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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition)
Autoren: Clare Clark
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selbst in Bewegung geraten, sobald sie einen Fuß in seinen Laden setze. Nicht lange danach verabredeten mehrere Frauen im Dorf, die es sich finanziell leisten konnten, nach dem männlichen Geburtshelfer zu schicken, wenn die Zeit ihrer Niederkunft käme. Als eines dieser Neugeborenen die Mutterbrust verweigerte, machte flugs das Gerücht die Runde, Mama Tally habe dem Kind aus Missgunst den Appetit geraubt.
    Aber nicht alle gingen ihr aus dem Weg. Ihr Mittel gegen Wassersucht, zusammengerührt nach einem Geheimrezept aus siebzehn Zutaten, darunter Holunder, Rote Betonie und Fingerhut, war nach wie vor begehrt. Doch unsere Nachbarn begegneten ihr nun mit einer gewissen Vorsicht, mit einem leisen, aber herben Anflug von Angst und Argwohn, der aufstieg wie der Geruch ungewaschener Haut bei einem Kind, das man zu lange in die Winterkleider eingenäht hatte. Meine Mutter tat das alles als Torheit ab und erklärte, Worte seien nur Schall und Rauch und könnten ihr nichts anhaben, aber sie war zu klug, um nicht besorgt zu sein. Und so kam es, dass sie darüber nachsann, wie sie die Zukunft sichern könnte, die ihre und die meine. Eine Gelegenheit, wie sie sie in Gestalt des jungen Campling sah, bot sich einem im Leben nur einmal und auch dann nur, wenn man sehr viel Glück hatte. Meine Mutter hatte nicht die Absicht, sie ungenutzt verstreichen zu lassen.
    Die zweite Ernte wurde eingebracht, obwohl es heftig regnete. Seine Lippen wurden gieriger, seine Hände drängender, und ich presste mich an ihn, versank in seiner Umarmung. Unter den gekrümmten Schultern meiner Mutter klickten die Stricknadeln immer schneller und immer lauter, und aus ihrem Atmen wurde fast ein Summen. Dann, an einem stürmischen Nachmittag, räusperte er sich, um sie zu fragen, ob sie sich denn nicht in einem anderen Zimmer mit etwas beschäftigen könne. Worauf sich meine Mutter mit unnatürlich höflicher Miene zu ihm umwandte, die Stricknadeln in Händen.
    »Und was würde dann aus der Ehre meiner Tochter?«, fragte sie ruhig. »Freilich gibt es noch eine andere Möglichkeit, Sir.«
    Die Feier fand kaum eine Woche später statt. Er tat, worum man ihn gebeten hatte, gab sich aber keine Mühe, seine Belustigung zu verhehlen. Meine Mutter sah ihn mit bohrendem Blick an, als sie die erforderlichen Worte sprach. Als Hebamme hatte sie viele Neugeborene getauft, die zu schwach gewesen waren, um wenigstens so lange am Leben festzuhalten, bis der Pfarrer eingetroffen war. Dadurch hatte sie im Laufe der Jahre einen Tonfall von solch ergreifender Frömmigkeit vervollkommnet, dass manch ein schwafelnder Sonntagsprediger vor Neid erblasst wäre. Die Kusine meiner Mutter, Wirtin eines halbwegs respektablen Gasthauses ein paar Kilometer nördlich unseres Dorfes, hatte überredet werden können, ihr Geschäft für ein, zwei Tage im Stich zu lassen, um als unsere Trauzeugin dabei zu sein. Sie nahm am Fenster Platz, und die Faltensäcke an ihrem Hals zitterten vor Rührung, als sie sich das Taschentuch an den Mund presste. Ich trug meinen scharlachroten Unterrock und ein Mieder, das meine Mutter verkleinert und umgenäht hatte, damit es die blasse Schwellung meiner Brüste möglichst gut zur Geltung brachte. Als sie den Besen auf den Boden legte und wir sodann rückwärts mit ineinander verschränkten Fingern darüberhüpften, hatte ich feuchte Hände und konnte an nichts anderes denken als an seinen Mund auf meinen Brustwarzen und seine Hand zwischen meinen Schenkeln. Danach tranken wir den französischen Champagner, den er mitgebracht hatte. Als der Wein von mir Besitz ergriff und seine goldenen Finger über meine Haut gleiten ließ, begehrte ich ihn so inständig, dass mich meine Beine kaum noch trugen. Meine Mutter bat ihn, ein paar Worte zu sprechen, aber er schüttelte den Kopf und erklärte, es sei nun genug mit diesem bäuerlichen Firlefanz. Damit beugte er sich über mich. Seine Augen gierten vor Wollust, und ich sah mich in ihnen gespiegelt, als ich mich seinem Kuss überließ. Mit einer Verbeugung zu den beiden Frauen ergriff er meinen Arm und führte mich in den Raum nebenan, in das Schlafzimmer, das ich mit meiner Mutter teilte. Die Tür schloss sich hinter uns.
    Einmal hatte ich zufällig gehört, wie eine meiner Tanten meiner Mutter zuflüsterte, es lohne sich nur dann, die Entwürdigung durch die Ehe in Kauf zu nehmen, wenn man anschließend die Vorzüge der Witwenschaft genießen könne. Als ich mich dieses Satzes erinnerte, während ich mir die
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