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Der amerikanische Investor (German Edition)

Der amerikanische Investor (German Edition)

Titel: Der amerikanische Investor (German Edition)
Autoren: Jan Peter Bremer
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hätten, unbedingt in der Wohnung bleiben zu wollen. Aber vielleicht könne man irgendwann signalisieren, dass man sich bei einer gewissen Summe von Seiten der Verwaltung bereit zeigen würde, sich aus der Wohnung herauskaufen zu lassen. Fünfundzwanzigtausend, sagte er jetzt, indem er sich die Hände rieb, seien bei der Größe der Wohnung immer drin, aber warum sollten sie es nicht einfach mit dem Doppelten probieren. Ein wenig nachgeben könne man immer. Er zumindest würde es so versuchen. Vorerst aber müssten sie abwarten, was die Hausverwaltung jetzt unternehmen wolle, und wenn von dort erst mal nichts komme, sollten sie, so etwa in zwei Wochen, mit der Bauaufsicht drohen. Das sei nämlich für die Hausverwaltung nicht nur sehr unangenehm, sondern könne auch sehr teuer werden, und natürlich müssten sie die Miete, vom nächsten Monat an, auch rückwirkend für die letzten zwei Monate, denn da hätten sie den Schaden gemeldet, um sechzig Prozent mindern. Das sei bei der Größe des Schadens durchaus angemessen, und damit entließ er ihn.
    »Fünfzigtausend«, zischte, als er die Reihe der Wartenden entlangging, ein bulliger Mann mit einem dünnen Pferdeschwanz im Nacken zu ihm hinauf, und ohne einen Moment zu zögern, hatte er auch schon in die massige Hand dieses Mannes eingeschlagen, die ihm jetzt, da er die Tür hinter sich schloss, zum Abschied das Victoryzeichen entgegenstreckte.
    Nahezu tänzelnd trat er an diesem Abend, als sie von der Arbeit kam, seiner Frau entgegen, bat sie Platz zu nehmen und reichte ihr ein Glas Wein. Doch noch während er ihr von dem Termin in der Mieterberatung erzählte, sah er, wie sie sich versteift an die Armlehnen ihres Stuhles klammerte, und als er geendet hatte, sagte sie, dass sie an dem Geld überhaupt kein Interesse habe, sondern dass es ihr innigster Herzenswunsch sei, ganz gleich, was sie deshalb in der nächsten Zeit auch vor sich haben mochten, hier in dieser Wohnung zu bleiben. Sie könne ja sogar verstehen, dass ihm das Arbeiten derzeit, in dieser Ungewissheit, nicht leichtfalle, aber jetzt schon einen Auszug auch nur in Erwägung zu ziehen sei bestimmt das Falscheste.
    Es ergaben sich dann im weiteren Gespräch noch einige Unsicherheiten. Zum Beispiel, ob bei diesen sechzig Prozent Mietminderung die Betriebskosten mit eingerechnet waren oder nicht, und deshalb erschien er auch beim nächsten Termin der Mieterberatung.
    Diesmal aber saß auf dem zu kleinen Stuhl an dem zu kleinen Tisch nicht der junge, feurige Anwalt, sondern ein bereits ziemlich verwitterter, aschfahler Herr, der, während er sich von dem jeweiligen Klienten den Fall schildern ließ, völlig leblos auf die Tischplatte starrte. Nur ab und zu hob er den Kopf und fragte gereizt, was denn nun eigentlich das Problem sei, worauf sich der jeweilige Klient immer bemüßigt fühlte, alles noch mal von vorn zu erzählen. Darum dauerte es auch eine Ewigkeit, bis er endlich an die Reihe kam.
    Er habe nur ein paar kleine Fragen, begann er, er sei nämlich schon vor ein paar Tagen bei dem Kollegen in der Mieterberatung gewesen und jetzt sei ihm eigentlich nur noch unklar, ob sich zum Beispiel die Minderung der Miete auf die Grundmiete oder …
    Das müsse er ihm schon genauer ausführen, unterbrach ihn der Anwalt, ohne den Kopf zu heben, und während er nun teils zum Fenster hinaus-, teils auf den nur noch spärlich bewachsenen Hinterkopf des Anwalts blickte, schilderte er wieder den ganzen Fall und flocht auch die Ratschläge des Kollegen mit ein. Auch nachdem er geendet hatte, verharrte der Anwalt in seiner gebeugten Haltung. Dann schüttelte er plötzlich energisch den Kopf und hob den Blick zu ihm auf. Da sei der Kollege aber sehr euphorisch gewesen, sagte er. Sechzig Prozent, fuhr er fort, dazu falle ihm nur das Wort übertrieben ein. Es sei ja wohl so, wenn er es richtig verstanden habe, dass bisher noch gar nichts eingestürzt sei. Nur auf den Verdacht hin, dass etwas einstürzen könnte, von dem einem sogar noch versichert worden sei, dass es jetzt zusätzlich gestützt werde, könne man doch nicht sechzig Prozent der Miete mindern. Außerdem bringe doch die Absenkung bisher keinerlei größere Beeinträchtigung des Wohnens mit sich. Zehn Prozent der Gesamtmiete halte er vielleicht noch für vertretbar, im äußersten Fall vielleicht fünfzehn, aber das wolle er gar nicht raten. Im Übrigen wisse er auch, dass immer wieder Gerüchte von großen Abfindungssummen durch die Welt geisterten, habe aber
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