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Der Aufbewarier (German Edition)

Der Aufbewarier (German Edition)

Titel: Der Aufbewarier (German Edition)
Autoren: Béla Bolten
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lächelndes, von dichten schwarzen Haaren umrahmtes Gesicht. Ihm fiel sofort auf, wie perfekt geschminkt die junge Frau - er schätzte sie auf höchstens dreißig Jahre - war. Ihre roten Lippen leuchteten wie ein Sinnbild einer anderen Zeit.
    »Bitte, Herr Wachtmeister, ich habe meine Eintrittskarten zu Hause vergessen. Und dabei spiele ich doch mit in dem Film. Keine große Rolle, aber ich möchte so gerne dabei sein. Ist schließlich meine erste Premiere.«
    Ihre Stimme klang erstaunlich stark und fest für eine derart kleine, zarte Person. Als Daut keine Reaktion zeigte, bedachte sie ihn mit einem Augenaufschlag, wie er ihn im wahren Leben noch nie gesehen hatte.
    »So, so, Schauspielerin. Und das soll ich Ihnen jetzt glauben?«
    Die Frau kramte in ihrer Handtasche herum.
    »Einen Moment.«
    Triumphierend präsentierte sie ihm ein postkartengroßes Foto. Daut brauchte eine Weile, um sie auf dem Bild zu erkennen. Was man doch beim Film aus einem Menschen machen konnte, dachte er fasziniert. Von der Fotografie blickte ihn eine Diva mit geheimnisvoll verschlossenem Blick an. Vor ihm stand eine fröhliche junge Frau mit offenem Lachen.
    »Ha, Sie erkennen mich nicht. Das geht vielen so. Warten Sie.«
    Sie drehte sich ins Halbprofil, legte den Kopf leicht in den Nacken und senkte die Lider halb über die Augen.
    »Gut so?«
    Daut musste lachen.
    »Schauspielern können Sie, mein Fräulein. Vorbeilassen darf ich Sie trotzdem nur mit Eintrittskarte.«
    Das Filmsternchen vor ihm legte den Kopf schief und verzog den Mund zu einem Flunsch. Daut wollte gerade sagen, dass ihr diese Grimasse nicht stand, als Bewegung in die Menge kam. Eine schwarze Mercedes-Limousine bog um die Kurve und hielt vor dem Filmpalast. Ein livrierter Page stürmte herbei, riss den hinteren Schlag auf und stellte sich kerzengerade neben den Wagen, als wolle er im nächsten Moment salutieren. Die Fotografen umringten das Auto, Blitze erhellten die Nacht.
    »Zarah, Zarah!«, riefen die Reporter, um ein möglichst gutes Bild der Diva schießen zu könne. Die Leander richtete sich zu voller Größe auf und überragte die meisten Umstehenden nicht nur wegen der mehr als zehn Zentimeter hohen Absätze. Sie gewehrte den Fotografen, was sie wollten, und drehte sich geduldig nach allen Seiten. Als das Blitzlichtgewitter abnahm und die Reporter sich beruhigten, raffte sie ihr weißes, mit einem Pelz besetztes Cape und betrat die von den Polizisten gebildete Gasse. Daut spürte, wie sich die angebliche Schauspielerin hinter ihm mit beiden Armen auf seinen Schultern aufstützte und ihr Gesicht neben seines schob.
    »Zarah! Hallo! Warte auf mich!«
    Die Leander blieb stehen und drehte sich nach der Rufenden um.
    »Ach, du bist es.«
    »Kannst du dem freundlichen Herrn Wachtmeister bitte bestätigen, dass ich eine Eintrittskarte habe?«
    Die weltbekannte Schauspielerin lächelte Daut an und sagte mit ihrer unverkennbaren leicht rauchigen Altstimme:
    »Nun lassen Sie Carla schon durch, sie gehört zu mir.«
    Daut drehte sich ein wenig zur Seite, damit die junge Frau an ihm vorbeikam. Er wollte ihr das Foto zurückgeben, doch sie sagte:
    »Behalten Sie es. Vielleicht wollen Sie ja eines Tages ein Autogramm von mir.«
    Selbstbewusst ist sie, dachte Daut und schaute den beiden eleganten Damen nach, die im Kino verschwanden. Als er sich wieder in die Reihe stelle, stieß sein Fuß gegen etwas Metallenes. Er bückte sich und hob ein Feuerzeug auf, in dessen goldene Vorderseite die Initialen C. M. eingeprägt waren. Er drehte die Fotografie um und las: »Carla May. Ufa-Schauspielerin«.
    Am nächsten Tag erkundigte er sich nach Carlas Adresse und besuchte sie, um ihr das Feuerzeug zu bringen. Seitdem trafen sie sich gelegentlich. Carla neckte ihn damit, dass sie sich nur mit ihm traf, weil es in diesen Zeiten immer gut wäre, einen Polizisten zu kennen, und Daut genoss die unbeschwerten Stunden mit der fröhlichen, jungen Frau. So viele gab es davon in seinem Leben nicht mehr. Carla erzählte gern und viel und auch sehr Privates, während Daut die Rolle des Zuhörers zufiel. Bald wusste er mehr von ihr, als ihm lieb war.
     
    Als er sie jetzt auf der Treppe sitzen sah, registrierte er sofort die Verzweiflung in ihrem Blick.
    »Axel, endlich!«
    Daut legte den Finger auf die Lippen. Dann hakte er sie unter, und sie stiegen schweigend die letzten Stufen bis zur Wohnungstür hinauf. »Bertha und Winfried Engelmann« stand über dem Klingelknopf. Daut schloss so leise wie
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