst umgebracht, schoss es ihm durch den Kopf.
    »Der Mann wurde von hinten erstochen«, erkannte die Frau, die sich neben Peters auf den Boden hockte.
    »Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, der Mann hat vorher seine eigene Frau erwürgt und wurde dann selbst heimtückisch erstochen. »Das wird ja immer gruseliger«, konnte Peters seinen Ekel kaum zurückhalten. Und noch irgendetwas erregte seine Aufmerksamkeit. Der Gesichtsaus-druck der Toten, irgendwie merkwürdig. Bevor er darüber jedoch weiter nachdenken konnte, fasste die Frau ihn fest am Arm »Wir gehen jetzt besser weiter«.
    Der Kapitän nickte ihr zu und war in diesem Moment froh, sie in seiner Nähe zu haben. Leise bewegte sich das Explorationsteam auf das Ende des Ganges zu, der an einer großen pompösen Treppe mitten in ein mindestens fünf Deck hohes Atrium führte. Ihre Schritte hallten beim Durchschreiten der riesigen Halle auf dem Weg zu der Wendeltreppe mit den gläsernen Stufen. Das Mondlicht schimmerte durch die gläserne Decke und warf ein mattes Licht auf sie. Es schien sich hier um das gigantische Shoppingcenter des Schiffes zu handeln. Zahlreiche Geschäfte namhafter Markenanbieter reihten sich auf drei Ebenen aneinander.
    »Unglaublich, was für ein Luxus. Man verfällt hier fast der Illusion, dass man sich gar nicht mehr auf einem Schiff befindet, sondern in irgendeiner Megamall«, staunte die Frau beim Anblick der unfassbaren Großzügigkeit der Halle.
    »Hier unten ist niemand, die meisten Passagiere waren wahrscheinlich zum Zeitpunkt des Notrufs beim Abendessen oder einer der abendlichen Showveranstaltungen an Bord«, stellte Peters fest, als er vorsichtig umherschaute und keinen Menschen erblickte.
    »O.K., dann lass uns mal das Buffet plündern«, gab der grimmig dreinblickende Schweizer von sich und kletterte entschlossen die ersten Stufen der Treppe hinauf. Die Anderen folgten ihm rasch.
    Auf dem zehnten Deck wurden sie fündig, dort befand sich das Hauptrestaurant der ›Princess of the Seas‹. Übersät von toten Körpern bot sich Ihnen ein Bild des Grauens. Peters und die anderen Teilnehmer des Teams erstarrten. Alle Passagiere und Besatzungsmitglieder waren tot. Sie lagen leblos und blutverschmiert im Restaurant verteilt. Teils in sich gesackt auf ihren Stühlen oder aber ausgestreckt auf dem Buffet. Es waren hunderte Tote, meistens ältere, betuchte Passagiere, die sich den Luxus auf dem Fünfsterne-Kreuzfahrtschiff leisten konnten.
    Ein Großteil der Besatzung und der Passagiere, mutmaßte Peters. »Hier hat kein Kampf stattgefunden, das war eine regelrechte Schlacht. Die Menschen scheinen sich alle gegenseitig ermordet zu haben.« Er war fassungslos.
    Zum Teil mit Messern oder anderen scharfen Gegenständen, die das Restaurant und die angrenzende Küche hergab, hatten die Menschen sich gegenseitig umgebracht. Angeekelt von einer Toten mit einem langen Fleischspieß im linken Augapfel zuckte der Niederländer zur Seite. Direkt vor ihm lagen zwei Frauen, die sich gegenseitig erwürgt zu haben schienen und gleich dahinter ein Mann mit zahlreichen Messerstichen in der Brust. Ein weiterer Mann mit einer großen weißen Mütze, augenscheinlich einer der Schiffsköche, hielt noch ein großes Küchenmesser in der ausgestreckten Hand. In seinem Rücken steckte ein großes Schlachterbeil. So grauenhaft wie der Anblick der Toten auch war, umso schlimmer war jedoch noch etwas anders, und jetzt fiel es dem Kapitän auch wieder ein, bevor er einen dumpfen Schlag auf den Hinterkopf bekam und ihm schwarz vor Augen wurde. Der Gesichtsausdruck der Toten. Er erinnerte sich auch wieder an das tote Pärchen im Flur und an den seltsamen Notruf, bei dem im Hintergrund gelacht wurde. Nein, das war kein Leid oder Furcht. Das war etwas anderes unglaublich barbarisches, das ihn noch lange in seinen Träumen heimsuchen würde. Der Mund. Alle Toten schienen zu grinsen.
     
    Das etwa 50 Hektar große Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt befand sich direkt in Köln-Porz, gleich neben dem Köln/Bonner Flughafen. 1.500 Mitarbeiter waren
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