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Der andere Tod

Der andere Tod

Titel: Der andere Tod
Autoren: A Jonuleit
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die Polizei anrufen. Doch ich hatte Angst. Angst, als Mörderin meines Mannes dazustehen. Angst vor der Schmach. Und letztlich davor, ins Gefängnis zu kommen.
    Tom, Geliebter, es ist so fürchterlich. Ich habe dich da hineingezogen,in diesen Alptraum, und du hast nichts getan, um dich dagegen zu wehren.
    Wir schafften Max auf das Firmengelände. Ich hatte gerade von einem Brand in der Gegend gelesen und irgendwie schien mir das die beste Lösung zu sein. Doch gerade, als wir das Feuer legten, tauchte dieser runtergekommene Typ auf, Toni Giaconuzzi.
    Wir hatten das Ganze ohnehin nicht systematisch durchdacht, aber
so
hatten wir uns das nun überhaupt nicht vorgestellt.
    Die Sache geriet nun endgültig aus dem Ruder. Die Flammen loderten viel früher auf als geplant. Ich bekam panische Angst, denn du warst zu diesem Zeitpunkt noch innen, in der Halle, bei Max.
    Da kam mir Giaconuzzi gerade recht. Mit seiner Hilfe habe ich dich aus den Flammen gezogen. Du sahst schlimm aus mit all diesen Verbrennungen.
    Sehr bald trafen Polizei und Feuerwehr auf dem Firmengelände ein. Ich war außerstande zu sprechen. Sie haben geglaubt, ich hätte einen Schock erlitten. Na ja, in gewissem Sinne war das ja korrekt. Mein komplettes Nervensystem versagte mir den Dienst, weil ich nicht wusste, ob du überleben würdest.
    Als der Arzt wiederholt von dir als »meinem Mann« sprach, korrigierte ich ihn nicht. Wenig später
warst
du für alle »mein Mann« und der Obdachlose ein Opfer der Flammen.
    Was deine Wohnung anbelangte, so entschied ich damals, sie erst einmal beizubehalten. Ich wollte jegliches Aufsehen vermeiden. Denn wenn man kurzfristig versucht hätte, aus dem Mietvertrag auszusteigen, so wäre das ganz schön schwierig geworden. Die Daueraufträge für Miete und Nebenkosten liefen weiter. Ich musste einfach nur dafür sorgen, dass immer genug Geld auf deinem Konto war.
    Ich entwarf ein Kündigungsschreiben an deinen Arbeitgeber und schneller als gedacht warst du »frei«.
    Aber dann kam Giaconuzzi und wollte Geld. Ich habe ihm 20   000   Euro in bar gegeben und ihm ein Ticket nach Rio de Janeiro gekauft. Nur den Hinflug, versteht sich. Ich dachte, von Südamerika aus würde er nie mehr zurückkommen.
    Weit gefehlt! Plötzlich tauchte er wieder auf. Es war erst kürzlich, vor ein paar Wochen, und er wollte erneut Geld von mir. Ich fügte mich –
nur
: Der Mann wurde langsam unverschämt! Wenig später stand er abermals vor der Tür. Da habe ich auch ihn erschlagen.
    Oh Tom, mein lieber Tom, was musst du nur von mir denken.
    In Prag schmerzte es mich am meisten, dass ich dir nicht die Wahrheit sagen konnte. Schließlich hatten wir dort mal traumhaft schöne Tage miteinander verbracht. Umso schlimmer war es für mich, als du kurz nach unserer Ankunft die Tierhandlung Pink Rabbit wiedererkanntest! Wie war ich hin- und hergerissen zwischen Freude und Angst. Du hattest mir bei unserem ersten Prag-Trip partout einen Vogel kaufen wollen, was natürlich die reinste Schnapsidee gewesen war. Was hätte ich mit einem Vogel anfangen sollen? Aber weißt du, all die verrückten kleinen Dinge, die wir uns frisch verliebt geleistet hatten, musste ich für mich behalten. Es ist fürchterlich, wenn man solche Erinnerungen nicht teilen kann. Und natürlich war dir »dein« Arbeitszimmer fremd. Schließlich hattest du es nie betreten.
    Ich wusste, dass es
noch
schwieriger werden würde, das ganze Lügengebilde zu Hause, am Bodensee, aufrechtzuerhalten. Deshalb wollte ich ja auch so lange wie möglich – am liebsten für immer – in Amerika bleiben.
    Nach unserer Rückkehr nach Bregenz spürte ich, wie deine innere Unruhe immer stärker wurde. Irgendwann fürchtete ich, du würdest der Vergangenheit auf die Spur kommen. Da habe ich kurzerhand deine Wohnung in St. Margrethen aufgesucht und alles, was dich hätte identifizieren können, entfernt: die Festplatte deines PCs, alle deine Fotos, die Post, die sich angesammelt hatte,deine privaten Unterlagen. Und außerdem habe ich auch die Erinnerungen an deinen Sohn vernichtet – die Bilder, die er dir gemalt hatte, die kleinen Basteleien. Glaub es oder glaub es nicht: Das war das Schlimmste für mich, einem Kind den Vater zu rauben. Weitaus schlimmer als Max Winther und Toni Giaconuzzi zu töten.
    Und dann Barbara! Ich hatte ja damals,
vor
dem Brand, geahnt, dass (der echte!) Max ein Verhältnis mit ihr hatte. Wie sollte sich das aber
nach
unserer Rückkehr gestalten?
    Mir war immer bewusst, dass
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