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Der Aufbewarier (German Edition)

Der Aufbewarier (German Edition)

Titel: Der Aufbewarier (German Edition)
Autoren: Béla Bolten
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Tisch.
    »Frisch siehst du nicht gerade aus«, begrüßte ihn Rösen. Daut überhörte die Bemerkung und deutete auf die Kaffeetasse, die Rösen zum Mund führte.
    »Vermutlich ist nicht das drin, was dem Gefäß seinen Namen gab. Ich nehme trotzdem gerne eine Tasse, Frau Engelmann, auch wenn ich dringend einen Wachmacher brauchen könnte.«
    Bertha Engelmann erhob sich ächzend aus dem Stuhl und ging zum Küchenschrank.
    »Dann will ich mal nicht so sein, Axel. Ein paar Bohnen werden sich wohl noch finden.«
    Sie nannte ihn immer beim Vornamen, eine scheinbare Vertrautheit, die Daut zunächst gestört hatte. Inzwischen ignorierte er es, und jetzt, wo sie eine Kaffeedose wie eine Rassel hin und her schüttelte, war ohnehin der falsche Zeitpunkt für einen Rüffel.
    Während seine Zimmerwirtin die Bohnen mahlte und das Kaffeewasser kochte, setzte sich Daut zu Rösen an den Tisch.
    »Du hast anscheinend einen Stein im Brett bei der Dame, Axel. Mich hat sie mit Muckefuck abgespeist.«
    Daut nestelte eine Zigarette aus der Packung. Dabei fiel ihm auf, dass er den verdreckten Handschuh über seiner Prothese noch nicht gewechselt hatte. Er bot Rösen eine Zigarette an, und beide nahmen schweigend einige Züge. Inzwischen erfüllte der Duft frisch gebrühten Kaffees den Raum, und weitere zwei Minuten später schlürften die beiden Männer das heiße Gebräu. Er war dünn und schmeckte trotzdem bitter, aber was machte das schon. Die Hauptsache war, dass es seine Wirkung tat.
    Daut blickte Rösen über den Rand der Kaffeetasse an.
    »Willst du mir nicht endlich sagen, warum du dich aus deinem warmen Büro hierher bemüht hast?«
    »Im Auto, Axel. Wir haben jetzt genug Zeit vertrödelt.«
    Daut verstand. Rösen wollte vor der Engelmann nicht sprechen. Er stand auf und hob seine Prothese.
    »Der Kaffee kann eh noch ein bisschen abkühlen. Ich wechsle mal eben das Kleidchen meines teuersten Körperteils.«
     
    Zehn Minuten später waren sie auf der Potsdamer Straße Richtung Norden unterwegs. Daut drehte die Seitenscheibe leicht herunter, er brauchte frische Luft, damit die Wirkung des Koffeins nicht sofort wieder verpuffte. Dann wendete er sich Rösen zu, der mit dem Schalthebel im Getriebe stocherte, um einen höheren Gang einzulegen.
    »Also, was gibt es Neues?«
    Rösen war immer noch vom hakenden Getriebe in Anspruch genommen und antwortete abgehackt:
    »Wir fahren zum Leichenschauhaus. Anscheinend wurden noch mehr Leichenteile gefunden. Passen vielleicht zu unserer kopflosen Dame.«
    »Schön für dich, Axel. Aber was habe ich damit zu tun? In einer Stunde beginnt meine Nachtschicht, du kannst mich also gleich hier rauslassen. Wenn ich zu Fuß gehe, schaffe ich es gerade noch, pünktlich zu sein.«
    »Nichts da, mein Lieber. Ich habe Rudat klargemacht, dass wir für die Ermittlungen unbedingt Unterstützung benötigen. Daraufhin ordnete er an, dass Beamte des örtlichen Reviers, in dem die Leiche gefunden wurde, die Laufarbeit übernehmen und mögliche Zeugen aufsuchen und befragen.«
    »Und wer sollen diese Leute sein?«, fragte Daut, obwohl er Rösens Antwort längst kannte.
    »Mir reicht einer: Du.«

Sieben
     
    Die Frau blickte auf, und ihre Augen weiteten sich vor Schreck. Sofort senkte sie den Blick wieder und zog den Kopf zwischen die Schultern, als wollte sie sich so klein wie möglich machen. Carla schloss die Tür zur Werkstatt und blickte sich im Raum um. Zwanzig Männer und sechs Frauen saßen auf Schemeln an langen, groben Holztischen. Einige hatten lederne Schürzen umgebunden, viele der Frauen trugen Kopftücher. Die meisten blickten konzentriert auf das Werkstück, an dem sie arbeiteten. Auf dem Tisch stapelten sich Borsten und Korpusse für die zu fertigenden Besen. Einige der Arbeiter aber hielten den Kopf aufrecht, schauten zum Teil an die Decke oder ins Leere. Ihre Hände arbeiteten schnell und routiniert. Carla wusste, dass diese Männer blind waren, aber natürlich gehört hatten, wie jemand den Raum betrat.
    »Guten Tag, ich bin die Carla May. Ich war schon häufiger hier.«
    Sie glaubte fast, das kollektive Aufatmen hören zu können, als alle sie erkannten. Die Angst, dass auch dieser sichere Zufluchtsort für Juden bedroht wäre, stand stets Raum.
    »Ach du bist es, Carla.« Eine der Frauen stand auf, wischte sich die Hände an einer grauen Kittelschürze ab und begrüßte sie herzlich mit einer Umarmung. »Komm, ich bringe dich zu Charly.«
    »Ich bin nicht hier, um Charlotte zu besuchen. Ich
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